Jurassic World – Diese beiden Wörter lösen seit 2015 Schauder und Entsetzen bei mir hervor. Besonders nach dem mittleren Teil der neuen Trilogie Das gefallene Königreich konnte ich mir kaum noch vorstellen, dass das Jurassic-Genre noch irgendwie zu retten sei. Die Figuren: platt und unsympathisch. Die Handlung: dünn und unlogisch. Und die Dinosaurier: falscher geht’s kaum. Das waren lediglich Hollywood-Monster, zum Teil sogar reine Fantasie-Fabelwesen, die nichts (mehr) mit der Realität zu tun hatten. Ich bin also am vergangenen Mittwoch mit keinen großen Erwartungen ins Kino gegangen, um mir den neuesten Teil Ein neues Zeitalter anzusehen.
Eigentlich war ich mir schon fast sicher, wieder eine derbe Enttäuschung zu erleben. Besonders nach den ebenfalls furchtbaren Trailern und dem unsäglichen Prolog, die schon letztes Jahr veröffentlicht wurden. Eigentlich wollte ich mir den neuen Film Jurassic World – Ein neues Zeitalter deshalb überhaupt gar nicht anschauen. Ich habe es nun allerdings doch getan. Einerseits, weil ich ja nur diesen Artikel hier schreiben wollte. Andererseits, weil ich doch etwas neugierig war. Vielleicht wie ein Gaffer bei ‘nem Verkehrsunfall.
Dieser Artikel ist auch bei YouTube verfügbar. Michael Kubi hat wieder ganze Arbeit geleistet und ein wirklich interessantes Video draus gemacht!
Ein neues Zeitalter – Ein unerwartetes Kinoerlebnis
Meine Meinung nun, nach Sichtung des Films ist aber überraschenderweise etwas gespalten. Tatsächlich herrscht in mir ein ähnliches Gefühl vor, wie ich es nach Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers empfand. Auch bei Star Wars gelang die Wiederbelebung eines lange von der Kinoleinwand verschwundenen Franchises mit Das Erwachen der Macht eher mäßig (wie mit Jurassic World). Und auch hier folgte eine katastrophale Fortsetzung mit Die letzten Jedi (wie mit Das gefallene Königreich). Und es gibt noch mehr Parallelen: genau wie in Star Wars übernahm für den mittleren Teil auch bei Jurassic World ein anderer Regisseur (J. A. Bayona) das Ruder, bevor der Regisseur des ersten Teils für Teil drei wieder zurückkehrte (Colin Trevorrow). Der Unterschied: Trevorrow hatte auch für Das Gefallene Königreich das Drehbuch geschrieben, während in Star Wars Regisseur Rian Johnson das gesamte Konzept von J.J. Abrams über den Haufen geworfen hatte.

Colin Trevorrow – Hat er das Genre an die Wand gefahren? Oder konnte er es retten?
Ich habe Trevorrow also insgesamt die Hauptschuld am Zustand der ganzen Filmreihe gegeben, die ich nur noch als lächerlich empfand. Ich war also sehr gespannt, ob der Regisseur seiner in meinen Augen wirklich bescheuerten Linie treu bleiben oder auf den Hagel an Kritik angemessen reagieren würde. Tatsächlich scheint Trevorrow sich bei Star Wars wirklich so einiges abgeschaut zu haben: Auch in Ein neues Zeitalter wird wie in Der Aufstieg Skywalkers plötzlich ein neuer, aber altbekannter Bösewicht aus dem Hut gezaubert. Auch hier möchte Trevorrow den „Helden“ aus der Ur-Trilogie wieder etwas mehr und bedeutsamere Screentime geben, um irgendwie um die Gunst der alten Fans zu buhlen. Und was am meisten auffällt: vieles, was in Das gefallene Königreich dargestellt wurde, verkehrt Trevorrow hier ins Gegenteil und es ist alles plötzlich dann doch ganz anders als im Vorgänger. Es wirkt für mich wirklich so, als wolle Ein neues Zeitalter irgendwie Wiedergutmachung leisten.
Meine Filmkritik
Aber gelingt ihm das? Nun, ich habe mich tatsächlich selbst noch nicht so ganz entschieden. Tatsächlich ist Ein neues Zeitalter für mich ein deutlich besserer Film als Das gefallene Königreich. Aber er ist um Welten nicht so gut wie der Originalfilm Jurassic Park und auch dessen Nachfolger Vergessene Welt. Wenn ich ihn mit Jurassic Park III und Jurassic World vergleiche, wo landet dann Ein neues Zeitalter? Ich persönlich muss ihm dennoch nur den vorletzten Platz geben. Dies ist meine persönliche Meinung, die ich auch inhaltlich begründen möchte. Ich versuche, dies weitgehend frei von Spoilern zu halten. Handlungsrelevante Informationen kommen hier nicht, nur eine persönliche Wertung.
