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Die weißen Steine

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Statement zu „Rasse“ und Rassismus

Posted on Juni 10, 2021Juni 22, 2021 by Markus Kretschmer
Lesedauer 21 Minuten

Seit gestern ist klar: Der Begriff „Rasse“ wird weiter im Grundgesetz stehen. Es liege zu der geplanten und von Justizministerin Christine Lamprecht großspurig angekündigten Veränderung des Wortlauts in Artikel 3 des Grundgesetzes kein Gesetzesentwurf vor, so heißt es aus der Union. Dabei waren sich mit Ausnahme der AfD-Fraktion alle Fraktionen über diese Textänderung einig.

Der Text im Grundgesetz lautet aktuell so:

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Christine Lamprecht
Bundesjustizministerin Christine Lamprecht.

Geplant war, das Wort „Rasse“ zu streichen, und durch die Formulierung „aus rassistischen Gründen“ zu ersetzen. Als Begründung führte Lamprecht an, dass die derzeitige Formulierung durch den aktuellen Stand der Wissenschaft veraltet sei. Es bestehe kein Zweifel daran, dass es keine Menschenrassen gäbe.

Dies sei durch die Widerlegung der Rassentheorie wissenschaftlicher Konsens. Deshalb solle einerseits der Fokus vom obsolet gewordenen Begriff „Rasse“ weichen, und er auf das tatsächlich existierende Problem des Rassismus gelenkt werden. Andererseits könne durch die weitere Verwendung eines überholten Begriffs der Eindruck entstehen, dass der Begriff „Rasse“ doch irgendwie legitim sei, weil er ja sogar im Grundgesetz steht.

Textänderung geplatzt!

Doch jetzt steht fest: Die Textänderung ist vorerst gescheitert. Das Grundgesetz bleibt vorerst so wie es ist. Und nicht etwa, weil die Änderung an der Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat gescheitert wäre. Hier hätten wie gesagt fast alle Fraktionen zugestimmt. Man hat versäumt, die Änderung überhaupt zur Entscheidung vorzulegen, angeblich wegen akuterer Probleme aufgrund der Corona-Krise und der Klimapolitik.

Ich persönlich finde dieses Versäumnis mehr als nur schade. Aber warum schreibe ich überhaupt darüber? Was haben politische Debatten und Gesetzesänderungen auf einer Urzeit-Webseite zu suchen?

Meine Intention für diesen Beitrag

Dieses Thema ist für mich nicht nur ein persönliches und politisches, sondern auch ein durchaus wissenschaftliches und biologisches. Als ich gestern nämlich die Kommentare beim ZDF und der Tagesschau las, bekam ich nämlich fast einen Krampf in meinen Kiefermuskeln. Dort wurde so viel Blödsinn geschrieben. Hanebüchenes Halb- und Nichtwissen traf dort auf veraltete Schulbildung, aber auch auf echten, beinharten Rassismus. Und beides geht oft genug sogar Hand in Hand.

Ich persönlich glaube ja, dass Rassismus vor allem deshalb überhaupt erst entsteht, und dass die Leute an ihren Ideologien und Vorurteilen sehr gerne festhalten, weil sie die Problematik dahinter und davor nicht verstehen. Weil sie irgendeinen Quatsch oft genug gehört haben. Aber „gehört haben“ ist nicht „begreifen“. Und da muss ich an Theodor W. Adorno denken, ein Allround-Talent als Soziologe, Philosoph, Musiktheoretiker und Komponist. Der sagte zu einem ähnlichen Thema einmal:

„Das Halbverstandene und Halberfahrene ist nicht die Vorstufe der Bildung, sondern ihr Todfeind.“

Und weil ich seine Ansicht durchaus teile, musste jetzt schnell ein eigener Artikel her. Dieser richtet sich nicht an die, die wirklich Ahnung von Biologie haben und bereits genau verstehen, wieso das mit den Menschenrassen Quatsch ist. Ihr könnt jetzt gerne hier aufhören und lieber einen meiner anderen Artikel weiterlesen, oder auch gerne mein Buch.


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Alle, die jetzt aber gerade gedacht haben:

„Moment mal, es gibt aber doch Schwarze, Asiaten, Indianer, Europäer und so weiter, also gibt es beim Menschen doch zumindest Unterarten, und die könnte man auch „Rassen“ nennen!“

Oder:

„Halt… Es gibt vielleicht heute keine Rassen mehr, aber es gab sie doch mal: Neandertaler, Homo erectus und so weiter…“

Diese Leute sollten jetzt unbedingt dranbleiben. Nein, also wenn wir alle Freunde bleiben wollen, dann bestehe ich sogar darauf, dass ihr jetzt weiterlest, denn ihr habt da wirklich ein ganz großes Problem im Kopf, den ich euch hier dringend waschen muss!

Die Rassentheorie

Der Begriff „Menschenrasse“ wird spätestens seit dem 17. Jahrhundert verwendet. Zu jener Zeit blühte der Kolonialismus: exotische Waren aus Übersee, besonders aus der Neuen Welt, wie z.B. Zucker, daraus hergestellte Spirituosen, aber auch Tabak, Baumwolle und andere Rohstoffe, die nur in warmen Klimazonen anzubauen sind, entwickelten sich zu wertvollen Exportgütern. Es gab nur ein Problem: die Produktion und der Transport dieser Waren waren so aufwändig und teuer, dass man die Produkte niemals im Heimatland losgeworden wäre, wenn man sie unter normalen Bedingungen von lohnbeziehenden Arbeitern produziert hätte. Deshalb setzte man auf den Plantagen Sklaven ein.