Viele positive Aspekte
Tatsächlich hat Ein neues Zeitalter wirklich viele interessante und durchaus positive Aspekte, die den Film für mich zu einem schon ganz unterhaltsamen Kinoabend gemacht haben. Ich musste schon in den ersten Filmminuten aufatmen, weil der völlig hanebüchene Prolog nun gottseidank doch nicht zu sehen war. Die völlig desaströse Darstellung der „tatsächlichen“ Kreidezeit, die uns Trevorrow letztes Jahr präsentierte, hat es nicht in den Film geschafft. Hier wurden damals nämlich Dinosaurier aus allen möglichen Formationen der Kreidezeit wild durcheinandergeworfen, obwohl sie sich fast alle niemals in Wirklichkeit begegnen konnten. Auch Landschaftsbild und Vegetation waren völlig an den Haaren herbeigezogen und passten überhaupt nicht zur wirklichen Oberkreide. Ganz zu schweigen von dem völlig unrealistischen Dino-Kampf zwischen Tyrannosaurus und Giganotosaurus, der in der Realität niemals hätte stattfinden können.
Mehr Dinosaurier und andere Urzeit-Tiere!
Ebenfalls positiv: Der Film zeigt uns die bei weitem größte Artenvielfalt an auftretenden Dinosauriern von allen bisherigen Filmen. Es werden dabei aber nicht nur Dino-Berühmtheiten gezeigt, sondern auch viele eher unbekannte Geschöpfe. Und zum ersten Mal sehen wir hier auch Tiere aus dem Paläozoikum. Es gibt also nicht nur mesozoische Dinosaurier, Flugsaurier und Meeresreptilien, sondern auch ein paar Synapsiden aus der Periode des Perms zu sehen. Leider haben viele dieser Tiere nur einen knapp bemessenen Auftritt, aber das ist verschmerzbar.
Angemessene Screentime für die Figuren
Schön ist auch, dass Alan Grant, Ellie Sattler und Ian Malcolm nun wirklich große Rollen im Film einnehmen. Trevorrow lässt sichtlich erkennen, dass er sich nun doch für die Entwicklung von Charakteren zu interessieren scheint und liefert auch eingefleischten Fans viele schöne Momente mit ihren Lieblingen. Die Dialoge sind zwar relativ platt und nicht besonders tiefgehend geschrieben, der Humor kommt aber wenigstens nicht zu kurz. Er ist auch nicht in zu krasser Slapstick ausgeartet, wie ich finde. Schön ist, dass sich der Film selber nicht zu ernst nimmt, und wir ein wahres Feuerwerk an Referenzen an die alten Filme geliefert bekommen.
Und ebenfalls positiv: die nervigen Charaktere aus Das gefallene Königreich kommen hier wirklich nur ganz kurz vor und nerven mich noch nicht einmal besonders. Was viele Fans vielleicht enttäuschen mag, mich aber wirklich sehr glücklich machte: Blue kommt so gut wie gar nicht vor, nur mal kurz am Anfang und am Ende des Films.
Trotzdem: Kein guter Film!
Auch wenn Ein neues Zeitalter mit diesen positiven Aspekten besser ist als sein Vorgänger: er ist definitiv kein „guter“ Film. Er nimmt sich viel zu viel Zeit für eher unbedeutende Szenen und hat deshalb auch viele Längen. Die Welt, in der Menschen mit Dinosauriern zusammenleben, die vielen Probleme, die sich dadurch ergeben, werden – was mich sehr überraschte! – nur beiläufig in fiktionalen Nachrichtenbeiträgen gezeigt. In der Haupthandlung spielt dies aber alles überhaupt keine Rolle! Es geht den ganzen Film über nur um zwei Handlungsstränge: (ACHTUNG: Jetzt wird ein bisschen gespoilert!)
- Ellie Sattler, Alan Grant und Ian Malcolm wollen die finsteren Machenschaften von Lewis Dodgson und seinem Konzern Biosyn aufdecken. Dodgson will mithilfe genmanipulierter Heuschrecken ein Wirtschaftsmonopol erreichen, denn seine Heuschrecken fressen alles, nur nicht die von Biosyn produzierten Agrarprodukte.
- Baby-Raptor Blue und Maisie werden von Biosyn gekidnappt, Claire und Owen wollen beide wieder zurückholen.
Logiklücken, Stilbrüche und Bad Writing
Ein neues Zeitalter ist deshalb wieder kein Science Fiction-Film. Wir sehen hier einen Mischmasch aus Agenten-Thriller in Manier von James Bond und einem Fantasy-Monsterfilm a la Godzilla. Wir sehen hier viele wilde Verfolgungsjagden und reichlich Stunts wie in einem Actionfilm, und natürlich bekommen wir wieder reichlich Logiklücken serviert. Auf diese möchte ich hier aber noch nicht eingehen. Erstens müsste ich dann wirklich spoilern. Zweitens wird mir wahrscheinlich das meiste erst bei einer weiteren Sichtung auffallen. Ich werde diesen Artikel wahrscheinlich später noch mehrmals überarbeiten, um komplett mit ihm abzurechnen.
Nur so viel jetzt schon: Der Film versucht mehr verzweifelt als wirklich überzeugend die Fragen zu beantworten, die nach Das gefallene Königreich offengeblieben sind. Ebenso verzweifelt erscheint mir der Versuch, an die alten Filme damit anzuknüpfen. Eigentlich wurde in meinen Augen sogar eher ganz mit ihnen gebrochen. Wenn in Ein neues Zeitalter nun Heuschrecken eine größere Bedrohung sind als die Dinosaurier, macht dieser Film wirklich alles zunichte, worüber wir uns in allen Vorgängern, sogar noch in Das gefallene Königreich, noch freuen konnten. Die Dinos taugen hier nur für den einen oder anderen Jumpscare, man fürchtet sich aber im Kino nicht ein bisschen vor ihnen. Die riesige Chance, das brisante Zusammenleben von Menschen und Dinosauriern zu zeigen, wurde damit vertan.
Dieser Artikel wird natürlich auch wieder als Video erscheinen, in Kooperation mit Michael Kubi. In Arbeit ist es schon, und wenn es fertig ist, findetihr es natürlich auch wieder hier!
Die Urzeit-Tiere
Kommen wir nun aber nun zu den prähistorischen Stars des Films. Und das sind wirklich, wirklich viele! Fast alle der in den Jurassic World-Filmen aufgetretenen Tiere erhalten hier einen weiteren Auftritt. Diese sind aber oft nur relativ kurz bemessen, und an ihrer Darstellung hat sich nicht großartig etwas verändert. Die „originalen“ InGen-Dinosaurier bleiben die Chimären, die sie vorher schon waren. Und wir bekommen sogar einige Erklärungen geliefert, wieso sie so „unrealistisch“ sind. Die meisten dieser Erklärungen brachten mich aber eher zum Seufzen, als dass ich Jurassic World und Das gefallene Königreich nun doch irgendwie positiver sehen könnte.
Bevor du jetzt weiterliest: In den Vergleichen der Urzeit-Tiere muss ich natürlich auch ihr Verhalten betrachten und werde dabei nicht ohne Spoiler auskommen. Falls du also nur wissen möchtest, wie die auftretenden Dinos im Vergleich zu ihren realen Vorbildern aussahen, schau dir also besser nur die Bilder an und lies den Text erst, wenn du den Film gesehen hast!
Nasutoceratops (InGen)
Nasutoceratops titusi; Kaiparowits Formation (Utah; USA); vor 75Ma (Oberkreide)
Der erste neue Dinosaurier im Film ist wieder ein Ceratopsier. Jurassic-Fans bekamen diesen Dinosaurier allerdings auch schon zuvor zu sehen: im Kurzfilm Battle at Big Rock trat dieser Horndinosaurier gegen einen Allosaurus im Duell an, und in der Animationsserie Camp Cretaceous hatte er auch mehrere Auftritte. In allerdings jedem dieser Medien ist dieser Dinosaurier viel zu groß dargestellt. Auf der offiziellen Fanseite ist von 7,5m die Rede, das Tier wirkt in manchen Szenen aber sogar noch deutlich größer, z.B. während der Verfolgungsjagd mit den Jeeps.
Auch kurz vor dem Ende ist noch einmal ein Ceratopsier zu sehen, allerdings nur als Silhouette, gemeinsam mit einer Elefantenherde marschierend. Ausgehend von dieser haben wir es hier aber wohl wieder mit einem Sinoceratops zu tun, die die riesigen Dickhäuter im Film allerdings deutlich überragt. Trotzdem: beide Ceratopsier waren definitiv nicht größer als ein Elefant. Der etwas größere Sinoceratops dürfte 6-7m, Nasutoceratops sogar nur etwa 4,5m lang geworden sein.
Keine Chance gegen ein Auto!
Dass so ein Tier, das sogar etwas kleiner war als ein Nashorn, Autos durch die Gegend schleudert, wie wir es im Film sehen, ist natürlich völlig unrealistisch. Besonders keine Geländewagen: die wiegen sogar noch mehr als der Dino. Ebenfalls der vehemente Einsatz der geschwungenen Stirnhörner: diese sahen zwar in der Tat ein wenig wie die eines Kampfstieres aus, waren aber nur mit Keratin überzogen und bestanden nicht komplett aus Horn. Ihre Basis und ihr Kern waren massiver Knochen, deshalb taugten sie nicht für so einen Kampf. Wenn sie damit gegen ein Auto angegangen wären, wären die Hörner gebrochen. Sie dienten bei den echten Tieren vor allem der Zurschaustellung. Rivalisierende Artgenossen wurden damit eingeschüchtert, Weibchen beeindruckt oder auch mal der eine oder andere Angreifer verschreckt. Bekam ein gefährlicher Fleischfresser wie Teratophoneus so ein Horn mal an oder zwischen die Beine, tat das wohl ziemlich weh.
Atrociraptor (Biosyn)
Atrociraptor marshalli; Horseshoe Canyon Formation (Kanada); vor 69 Ma (Oberkreide)
Auf dem Schwarzmarkt in Malta bekommen wir als Zuschauer zahlreiche Dinosaurier zu sehen, allerdings meist nur in sehr kurzen Sequenzen. Ein Stygimoloch wird dort gefangen gehalten, mehrere Compys und es hängen auch unverkennbar einige Dinos am Grill. Diese Szene brachte mich sehr zum Schmunzeln. Es ist schon bezeichnend, für Meister-Autor Trevorrow, dass man im letzten Film noch Millionen für Dinosaurier hinblättern musste, und man sie hier dann einfach zu Kebab macht.
Noch irrwitziger ist dann die Szene mit einer neu eingeführten Raptoren-Art, diesmal aus dem Hause Biosyn. In einer späteren Szene rühmt Dodgsons Stellvertreter Ramsay Cole die aus InGens Konkurrenzfirma hervorgebrachten Dinosaurier als „reine“ Kopien ihrer prähistorischen Vorbilder. Hier seien nur komplette Genome verwendet, also keine Chimären kreiert worden, deren Genpool man mit Fremd-DNS von anderen Spezies aufpeppen musste. Somit sollten die Biosyn-Dinosaurier eigentlich deutlich realistischer sein als ihre Konkurrenten von InGen. Nun, mal schauen, ob sich das bestätigt.