Die Sklaverei galt im christlichen Spätmittelalter und der frühen Neuzeit zunächst noch als geächtet. Papst Eugen IV. verurteilte mit den Bullen Creator Omnium (1434) und Sicut dudum (1435) z.B. die Versklavung der kanarischen Guanchen scharf. Allerdings schützte seine Exkommunikationsdrohung nur die zum Christentum konvertierten Guanchen. Und so kam schnell der Gedanke auf, dass man bloß andere Christen nicht versklaven dürfe, aber bei „heidnischen Völkern“ – Null Problemo. Schnell fanden Theologen bei den alten Kirchenlehrern wie Thomas von Aquin eine moralische Rechtfertigung für die Sklaverei. Ungläubige Völker seien mehr Tier als Mensch und ihnen das Höllenfeuer gewiss. Und man täte ihnen sogar einen Gefallen, wenn man sie zu Jesus führte und ihnen das Himmelreich zugänglich machte. Dabei war es dann auch egal, wenn dieser „Gefallen“ unter Zwang erfolgte, wenn man die Menschen verschleppte und zur Sklavenarbeit zwang. Gerettet ist gerettet.

Rechtfertigung für Ausbeutung

Menschen sahen andere Menschen also fortan gerne als Besitz. Und diese Sichtweise funktioniert mit einem christlichen Selbstverständnis nur, wenn man jederzeit Unterschiede zwischen sich als Herren und „den anderen“ benennen kann. Wenn man die Sklaven als Menschen zweiter Klasse, oder sogar mehr als Tiere betrachtet, beruhigt sich das Gewissen auch des Frömmsten unter den Frommen. Besonders, wenn da auch noch ein hübscher Profit drin ist! Dies ist die eigentliche Wurzel der Rassentheorie: das Auffinden von Unterschieden. Das Legitimieren der eigenen Herrenrasse, die Rechtfertigung, andere Menschen auszubeuten. Und das stellte auch niemand infrage, weil ein großer Teil des Wirtschaftssystems und damit auch des eigenen Wohlstandes davon abhing.

Karl Ernst von Baer (* 1792; † 10. Januar 1876) war ein Vertreter der Rassentheorie.

Rassistische Völerschauen

Es war für die Leute somit schnell selbstverständlich und einfach, Menschen einfach aufgrund ihrer Abstammung und Herkunft zu klassifizieren. Alles vor allem zu dem Zweck, auf diese Menschen herabzuschauen. Im 19. Jahrhundert fanden damals sogar die widerwärtigen Menschenschauen statt: europäische Geschaftsleute reisten damals durch die Welt und boten Menschen aus fernen Nationen Verträge an, wenn sie in einer Art Ausstellung auftreten würden. Diese Ausstellungen waren aber eher sowas wie Zoos. Unter erbärmlichen Bedingungen, oft auch nur unter Zahlung eines Hungerlohns, mussten sich die Teilnehmer Tag für Tag demütigen und begaffen lassen. Natürlich wurde dabei vor allem das Bild gezeichnet, dass die „exotischen“ Völker primitiv und der „europaischen Rasse“ in jeder Hinsicht unterlegen seien.

Rassenlehre und Physiognomik – Grundbausteine der Menschenverachtung

Besonders populär war zu jener Zeit die Rassenlehre, u.a. formuliert von Karl Ernst von Baer. Der ordnete alle Menschen verschiedenen Basistypen zu: kaukasisch (weiß), mongoloid (asiatisch) und negroid (schwarz). Diese Unterteilung war noch lange Zeit in der wissenschaftlichen Literatur zu finden. Im 20. Jahrhundert blühte diese Lehre geradezu auf, natürlich vor allem in der dunklen Zeit der Weltkriege und des Nationalsozialismus, deren wichtigste Basis die Rassenlehre darstellte.

Neben der Rassentheorie waren auch viele weitere menschenverachtende Lehrmeinungen in Umlauf, die Menschen aufgrund ihres Äußeren bestimmte Eigenschaften zuwiesen, wie z.B. die Physiognomik. Allein von der Form des Gesichtes könne auf Intelligenz und Charakter geschlossen werden. Man könne Menschen also direkt ansehen, ob sie verlogen, geizig, habgierig oder einfach nur dumm seien. Das war lange Zeit salonfähig und auch wissenschaftlicher Konsens. Und besonders befeuerte diese Lehre natürlich den Antisemitismus. Auch einen Juden könne man schon seine Habgier und andere Charakterschwächen buchstäblich an der Nase ansehen.

Karte der Verbreitung der Menschenrassen aus Meyers Konversationslexikon, 4. Auflage. 1885–1890.

Heute ist all das natürlich und zum Glück  wissenschaftlich widerlegt. Und auch die Rassentheorie hält modernen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht länger stand. Leider halten aber viele Leute trotzdem noch an alldem fest! Rasssismus ist immer noch tief in unserem Alltag verankert. Wir bekommen es manchmal noch nicht einmal mit, wie sehr! Und damit sich das endlich mal ändert, möchte ich das mit der Rasse mal klar und deutlich erklären.

Wieso es keine Menschenrassen gibt

Der Grund für dieses Problem ist, dass die meisten Leute keine Ahnung von einer Disziplin haben, die sich „Taxonomie“ nennt. Die ist eine Teildisziplin der Biologie und versucht seit nunmehr rund 270 Jahren, die unglaubliche Vielfalt der Lebewesen auf unserem Planeten in ein verständliches Ordnungssystem zu untergliedern. In der Biologie wird deshalb auch oft von „Systematik“ gesprochen. Ihr Begründer hieß Carl von Linné, und der war ein schwedischer Naturforscher.

Carl von Linné; * 1707; † 10. Januar 1778.