Atrociraptor – definitiv keine Kriegsmaschine!
Du ahnst es sicher schon: das tut es nicht. Bevor ich aber dazu komme, was an Atrociraptor wieder völlig falsch ist, erst einmal zu dem Background seines ganzen Auftritts. Auch der ist nämlich wieder völliger Unsinn! Dieselbe Laser-Signalton-Technik, die man schon in Das gefallene Königreich beim Indoraptor eingeführt hatte, wird hier auch wiederangewendet. Trevorrow möchte wohl ein weiteres Mal diese sensationelle Einsatzmöglichkeit auf der Leinwand zeigen und beweisen, dass seine Idee doch eine wirklich gute war. Ist sie aber nicht. Hätte Bösewichtin Santos Owen, Claire und die CIA-Agenten einfach erschossen, statt mit ihren blutrünstigen Spielzeugen herumzuhantieren, hätte sie sich ihre Gegner im Handumdrehen vom Hals schaffen können. Hier kommt wieder echtes James Bond-Feeling auf, aber nicht etwa nur wegen der anschließenden spektakulären Motorrad-Verfolgungsjagd, sondern vor allem wegen der unsagbar unlogischen Entscheidungen der Antagonisten.
Der echte Atrociraptor
Doch ist der Biosyn-Atrociraptor wirklich korrekt dargestellt und entspricht er seinem realen Vorbild? Nun, der echte Atrociraptor lebte in Kanada vor etwa 69 Ma und ist uns nur durch ein fragmentarisches Kieferfossil und mehrere Zahnfunde bekannt. Wie genau sein Körper ausgesehen hat, das wissen wir also gar nicht. Was wir aber wissen: Der Kiefer war etwa genauso groß wie der des mongolischen Velociraptor. Das gesamte Tier dürfte also einschließlich Schwanz nicht länger als 1,8m gewesen sein, hatte also ebenfalls nur Truthahngröße. Im Film sieht er aber kaum anders aus als ein InGen-Velociraptor, ist vielleicht sogar noch etwas größer und hat eine breitere Schnauze. Und er ist genauso nackig und reptilienartig wie sein Vorgänger. Tatsächlich gilt es aber als unumstößlich, dass alle, wirklich alle Dromaeosaurier ohne Ausnahme ein dichtes Federkleid trugen. Biosyn hat also entweder Mist gebaut, oder Ramsay Cole nur geprahlt.

Atrociraptor steht den ebenfalls aus Nordamerika bekannten Gattungen Sauronitholestes und Acheroraptor außerdem deutlich näher als seinem Vetter aus der Mongolei. Acheroraptor kommt auch in meinem Roman Die weißen Steine vor, diese Gattung ist tatsächlich etwas größer als ein Velociraptor. Wenn man auf einen größeren, wilderen und realistischeren Dromaeosaurier hätte zurückgreifen wollen, so hätte Trevorrow also besser ihn nehmen sollen. Oder besser gleich einen Achillobator oder gar einen Utahraptor, die wirklich etwa die gleiche Größe hatten wie die Bestien im Film. Aber Atrociraptor klingt ja irgendwie ähnlich wie Velociraptor, und einen anderen „Ciraptor“ gibt’s ja leider nun mal nicht…
Lystrosaurus (Biosyn)
Lystrosaurus murrayi; Balfour Formation (Südafrika); vor 248 Ma (Untertrias)
Ebenfalls in der Schwarzmarkt-Szene zu sehen war ein kleiner Lystrosaurus, der allerdings nur einen sehr kurz bemessenen Auftritt hat. Deshalb lässt sich über seine Darstellung auch nicht besonders viel meckern. Die Größe passt in etwa, und ich fand es auch witzig, ihn ganz Corona-konform mit einer Maske auf der Nase zu zeigen. Später sah man ihn dann nochmal ohne und konnte ihn dann auch als Lystrosaurus erkennen, ohne lange überlegen zu müssen. Hier hat Biosyn also tatsächlich mal ein Urzeittier einigermaßen hinbekommen.
Anmerken muss man jedoch, dass Lystrosaurus gar kein Dinosaurier ist. Es handelt sich bei ihm um einen Dicynodonten, also einem engen Verwandten der späteren Säugetiere. Deshalb geben ihm manche Paläo-Künstler auch gerne mal ein wärmendes Fell, was für ein Tier seiner nur geringen Größe auch durchaus realistisch wäre. Schließlich kam Lystrosaurus sogar in der Nähe des damaligen Südpols vor, wo es auch in der Untertrias Temperaturen weit unterhalb des Gefrierpunktes geben konnte. Deshalb hielten Lystrosaurier einer neuen Studie zufolge sogar Winterschlaf. Einen wissenschaftlichen Direktnachweis für ein Fell gibt es allerdings noch nicht.

Moros (Biosyn)
Moros intrepidus; Cedar Mountain Formation (Utah; USA); vor 96 Ma (Oberkreide)
Der kleine Fleischfresser Moros, den wir in einem Indoor-Käfig im Biosyn-Labor zu Gesicht bekommen, ist übrigens das Beispielobjekt für Coles Prahlerei mit der Reinheit der Biosyn-Genome. Außerdem war er auch in dem grauenvollen Prolog kurz zu sehen. Tatsächlich haben wir hier endlich einen gefiederten Dinosaurier zu sehen bekommen, womit der Biosyn-Moros tatsächlich realistischer ist als viele der anderen bisher gezeigten Urzeittiere.
Vom echten Moros ist uns allerdings nur ein Teil des Beinskeletts überliefert, das von den Forschern als der älteste bislang gefundene Nachweis eines Tyrannosauroiden aus Nordamerika interpretiert wird. Tatsächlich sieht der Moros im Film auch aus wie eine Mini-Ausgabe von Roberta (Rexy), nur mit Federn – mit der typischen Tyrannosaurier-Kopfform und den kurzen Vorderärmchen. Da es sich bei ihm allerdings noch um einen sehr frühen Vertreter dieser Entwicklungslinie handelt, hat sein Körper sehr wahrscheinlich deutlich anders ausgesehen als im Film.
Von anderen frühen Tyrannosauroiden aus Asien und Europa wissen wir, dass diese noch deutlich grazilere, länglichere Schädel und vor allem längere Vordergliedmaßen hatten, auch mit einem zusätzlichen Finger. Moros war außerdem gemessen an der Größe seines Beines deutlich größer und dürfte etwa so groß geworden sein wie die Film-Velociraptoren und –Atrociraptoren, also mit mindestens 3m Länge und einem Gewicht von beinahe 80kg. Im Film ist dieses Tier allerdings wesentlich kleiner.
Dreadnoughtus (Biosyn)
Dreadnoughtus schrani; Cerro Fortaleza Formation (Argentinien); vor 75 Ma (Oberkreide)
Beim Flug zum Biosyn-Komplex schaut Alan Grant aus dem Fenster und erkennt den dortigen Sauropoden natürlich sofort als einen Dreadnoughtus. Biosyn hat seinen neuen Super-Pflanzenfresser, natürlich um einiges gigantischer als der langweilige Brachiosaurus, den Trevorrow im letzten Teil ja tragischerweise in Flammen aufgehen ließ.
Hier konnte ich im Kino aber nur wieder seufzen. Ich tat das natürlich leise und wohl auch als einziger, denn mir war wohl ganz allein klar, dass kein Paläontologe der Welt einen Dreadnoughtus in Fleisch und Blut so auf die Schnelle hätte identifizieren können, nicht einmal ein echter Alan Grant. Von Dreadnoughtus ist uns zwar ein relativ vollständiges Skelett bekannt, lediglich der größte Teil des Halses und der Schädel fehlen. Da aber eben der Schädel fehlt, und die sonst bei Sauropoden ebenfalls diagnostischen Hals- und Rückenwirbel unter Muskeln, Sehnen und Haut liegen, könnte das Viech einfach mal locker jeder andere Titanosaurier sein. Mehr Diagnose geht nicht, und einfach mal so richtigerweise auf Dreadnoughtus tippen schafft Sam Neil nur deswegen, weil er das Drehbuch kennt.
Wahrscheinlich viel zu groß!
Im Film sieht man Dreadnoughtus nur aus der Ferne und kann dort seine Größe nur schwer abschätzen. Im gestrichenen Prolog ist er jedoch auch neben einigen Pteranodons zu sehen, die neben ihm bloß wie Spatzen wirken. Das bislang einzige gefundene Exemplar von Dreadnoughtus war zugegeben tatsächlich außerordentlich groß. Experten schätzen das Tier auf etwa 25m Länge, und neuere Gewichtsangaben sprechen für mindestens 35, vielleicht sogar 40 Tonnen. Und dieses Exemplar war noch nicht einmal ausgewachsen.
Im Zusammenhang mit Dreadnoughtus, aber auch vor allem mit Argentinosaurus oder Patagotitan bin ich von meinen Schülern schon oft gefragt worden, welcher Dinosaurier denn nun tatsächlich der größte von allen sei. Kinder, aber auch viele Erwachsene sind nun mal verrückt nach Rekorden. Auch in der Presse ist immer wieder sowas wie „größter Dinosaurier aller Zeiten in Wasweißichnistan entdeckt“ zu lesen.
Tatsächlich muss ich jeden, der fragt, aber mit meiner Antwort ein bisschen enttäuschen. Für die Körpergröße eines Sauropoden gab es ein physikalisches Limit. Wo das genau lag, darüber streiten die Forscher noch. Es wird aber irgendwo zwischen 35 und 40m Körperlänge und zwischen 70 und 95 Tonnen Gewicht gelegen haben. Tatsache ist aber, dass solche Ausmaße mehrere verschiedene Sauropodengattungen erreichen konnten. Somit ist es völlig sinnlos, nach einem Rekordhalter zu suchen. Neben den bislang genannten sind noch mehr als ein Dutzend weiterer Gattungen im Rennen, und wer wirklich die „Krone“ trug, werden wir wahrscheinlich nie genau wissen.
Microceratus (InGen)
Microceratus gobiensis (?); Zhumabao Formation (China), vor 90 Ma (Oberkreide)
In den Videos von Charlotte Lockwood, die sich Maisie im Biosyn-Hauptquartier anschaut, ist ihre Mutter mit einem kleinen Ceratopsier auf dem Arm zu sehen. Ich habe diesen zuerst für einen Baby-Triceratops gehalten, es soll allerdings ein Microceratus sein. Diese Spezies soll auch in der Schwarzmarkt-Szene zu sehen gewesen sein, ist mir dort allerdings entgangen.