Er war es auch, der sich die binäre Nomenklatur ausdachte, also dass jedes Lebewesen einen Vor- und Nachnamen hat (z.B. Homo sapiens oder auch Tyrannosaurus rex. Von Linné stammen auch die meisten taxonomischen Einteilungen, wie „Art“, „Gattung“, „Ordnung“, „Klasse“ und „Reich“. Heute haben aber in der modernen Kladistik aber nur noch die Einteilungen „Gattung“ und „Art“ Relevanz. Nur sie, und streng genommen sogar nur die Art, kann man biologisch nämlich klar definieren. Alles darüber nennt man einfach „Taxon“ oder gleichbedeutend Klade“.

Grund 1: Der Begriff „Rasse“ ist nicht definiert!

Hier seht ihr schon das erste Problem: Der Begriff „Rasse“ taucht in der Taxonomie gar nicht auf! Biologen verwenden ihn eigentlich nie. Er ist auch kein Kriterium, nachdem man irgendetwas unterscheiden geschweige denn ordnen könnte. Lediglich in der Zucht von Nutztieren oder von Obst und Gemüse kann man mal von Rassen sprechen. Ein Chihuahua ist eine andere Rasse als ein Schäferhund, ein Pink Lady eine andere Rasse als ein Boskoop. Biologisch gesehen gehören beide Hunde aber zur Art Canis lupus, die Äpfel zu Malus domestica.

Auf der Welt gibt es schätzungsweise 30.000 verschiedene Apfel-Rassen, mehr als 2.000 davon werden in Deutschland angebaut.

Die Regeln der zoologischen Nomenklatur

Zuerst aber einmal etwas Basiswissen zur Nomenklatur: der erste, immer großgeschriebene Teil eines jeden wissenschaftlichen Namens bezeichnet die Gattung (Genus), der zweite, kleingeschriebene die Art (Species). Beide sollten in allen offiziellen Dokumenten außerdem immer kursiv geschrieben werden.

Man kann Arten auch noch weiter untergliedern. Besonders bei Hunden und Äpfeln ergibt das schon Sinn, um sie von ihren Stammformen (Wölfen und Wildäpfel) abzugrenzen. Denn der Mensch züchtet beide bereits seit Jahrtausenden, sodass sich erhebliche morphologische Unterschiede, also im Körperbau, der Größe oder im Geschmack, ergeben haben. Letzteres natürlich nur bei Äpfeln; ob Hunde anders als Wölfe schmecken, mag ich nicht zu sagen und will ich auch gar nicht wissen!

Die weitere Untergliederung wird dann als Unterart (Subspecies) bezeichnet. In der Nomenklatur hängt man dann noch einen dritten Namen dran: Canis lupus lupus ist der Wolf, Canis lupus familiaris der Hund.

Wolf (Canis lupus lupus) und Hund (Canis lupus domesticus) gehören zur gleichen Art, werden aber in verschiedenen Unterarten geführt.

Was sind eigentlich „Gattungen“, „Arten“ und „Unterarten“?

Für die Begriffe „Gattung“ und „Art“ gibt es mehr oder weniger feste biologische Definitionen. Der Begriff „Gattung“ umschreibt eine Gruppe von Individuen, von denen sich alle männlichen und weiblichen Vertreter miteinander fortpflanzen können. Ist dieser Nachwuchs nun auch selber fortpflanzungsfähig, gehören die Vater, Mutter und Kind auch der gleichen Art an. Soweit die Theorie.

Bei der Definition einer Unterart wird es allerdings schon schwieriger. Der deutsch-amerikanische Biologe Ernst Mayr definierte die Unterart 1969 z.B. noch so:

„Eine Subspezies ist die Zusammenfassung phänotypisch ähnlicher Populationen einer Art, die ein geographisches Teilgebiet des Areals der Art bewohnen und sich taxonomisch von anderen Populationen der Art unterscheiden.“

Das ist allerdings ziemlich schwammig und willkürlich. Und tatsächlich ist eine weitere Unterteilung einer Art biologisch natürlich nicht weiter objektivierbar, sondern beruht auf Konvention. Mayr ergänzte deshalb schon selbst:

„Im Hinblick auf die vielen Fälle falscher Benutzung des Terminus muss betont werden, dass die Unterart eine von der Art grundverschiedene Kategorie darstellt. Es gibt kein Kriterium zur Definition der Kategorie Subspezies, das nicht künstlich wäre. Die Unterart ist auch keine Evolutionseinheit – es sei denn sie stellt zugleich ein geographisches Isolat dar.“

Wieso so, und nicht auch Rasse?

Das bedeutet nicht, dass es z.B. zwischen Hunden und Wölfe keine signifikanten Unterschiede gäbe. Es ist aber oft umstritten, ob die objektiven Unterschiede für die Definition einer Unterart überhaupt ausreichend sind. Viele Fachleute ziehen es deshalb vor, nur den Begriff Population zu verwenden.

Der Begriff „Unterart“ ist außerdem nicht mit dem Begriff „Rasse“ gleichzusetzen. Eine Unterart entsteht durch ganz natürliche Bedingungen, wenn sich zwei Populationen einer Spezies an unterschiedliche Umweltbedingungen anpassen und allmählich auseinander entwickeln. Dieser Prozess vollzieht sich sehr langsam, über viele Generationen hinweg. Und er ist es, der letztendlich auch überhaupt erst dazu führt, dass irgendwann neue Arten, Gattungen, ja ganz neue Familienzweige innerhalb der Artenvielfalt entstehen. Die an ihre Umwelt besonders gut angepassten Individuen pflanzen sich häufiger fort, und geben so ihr Erbgut zu größeren Teilen an die nächste Generation weiter. So funktioniert Evolution!

Rassen sind etwas Künstliches. Die Menschliche Vielfalt jedoch nicht!