Beim Auftritt von Microceratus ergeben sich gleich mehrere Probleme. Nicht so sehr bei seiner Darstellung. Tatsächlich gab es in der frühen Oberkreide mehrere kleine Ceratopsier-Gattungen, und eine davon auftreten zu lassen ist schon super! Schließlich waren bis Das gefallene Königreich Ceratopsier im Jurassic-Franchise absolut unterrepräsentiert. Microceratus erscheint mir allerdings als eine eher schlechte Wahl, denn es könnte sein, dass es diese Gattung überhaupt nicht gab. Und sie trug zur Zeit, als Charlotte Lockwood das Video drehte, auch noch einen anderen Namen!
Die Problematik hinter Microceratus / Microceratops
Die spärlichen Überreste eines kleinen Ceratopsiers aus der Zhumabao Formation wurden nämlich 1953 vom schwedischen Paläontologen Birger Bohlin zuerst als Microceratops gobiensis beschrieben. Im gleichen Jahr beschrieb Bohlin noch eine zweite Art, Microceratops sulcidens. Im Laufe der Zeit wurden die Funde mehrfach neu untersucht und inzwischen erkannt, dass die meisten der Fossilien zu anderen Ceratopsiern gehörten. Microceratops sulcidens gehört höchstwahrscheinlich zu der 1998 beschriebenen Gattung Asiaceratops, der Großteil der ursprünglichen Fossilien von Microceratops gobiensis wurde im Jahr 2000 als Gattung Graciliceratops ausgegliedert. Weil man außerdem erkannte, dass der Name „Microceratops“ bereits an eine Schlupfwespengattung vergeben war, stellte Octávio Mateus im Jahre 2008 die noch verbliebenen Fossilien in eine neue Gattung, die er Microceratus nannte. Eine formale Neubeschreibung der Fossilien steht bislang allerdings noch aus.
Da der Name im Film gar nicht genannt wird, ist die Wahl von Microceratus aber nicht weiter tragisch. Schließlich kommt dieser Dinosaurier auch in Michael Crichtons Roman vor, damals allerdings natürlich noch unter dem veralteten Namen Microceratops. Vielleicht wollte man Crichton hier also eine kleine Hommage erweisen. Crichton stellte Microceratops im Buch allerdings als baumbewohnend dar, dies ist aber kein Ceratopsier jemals gewesen. Ob er allerdings als Kuscheltier geignet war, werden wir wohl nie erfahren.
Quetzalcoatlus (Biosyn)
Quetzalcoatlus northropi; Javelina Formation (Texas; USA); vor 70 Ma (Oberkreide)
Das Tier, auf das ich mich nach seiner Ankündigung am meisten gefreut habe, war Quetzalcoatlus, eines der größten fliegenden Wirbeltiere aller Zeiten. Auch hier schreibe ich wieder ganz bewusst „eines der“, weil wir es hier wieder mit einer Tiergruppe zu tun haben, welche die natürliche Grenze, die ihnen die Gesetze der Physik setzten, wirklich präzise erreicht haben. Diese lag bei einem Gewicht von knapp über 250kg und einer Flügelspannweite zwischen 10 und 13m. Größer kann ein Tier von den Proportionen eines Pterosauriers nicht werden, wenn es dabei flug- und manövrierfähig bleiben möchte. Das haben Paläontologen in ihren Studien mithilfe von Computeranalysen, aber auch in Zusammenarbeit mit Avionik-Experten berechnet.
Viel zu groß!
Wenn wir Jurassic World – Ein neues Zeitalter als einen klassischen Agententhriller oder auch einen Fantasy-Film betrachten wollen, wäre es absolut logisch, dass also ein Quetzalcoatlus die Lüfte über dem Quartier des Superschurken bewacht. In einem Science Fiction Film funktioniert das allerdings weniger. Aber das habe ich im Kino ja auch nicht erwartet. Wir sehen im Film nämlich ein Monster ungeheuren Ausmaßes, dass sogar das Flugzeug, in dem sich Owen, Claire und die Pilotin Kayla befinden, gänzlich mit seinem Schatten verdunkeln kann. Das Monster muss also größer gewesen sein als die Maschine. Bei dem Flugzeug handelt es sich, wie ich bei meiner Recherche herausgefunden habe, um eine alte Fairchild C-119. Dieses Modell hat eine Flügelspannweite von 33,3m. Der hier gezeigte Quetzalcoatlus – obwohl in Aussehen und Erscheinungsbild tatsächlich einigermaßen getroffen – ist demnach also etwa dreimal so groß dargestellt, als er in Wirklichkeit war!
Gefürchtete Landjäger
Dass ein Quetzalcoatlus ein Flugzeug am Himmel angreifen und buchstäblich auseinanderreißen kann, ist natürlich ebenfalls Quatsch. Erstens waren diese Tiere dafür dann doch viel zu klein. Zweitens wären sie auch zu langsam gewesen, um ein motorisiertes Flugzeug einzuholen. Für Flugzeuge vielleicht weniger gefährlich, waren große Azhdarchiden allerdings tatsächlich gefürchtete Jäger. Allerdings stellten sie ihre Beute wohl eher nicht in der Luft, sondern gingen lieber am Boden auf die Jagd. Auf allen Vieren laufend waren große Azhdarchiden-Flugsaurier wie Quetzalcoatlus, Hatzegopteryx oder Arambourgiania so groß wie heutige Giraffen.