Beim Begriff „Rasse“ hat jedoch der Mensch selbst die Zügel in die Hand genommen. Durch Zuchtauswahl schafft er künstliche Selektionsbedingungen, ganz nach den Merkmalen, die er selber verstärken möchte. Das geht natürlich auch deutlich schneller. Hier muss die Natur nicht erst warten, bis sich irgendwelche Lebensbedingungen ändern. Tiere und Pflanzen mit nicht gewünschten Eigenschaften werden vom Menschen einfach nicht mehr zur Vermehrung gebracht.

Ihr erkennt also, was für ein widerwärtiges Gedankengut hinter dem Begriff „Rasse“ steckt, wenn man ihn auf Menschen bezieht. Wer damit Menschen meint, setzt sie – aber natürlich nur die „minderwertigen Rassen“, auf eine Stufe mit Nutzvieh. Und das kommt nicht von Ungefähr, wurde dieser Begriff doch überhaupt erst so ausgelegt, damit man besonders Dunkelhäutige kaum anders behandeln konnte als Tiere, sie verschleppte, sie ausbeutete und sie versklavte.

Grund 2: Es gibt nicht genug Unterschiede zwischen den Menschen!

Warum der Begriff „Rasse“ schon per Definition ausscheidet, haben wir damit geklärt. Aber wieso gibt es denn keine weiteren Unterarten? Wieso kann man Schwarze, Gelbe, Rote und Weiße nicht einfach als Unterarten definieren?

Die Antwort ist eigentlich ziemlich banal: weil es diese Unterschiede nämlich eigentlich gar nicht gibt! Jedenfalls nicht auf biologisch-genetischer Ebene, und nur diese Ebene zählt! Tatsächlich ist eine Gruppe, die aus nur 50 Schimpansen besteht, genetisch bereits deutlich vielfältiger als alle Menschen auf der ganzen Erde! Der Grund dafür war einer Studie zufolge ein sogenanntes „Flaschenhals-Ereignis“. Vor etwa 74.000 Jahren wurde die Population der gesamten Menschheit auf nur einige tausend Individuen reduziert, wahrscheinlich durch eine schlimme Naturkatastrophe oder eine Seuche. Dies hatte beinahe zufolge, dass wir Menschen komplett ausgestorben wären. Von den wenigen Überlebenden, wahrscheinlich nicht mehr, als eine heutige Kleinstadt Einwohner hat, stammt die gesamte Menschheit ab!

Trotz ihrer äußerlichen Vielfalt sind alle Menschen auf der Welt genetisch einander ziemlich identisch und eng miteinander verwandt.

Im Laufe der Menschheitsgeschichte kam es dann auch immer wieder zu Durchmischungen innerhalb der verschiedenen Populationen. Da jeder gesunde Mann mit jeder gesunden Frau ein Baby machen kann, sind jedes Mal, wenn ein Volk irgendwie mal in das Stammgebiet eines anderen kam, auch solche Mischlingsbabys aufgetaucht. Das ist vor allem bei weitreisenden Händlern und neugierigen Entdeckern passiert. Aber auch infolge von Kriegen und Eroberungen brachten immer wieder fremde Völker ihre Gene in andere Populationen ein. Auf genetischer Basis sind wir Menschen uns alle deshalb extrem ähnlich, trotz der scheinbaren äußeren Unterschiede. Und jeder von uns hat zumindest ein paar Vorfahren aus Regionen und Volksgruppen, mit denen er selbst niemals rechnen würde!

Vielfalt und Pluralismus

Das bedeutet jedoch nicht, dass es überhaupt keine Unterschiede gäbe und wir alle biologisch absolut gleich wären. Natürlich gibt es die! Schon beim Leistungssport fällt auf, dass Menschen mit einer bestimmten Herkunft in gewissen Disziplinen gewisse Vorteile genießen. Tatsächlich dominieren Menschen aus ostafrikanischen Herkunftsländern, oder deren Vorfahren vor dort kamen, bereits seit Jahrzehnten die Olympischen Spiele beim Kurz- und Langstreckenlauf. Unter den 70 Athleten, die die 100m unter 10 Sekunden geschafft haben, gibt es nur einen einzigen weißen Europäer (Christophe Lemaitre). Alle anderen Läufer in dieser Leistungselite sind dunkelhäutig.

Woran das liegt? Das ist ziemlich umstritten. Bei manchen Völkern Ostafrikas liegt einer Studie zufolge der Körperschwerpunkt höher, weshalb sie beim Sprint und Ausdauerlauf einen Vorteil genießen, allerdings beim Schwimmen wiederum Nachteile hätten. Andere Experten wie Gavin Evans verurteilen solche Studien jedoch wiederum als rassistisch. Sie argumentieren, dass die wirtschaftliche Lage in den ostafrikanischen Staaten prekär sei, und dass ein hartes Training und eine extreme Wettkampfdisziplin für die Menschen dort eine der wenigen Chancen seien, aus dem sozialen Elend zu entkommen. Dies erkläre den athletischen Vorteil ebenfalls.

Weltrekordhalter Usain Bolt: der schnellste Mensch der Wettkampfsgeschichte könnte seine Überlegenheit seiner vererbten Physis verdanken.

Biologische Unterschiede innerhalb der Ethnien

Dass es trotzdem Unterschiede zwischen den Menschen gibt, und dass in bestimmten Völkern gehäuft gewissen Eigenschaften auftreten, kann man jedoch nicht leugnen. Da der Stoffwechsel der Menschen weltweit von ihren Genen gesteuert wird, treten bei bestimmten Bevölkerungsgruppen gewisse Krankheiten häufiger auf. Außerdem vertragen sie auch Medikamente unterschiedlich, und das hängt oft ebenfalls mit ihrer Herkunft zusammen.

Beispielsweise haben Afroamerikaner nach einigen Schätzungen eine zweifach höhere Inzidenz von tödlichen Herzinfarkten und eine um 10 % höhere Inzidenz von Krebs als europäischstämmige Amerikaner. In Südasien oder in der Karibik geborene Briten haben ein mehr als dreimal höheres Sterberisiko als direkte Folge von Diabetes als Briten europäischer Abstammung. Das Herzmedikament BiDil, das den Körper mit mehr Stickstoffmonoxid versorgt und die Blutgefäße weitet, wirkt offenbar nur bei schwarzen Patienten, nicht aber bei hellhäutigen.

Auch die Vertäglichkeit von Milchprodukten ist ein gutes Beispiel. Die verdanken die meisten Europäer, West- und Mittelasiaten einer genetischen Mutation, die vor etwa 8.000 Jahren erstmalig auftrat und sie in die Lage versetzte, das Enzym Laktase auch noch nach der Stillzeit zu bilden. Bei den meisten Menschen südlich der Sahara, aber auch in Ostasien und bei den Urvölkern Australiens und Amerikas hat sich diese Mutation jedoch nicht durchgesetzt. Ein letztes Beispiel: Tibeter haben einer Studie zufolge im Verhältnis größere Lungen und können den Sauerstoff auch unter hohem Partialdruck aus der Atmosphäre aufnehmen.

Manchmal ergibt es also schon Sinn, Menschen aufgrund ihrer äußeren Unterschiede unterschiedlich zu behandeln. Aber das sind trotzdem weitestgehend Ausnahmen. Alle Menschen auf der Welt unterscheiden sich in nur 0,1 Prozent ihres Erbguts. Und den Großteil dieser Unterschiede (etwa 90%!) findet man nicht etwa zwischen, sondern innerhalb der verschiedenen ethnischen Gruppen von Afrika, Asien und Europa!

Grund 3: Die Hautfarbe ist kein Kriterium für Verwandtschaft!

Unterschiede bei der Hautfarbe haben sich z.B. auch sehr oft konvergent entwickelt und sind oft überhaupt gar kein Merkmal einer gemeinsamen Abstammung. Schließlich unterliegt die Hautfarbe einem starken Selektionsdruck. Eine dunkle Haut schützt besser vor hoher UV-Belastung, deshalb sind die Menschen dunkler, je näher sie am Äquator leben. Dies konnte durch mehrere Studien belegt werden.

Es ist aber völliger Schwachsinn, eine „Rasse“ bzw. „Unterart der Schwarzen“ aufzustellen. Das klappt noch nicht einmal regional. Denn tatsächlich ist die genetische, kulturelle, sprachliche, sozio-ökonomische und religiöse Vielfalt der Menschen nirgendwo so hoch wie in Afrika! Heißt im Klartext: Viele dunkelhäutige Volksgruppen sind überhaupt nicht eng miteinander verwandt.

Es gibt keine“ Schwarze Rasse“!

Tatsächlich stehen die afrikanischen Stammethnien aus Ostafrika allen anderen Menschen auf der Welt, egal ob aus Europa, Asien, Amerika oder sogar Australien (Aborigines) verwandtschaftlich deutlich näher, als anderen „Schwarzen“, die in Süd- oder vor allem Westafrika leben. Und auch in Indien und Südostasien gibt es viele dunkelhäutige Volksgruppen, die aber nichts mit denen in Afrika zu tun haben.

Nirgendwo ist die genetische Vielfalt höher als in Afrika. Und die Unterschiede zwischen den einzelnen „schwarzen“ Ethnien sind auch deutlich erkennbar!

Sogar die heute ausgerotteten Ureinwohner von Tasmanien waren kohlrabenschwarz, und die stammen von den deutlich „blasseren“ Aborigines in Australien ab. Und ratet mal, wer und warum man diese Menschen ausgerottet hat. Ganz richtig: weil man sie als „Rasse von Wilden“ betrachtete. In unfassbarer Brutalität wurden Anfang des 19. Jahrhunderts sogar Menschenjagten abgehalten, Krankheiten, Depressionen und Alkoholismus töteten den Rest. Ein noch gar nicht lang zurückliegender Genozid aus rassistischen Gründen.

Es gibt keine „asiatische Rasse“!

Aber zurück zu unseren Völkern, die wir so gerne in Schubladen schieben möchten. Machen wir bei den Asiaten weiter, wird es schnell ziemlich unübersichtlich. Gibt es eine asiatische Rasse? Nein. Es gibt natürlich gemeinsame Merkmale, wie etwa die mandelförmigen Augen (Epikanthus medialis) ist es genauso absurd, daraus eine Rasse abzuleiten, wie z.B. aufgrund von Augenfarben oder der Strukturdes Haars. Genauso wenig, wie es eine Rasse der Lockenköpfe gibt, gibt es eine Rasse der Asiaten. Die Mandelaugen sind einfach nur ein Körpermerkmal, dass sich in bestimmten Populationen häufiger durchgesetzt hat.

Mandelaugen sind gemeinsames Merkmal ALLER Menschen.

Es ist sogar eigentlich ein Merkmal aller Menschen, das allerdings noch im Mutterleib verschwindet, wenn sich die Nasenbrücke bildet. Aufgrund einer Mutation bleibt es bei asiatisch-stämmigen Menschen aber oft erhalten, aufgrund einer Theorie als Anpassung an die UV-Einstrahlung. Allerdings nicht bei allen Asiaten! Unter den fast 1,4 Milliarden Chinesen gibt es viele Millionen (!) Menschen, die überhaupt keine Mandelaugen haben. Und sie kommen durchaus auch bei Europäern und Afrikanern vor!

Mandelförmige Augen, auch Epikanthus medialis genannt, oft aber rassistisch als „Schlitzaugen“ herabgewürdigt, sind kein exklusives Merkmal der Asiaten. Auch unter europäischstämmigen Menschen tritt es zuweilen auf, wie beim schwedischen Ski-Profi Jens Byggmark.