Mit ihren langen Schnäbeln, die länger als ein Mensch waren, stöberten sie nach kleineren Beutetieren. Sie verhielten sich also ganz ähnlich, wie es heute noch Störche oder Marabus tun. Diese „kleineren“ Beutetiere könnten aber dann durchaus schon einmal die Größe eines kleinen bis mittelgroßen Dinosauriers gehabt haben. Würden diese Kreaturen heute noch leben, müssten zumindest Kinder vor diesen fliegenden Super-Prädatoren sicher gut auf der Hut sein. Die Szene mit dem Therizinosaurus, der Claire durch die Sümpfe verfolgt, hätte also sehr viel wirkungsvoller, aber auch realistischer ausfallen können, hätte diese Rolle ein Quetzalcoatlus übernommen. Und sogar auch dann, wenn dieser dabei eine realitätsgetreue Größe bekommen hätte!
Pyroraptor (Biosyn)
Pyroraptor olympius; Argiles et Grès à Reptiles Formation (Frankreich); vor 71 Ma (Oberkreide)
„Aber sie haben jetzt einen Raptoren mit Federn! Was willst du eigentlich?“ Ich kann es schon hören. Die empörten Aufschreie derer, die sich auch in Ein neues Zeitalter verliebt haben und es überhaupt nicht leiden können, wenn ich einen ihrer Lieblingsfilme nach dem anderen „schlecht rede“. Das tue ich erstens gar nicht, denn simple Fakten zu präsentieren ist etwas anderes, als ohne jede Basis etwas schlecht zu reden. Zweitens ist es eben halt eine Sache, nach 20 Jahren, in denen wir von davon wissen, uns endlich einen gefiederten Raptor vorzusetzen. Eine ganz andere Sache ist es, wenn wir im nächsten Moment schlucken müssen, dass dieser Raptor einen Köpper macht und schneller als ein Delfin Menschen unter dem Eis jagt, dann sogar von unten (!) das Eis durchbricht und seine Jagd wieder oberhalb der Oberfläche fortsetzt. Ich sage nur so viel: Das konnte ein Pyroraptor nicht.
Einer der schlechtesten Dinosaurier im Franchise!
Mehr will ich dazu auch gar nicht sagen. Denn Markus weint gerade! Hab doch bitte mal etwas Mitleid! Denn dass der Biosyn-Pyroraptor die Federkiele auch noch an den falschen Stellen am Flügel hat, seine Hände verdreht hält, eine eher unwahrscheinliche Kopfform aufweist und darüber hinaus auch noch viel zu groß ist (ein echter Pyroraptor reichte einem ausgewachsenen Menschen nur knapp bis übers Knie!), tut einem Dinosaurier-Fan wie ihm nun mal schon weh genug. Da möchte er dir nicht auch noch erklären müssen, dass Raptoren keine Pinguine waren.
Von unten durch eine Eisschicht, die einen Menschen tragen kann, kommt noch nicht einmal ein 80-Kilo-Pinguin! Und Biosyn verwendet „reine“ Genome, nicht vergessen! Da war keine Pinguin-DNS mit im Spiel, mit der sich die Filmliebhaber dieses Mal wieder herausreden können. Das ist einfach nur ein Resultat von schlechter Recherche und Bad Writing! Pyroraptor ist einer der am schlechtesten dargestellten Dinosaurier in der gesamten Filmreihe. Schluss. Aus. Fertig. Jetzt lasst mich in Ruhe!
Therizinosaurus (Biosyn)
Therizinosaurus cheloniformis; Nemegt Formation (Mongolei), vor 70 Ma (Oberkreide)
So, Markus beruhigt sich wieder. Denn jetzt kommt wieder einer, der gar nicht mal so schlecht getroffen wurde. Und darüber hinaus auch noch zu meinen Lieblings-Dinos gehört! Biosyn präsentiert: Edward mit den Scherenhänden als Dinosaurier. Wer findet, dass der Therizinosaurus wieder wie eine böse Fantasiekreatur aussieht, der irrt sich diesmal nämlich. Diesen Dinosaurier gab es wirklich! Und er spielte tatsächlich fast mit Tyrannosaurus und Giganotosaurus in der gleichen Größen-Liga, wenn auch das Exemplar, das wir auf der Leinwand sehen, schon etwas zu groß geraten ist. Nicht zu sehr an der Realität vorbei ist jedoch, dass dieser Dinosaurier höchstwahrscheinlich auch ein Kleid aus Filamentfedern trug. Und obwohl er ein Vegetarier war, konnte er sich wirkungsvoll mit seinen Krallen verteidigen oder Konkurrenten aus dem Weg räumen. Der arme Hirsch.
Die Abschluss-Szene, mit dem epischen Kampf zwischen den Super-Prädatoren ist allerdings natürlich wieder reines Hollywood-Kino. Die Krallen waren zwar wirkungsvoll, um damit Ohrfeigen zu verteilen (das tut ein Therizinosaurus übrigens auch in einer meiner Traumreise-Geschichten!), aber einen Fleischfresser mit mehreren Tonnen Gewicht damit aufzuspießen wäre für sie wohl doch eine Nummer zu viel gewesen. Ich denke, dass sie bei so einer Gewalteinwirkung gebrochen wären, weil sie nicht wirklich spitz waren. Primär hatten die Krallen nämlich wohl den Zweck, damit Zweige zu angeln und abzubrechen, von denen sich das Tier im Anschluss dann ernährte.