Besonders eng verwandt sind alle asiatischen „Mandelaugen“ also gar nicht. Geschweige denn, dass sie ihre genetischen Merkmale ganz allein trügen. Oder dass alle Mitglieder einer „asiatischen Rasse“ sie hätten: Die amerikanischen Ureinwohner stammen schließlich auch alle von Menschen aus Asien ab, und die haben die Mandelaugen wiederum (meistens!) nicht! Die sind übrigens ebenfalls viel zu divers, um eine eigene „Rasse“ zu bilden. Und die Hauttönungen der Native Americans varieren wohl mehr als die der Menschen auf allen anderen Kontinenten!

In Asien fanden selbst in der „jüngeren“ Menschheitsgeschichte, z.B. in der Völkerwanderungszeit, aber auch noch später, als die Normannen die Kiewer Rus errichteten, oder als Dschingis Khan mit seinen Mongolen nach Westen zog, immer wieder Durchmischungen statt. Wahrscheinlich haben sogar viele heute lebende Europäer, vielleicht sogar ich selbst den einen oder anderen Tropfen mongolisches Blut in ihren Adern. Bin ich deshalb Asiate? Nein. Ich bin Mensch!

Und es gibt auch keine „weiße Rasse“!

Na gut, ich sehe aus wie ein Europäer, mit meinen blauen Augen und dem braunen, glatten Haar. Beides kommt vor allem nur in Europa vor. Aber auch wir Europäer, von denen sich viele sogar noch heute gerne als die „Herrenrasse“ betrachten, bilden keine verwandtschaftliche Einheit. Europa wurde schließlich in mehreren Wellen besiedelt. Unsere Vorfahren kamen einst auch aus Afrika, und noch bis vor etwa 7.000 Jahren waren alle Homo sapiens in Europa wahrscheinlich dunkelhäutig. Zum Vergleich: die blauen Augen, die u.a. von Adolf Hitler als Ideal seiner „arischen Rasse“ verklärt wurden, traten bereits deutlich früher auf! Funde aus Spanien belegen z.B., dass die einstigen europäischen Ureinwohner dort braunhaarig, blauäugig und dunkelhäutig waren.

Noch bis in die späte Jungsteinzeit hinein waren alle Europäer dunkelhäutig!

Weiße Haut ist kein Herkunfts- sondern ein Anpassungsmerkmal…

Dass sich die helle Hautfarbe überhaupt durchgesetzt hat, ist ein Phänomen der Jungsteinzeit und geht auf die Sesshaftwerdung zurück. Als mehr pflanzliche Nahrung auf den Tisch kam und die Menschen auch wegen des immer feuchter werdenden Klimas mehr Zeit unter ihren Dächern verbrachten, bekamen sie in höheren Breiten allmählich ein Problem, ihren Vitamin-D-Bedarf über das Jahr zu decken.

Auch eine sexuelle Selektion kann nicht ausgeschlossen werden. Eine hellere Hautfarbe kann damals durchaus als Schönheitsideal gegolten haben, auch das wurde bereits in einer Studie untersucht. Menschen mit einem natürlicherweise helleren Teint hatten nun einen Selektionsvorteil gegenüber dunkleren Zeitgenossen, da ihre Haut mehr Sonnenlicht aufnehmen konnte. Sie wurden seltener krank und galten bei ihren Zeitgenossen (vielleicht auch deshalb!) als attraktiver. Die genetische Grundlage für ihre helle Haut brachten sie aber schon aus Afrika mit. Auch dort gibt es nämlich durchaus hellhäutige Völker, wie z.B. die San. Vielleicht ist das Weiß aber auch ein Erbe, das wir von unseren Neandertaler-Vorfahren erhalten haben.

… und es gibt und gab sie überall im Norden!

Die helle Haut haben aber alle möglichen Ethnien unabhängig voneinander entwickelt. Auch die Nordasiaten sind hellhäutig, genauso wie die Urvölker Nordamerikas. Sogar die Neandertaler Europas waren wahrscheinlich relativ hellhäutig, während andere Neandertaler-Populationen, z.B. in Mesopotamien, wohl deutlich dunkelhäutiger waren, so wie heutige Iraner, Iraker, Pakistani und Afghanen. Die Hautfarbe verkündet also keine gemeinsame Herkunft, sondern trat bei vielen Entwicklungslinien immer wieder mal auf.

Grund 4: Auch unter Frühmenschen gibt es keine Unterarten von Homo sapiens!

Unterarten, die man aufgrund von Hautfarben oder anderen Körpermerkmalen definieren könnte, gibt es also nicht. Und „Rassen“ schon gar nicht!

Wie ist es aber mit heute ausgestorbenen Menschengruppen? Die bildeten doch sehr wohl eine geographische Einheit. Und sie waren auch morphologisch und vor allem genetisch einzigartig genug, um sie von uns abzugrenzen!

Ja, stimmt, das ist völlig richtig. Und deshalb tun wir das auch! Diese Frühmenschen werden dem Homo sapiens als weitere, eigene Arten innerhalb der Gattung Homo gegenübergestellt. Diese Gattung entwickelte sich wahrscheinlich vor etwa 2,4 Millionen Jahren in Ostafrika. Insgesamt werden derzeit elf (!) verschiedene Arten der Gattung Homo anerkannt. Es gibt auch viele weitere Diskussionen über zusätzliche Arten oder zumindest Unterarten, insbesondere bei der extrem weit verbreiteten Art Homo erectus. Die derzeit gültigen heißen:

  • 1) Homo sapiens
  • 2) †Homo antecessor
  • 3) †Homo erectus
  • 4) †Homo ergaster
  • 5) †Homo floresiensis
  • 6) †Homo habilis
  • 7) †Homo heidelbergensis
  • 8) †Homo luzonensis
  • 9) †Homo rudolfensis
  • 10) †Homo naledi
  • 11) †Homo neanderthalensis
Die Gattung Homo umfasst viele verschiedene Arten, die über die letzten 2,4 Millionen Jahre verteilt gelebt haben.

Neandertaler, Denisovaner und andere Frühmenschen sind Arten, keine Rassen!

Aber wieso werden z.B. moderner Mensch und Neandertaler nicht zu einer Art zusammengefasst, und wir nennen sie dann Unterarten? Sie haben doch nachweislich miteinander Nachkommen gehabt. Tragen wir nicht alle zu einem gewissen Teil Neandertaler-Gene in uns?

Ja, auch das stimmt. Deshalb ist die These, der ich hier folge, auch nicht unumstritten. Es gibt nicht wenige Anthropologen, die den Neandertaler tatsächlich als eine eigene Unterart von Homo sapiens führen, als Homo sapiens neanderthalensis. Wir modernen Menschen wären demnach die Unterart Homo sapiens sapiens.

Neandertaler
Der Neandertaler war die mit uns als Homo sapiens am engsten verwandte Frühmenschenart.

War der Neandertaler wirklich eine Unterart von Homo sapiens?

Es gibt jedoch sehr viele Hinweise darauf, dass Neandertaler und Homo sapiens nicht uneingeschränkt miteinander kreuzbar waren. Es war wahrscheinlich so, dass nur ein Geschlecht der Nachkommen, wahrscheinlich die Mädchen, selber wieder fortpflanzungsfähig war. Die männlichen Hybriden waren wahrscheinlich steril. Dies wäre dann sehr wohl ein Argument, die Neandertaler als eigene Art zu definieren.

Darauf wies bereits 2016 eine Studie von Fernando Mendez von der Universität Stanford und seinen Kollegen hin. Alle Gene, die wir von Neandertalern geerbt haben, werden ausschließlich über das X-Chromosom vererbt. Das männliche Y-Chromosom des Neandertalers ist hingegen komplett ausgestorben. Somit haben wir alle nur weibliche Neandertaler-Gene!

Das Verschwinden des Neandertalers

Der Neandertaler ist ziemlich rasch verschwunden, ziemlich genau zu der Zeit, als sich Homo sapiens vor etwa 40.000 Jahren in seinem Lebensraum breit machte. Früher wurde dafür oft irgendeine Überlegenheit des Homo sapiens als Ursache angenommen. Das ist jedoch auch ziemlicher Blödsinn, ja sogar wieder eine Form von rassistischer Denke, man wäre irgendwie „etwas besseres“. Tatsächlich war der Neandertaler deutlich besser an die Extreme einer Kaltzeit angepasst als wir, und genau in einer solchen befand sich die Erde gerade, als Homo sapiens nach Europa kam, um zu bleiben.

Viel wahrscheinlicher ist, dass eine schnelle, dem Neandertaler zum Nachteil gereichende Form der sexuellen Selektion zum Verhängnis wurde. Vielleicht war zwar ein Homo sapiens-Mann imstande, eine Neandertalerin zu schwängern, aber Neandertaler-Männer konnten mit Homo sapiens-Frauen keine Nachkommen zeugen. Oder die Hybriden (Mischlinge) waren nur dann selber fruchtbar, wenn der Papa ein Homo sapiens und die Mama eine Neandertalerin war. War der Papa aber ein Neandertaler, konnte man selber keine Kinder bekommen.

Jedenfalls deutet das schnelle Verschwinden darauf hin, dass der Neandertaler binnen kurzer Zeit vollständig in Homo sapiens aufging. Vielleicht fanden die Neandertalerinnen die dunkelhäutigen Neuankömmlinge auch einfach nur besonders sexy, die Homo sapiens-Frauen konnten jedoch mit den muskelbepackten, aber auch kleineren Neandertaler-Männern nicht viel anfangen. Die genauen Feinheiten der möglichen Kreuzbarkeit und die Gründe des Verschwindens unserer Schwesterspezies müssen aber noch genauer erforscht werden.

Hybriden im Tierreich – ein Vergleich

Genetische Fortpflanzungsgrenzen gibt es auch bei vielen anderen eng verwandten Tierarten zuhauf. Pferde, Esel und Zebras, oder auch alle heute lebenden Großkatzen wie Löwen, Tiger, Leoparden, Jaguare und Schneeleoparden, sind mit ihren Verwandten zwar kreuzbar. Die Hybriden sind jedoch oft nicht imstande, selber wieder Nachkommen zu zeugen. In der Natur kommt das natürlich gar nicht erst vor, weil z.B. Löwen und Tiger ganz unterschiedliche Lebensräume bewohnen und auch eine ganz eigene Lebensweise (Rudeltier bzw. Einzelgänger) haben. In Zoos werden diese Hybriden aber gerne gezüchtet, weil besonders Liger oft ungeheuer groß werden. Sie kommen mit Größe und Gewicht sogar an die ausgestorbenen Riesenlöwen Europas und Amerikas (Panthera spelaea und Panthera atrox) heran. Dadurch ziehen sie viele interessierte Besucher an.

Beispiel: Großkatzenhybriden

Die Nachkommen von einem männlichen Löwen (Panthera leo) mit einer Tigerin (Panthera tigris) nennt man Liger, die eines männlichen Tigers mit einer Löwin dagegen Tion bzw. auf Deutsch auch Töwe. Unter diesen Hybriden sind aber nur weibliche Liger imstande, sich wieder fortzupflanzen, und das auch nur mit einem gewissen Risiko. Für Töwen-Weibchen stellt die Schwangerschaft sogar ein enormes Risiko dar. Oft erleiden sie Fehlgeburten oder sterben sogar bei der Geburt. Der Nachwuchs selbst ist zumeist nicht lebensfähig. Männliche Liger und Töwen sind aber immer steril.

Ein Liger. Diese Großkatzenhybriden sind die größten heute noch lebenden Katzen und werden oft deutlich größer und schwerer als ihre Elterntiere (Löwe und Tiger).

Es ist sehr wahrscheinlich, dass es aufgrund der genetischen Unterschiede bei verschiedenen Frühmenschenarten ganz genauso war. Auch bei Homo sapiens und allein anderen Menschenarten, die noch zeitgleich mit ihm lebten, gab es bei der Vermehrung vielleicht gewisse Schwierigkeiten. Deshalb ist ein Neandertaler auch als Homo neanderthalensis zu klassifizieren, genau aus dem Grund, aus dem man Löwen und Tiger auch als eigene Arten führt. Stellt sich allerdings eines Tages heraus, dass Neandertaler und Homo sapiens tatsächlich uneingeschränkt Nachwuchs haben konnten, dann wäre die Untergliederung in Unterarten wieder gerechtfertigt und der Neandertaler auch ein Homo sapiens (neanderthalensis). Den Begriff „Rasse“ sollte man hier aber getrost außen vor lassen.

Fazit und Schlusswort

Ich hoffe, nun ist jedem klar, wieso es keine Menschenrassen gibt und der Begriff „Rasse“ mal ganz flott aus unserem Sprachgebrauch zu verschwinden hat, wenn wir damit andere Leute meinen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Debatte über die Gesetzestextänderung auch sehr schnell weitergeführt wird und endlich zu einem positiven Ergebnis kommt. Unser Grundgesetz würde damit deutlich präziser und könnte nicht mehr sprachlich missbraucht, bzw. falsch verstanden werden.

Letzten Endes wird diese Grundgesetz-Debatte aber wohl kaum oder sogar keine bestehenden Rassismus-Probleme lösen. Rassismus ist leider zu tief in unserer Gesellschaft verankert. Was wir viel dringender brauchen als neue Gesetzestexte ist in meinen Augen ein deutlich gezielteres Vorgehen der Politik beim Abbau von strukturellem Rassismus. Taten statt Worte! Wir brauchen eine lückenlose Aufklärung von rechtsmotivierten Straftaten, auch und vor allem dann, wenn sie innerhalb unserer Exekutivbehörden stattfinden. Rassismus bei der Polizei oder Bundeswehr gehört ausgeräuchert, die Rädelsführer aus ihren Dienststellen enthoben und unehrenhaft entlassen. Wer mitgelaufen ist, sollte zumindest disziplinarisch belangt werden.

Was aber deutlich dringender ist…

Viel mehr brauchen wir aber bessere Schutz- und Präventionsmaßnahmen gegen Rassismus! Die Regierung muss endlich Geld in die Hand nehmen, um die Gründe für eine Diskriminierung aufgrund von Herkunft und Körpermerkmalen abzubauen. Da kann und sollte man zuerst bei den Kindern und Jugendlichen ansetzen und z.B. gemeinsame Kulturräume und Begegnungsstellen schaffen. Jugendtreffs, Sportvereine, Freizeit- und Aktivprogramme, in denen ein antirassistisches Programm stattfindet. Gemeinsam mit Angehörigen der unterschiedlichsten Ethnien sollten auch Austauschprogramme mit Schulen in Afrika und Asien gefördert werden. Rassismus resultiert oft aus Angst vor dem Fremden, die man nur überwindet, wenn man das Fremde endlich mal kennenlernt!

Und das, was in diesem Artikel steht, muss unbedingt in die Lehrpläne im Biologie- und Ethikunterricht. Dass der Begriff „Rasse“ allein schon obsolet ist, sollte jeder, jedes Kind, aber auch jeder, der das mal anders gelernt hat, heute unbedingt wissen und auch anderen Menschen erklären können. Nur wenn wir intensive Aufklärungsarbeit leisten, haben wir eine Chance, den Rassismus zu einer Randerscheinung in unserer Gesellschaft zu degradieren.

Rassismus ist eines der wichtigsten Probleme unserer Gesellschaft!

Es wäre aber fatal anzunehmen, dass er das bereits wäre! Die Probleme, die er verursacht, sind allgegenwärtig. Und Betroffene leiden extrem darunter. Das geht schon bei dummen Bemerkungen auf der Straße los, bei eigentlich gar nicht bös gemeinten Witzen. Aber wenn man wegen rassistischen Vorurteilen trotz seiner guten Qualifikationen es deutlich schwerer hat, einen Job, oder auch eine Wohnung zu finden, wenn man von rassistischen Polizisten unter Generalverdacht gestellt wird und in einer Kontrolle gar um seine Gesundheit, ja um sein Leben bangen muss, dann hört der Spaß auf!

Ich möchte dich bitten, diesen wichtigen Artikel zu teilen, dass er möglichst viele Menschen und ihre Köpfe erreicht. Auch damit kannst du dem Rassismus vielleicht ein kleines bisschen entgegenwirken.

Vielen Dank fürs lesen!


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1 thought on “Statement zu „Rasse“ und Rassismus”

  1. Michael Kubi sagt:
    Mai 1, 2022 um 9:00 pm Uhr

    Ein super Beitrag. Wer sich in die Thematik etwas vertiefen möchte, dem kann ich mein Buch „Eva kam aus Afrika … und Adam auch. Der Mythos vom ‚wissenschaftlichen Rassismus‘ ans Herz legen, bei dem die taxonomische, evolutionären, genetischen und psychologischen „Argumente“ seitens der „Rassenrealisten“ kritisch unter die Lupe genommen werden. https://www.amazon.de/Eva-Afrika-Adam-auch-%C2%BBwissenschaftlichen/dp/3894387572/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&crid=Y5F209ZPCRYK&keywords=michael+kubi&qid=1651438651&sprefix=michael+kubi%2Caps%2C81&sr=8-1

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