Giganotosaurus (Biosyn)
Giganotosaurus carolinii; Candeleros Formation (Argentinien); vor 98 Ma (Oberkreide)
„Der größte Fleischfresser, den die Erde jemals gesehen hat!“ Halt, bitte mal langsam, Alan. Das wäre nämlich immer noch der Pottwal. Und selbst für die Landraubtiere gäbe es da einige harte Herausforderer. Zunächst einmal aus der eigenen Verwandtschaft: Funde von Mapusaurus, Tyrannotitan und Carcharodontosaurus zeigen, dass diese wenigstens eine ähnliche Größe wie Giganotosaurus erreichen konnte. Auch einige große Spinosauriden dürften ihn zumindest was die schiere Länge anging deutlich übertroffen haben. Und obwohl er lange als „entthront“ galt, hätte auch Tyrannosaurus wieder ein Wörtchen mitzureden. Neueren Studien zufolge war dieser nämlich vielleicht ein paar Zentimeter kürzer, aber deutlich, deutlich massiger. Bei den Theropoden haben wir also wieder das gleiche Ergebnis, wie bei den Sauropoden und den Flugsauriern: Es ist unmöglich zu sagen, wer von ihnen wirklich der größte war!
Was ich aber ganz nett fand: die erste Auseinandersetzung zwischen T. rex und Giganotosaurus endet im Film nun einmal tatsächlich so, wie Tierkämpfe auch wirklich in der freien Natur ablaufen. Einer der beiden Konkurrenten ergreift nach kurzem Geplänkel die Flucht und überlässt die Beute dem Stärkeren. Nur bin ich der festen Überzeugung, dass hier nicht der T. rex, sondern vielmehr Giganotosaurus das Nachsehen gehabt hätte. Die zweite Begegnung ist dann allerdings wieder reines Popcorn-Kino, weil Dino-Gladiatorenkämpfe ja immer so gut ankommen. Ich hätte da am liebsten weggeschaut. Allerdings ist es unsinnig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wer bei einer wirklichen Begegnung der beiden nun wirklich gewonnen hätte. Denn begegnen konnten sich die beiden Tiere nie: sie lebten im Abstand von ganzen 30 Millionen Jahren.
Wer hätte aber denn nun gewonnen?
Seufz. Na gut, stelle ich mich mal dieser Gladiatoren-Frage und versuche sie mal so gut ich kann zu beantworten. Fakt ist jedenfalls, dass die größten Exemplare eines Tyrannosaurus nicht ganz die Körperlänge eines Giganotosaurus erreichten. Von diesem sind derzeit nur zwei Exemplare bekannt: Das relativ vollständige Typusexemplar (MUCPv-CH-1) sowie ein weiterer, isolierter Unterkiefer. Schon das Typusexemplar ist länger als die allermeisten Tyrannosaurus-Exemplare und war geschätzt zwischen 12,4 und 12,5m lang. Von Tyrannosaurus sind dagegen über 50 Exemplare bekannt, und nur zwei davon waren tatsächlich größer. „Sue“ (FMNH PR 2081) misst 12,6m, ihr Kollege „Scotty“ (RSM P2523.8) sogar knapp 13m. Man muss davon ausgehen, dass sogar ein durchschnittlicher Giganotosaurus diese Ausmaße erreichen konnte. Und das zweite gefundene Exemplar wird gemessen an dem gigantischen Kieferknochen gar auf 13,2 oder größer geschätzt.
Trotzdem würde ich mein Geld eher auf den T. rex setzen. Der Schädel eines Tyrannosaurus war nämlich beinahe doppelt so breit und konnte eine erheblich höhere Beißkraft aufbringen. Auch in der Gesamtproportion war ein Tyrannosaurus deutlich massiver, muskulöser und deshalb auch erheblich schwerer. Selbst wenn ein großer Giganotosaurus etwa 7,8 Tonnen Gewicht erreichen konnte, ein wirklich stabiler Tyrannosaurus übertraf ihn um eine ganze Tonne Körpergewicht! Besonders deutlich wird der Größenunterschied zwischen den beiden, wenn man sich das Profil dieser Mega-Theropoden nicht von der Seite ansieht, sondern von oben:
Darstellung
Leider entspricht die Darstellung des Biosyn-Giganotosaurus in kaum einer Weise den tatsächlichen Körperproportionen. Die Kopfform passt überhaupt nicht, die Arme sind viel zu groß (tatsächlich waren sie gar nicht so viel größer wie die eines T. rex!), und auch für den merkwürdigen Schuppenkamm auf dem Rücken gibt es keine wissenschaftlichen Anhaltspunkte. Natürlich ist das alles aber immer noch besser, als ein bloß ausgedachtes Riesen-Hybriden-Viech, weshalb ich hier ein bisschen gnädiger sein möchte. Zu groß ist der Giganotosaurus im Film aber trotzdem.
Dimetrodon (Biosyn)
Dimetrodon limbatus; Waggoner Ranch Formation (Texas); vor 285 Ma (Unterperm)
Ein weiteres Geschöpf aus der Zeit lange vor den Dinosauriern ist Dimetrodon, das Alan, Ellie und Maisie bei ihrer Flucht durch die ehemaligen Bernsteinminen in den Dolomiten auflauert. Gleich mehrere dieser Tiere sind im Film zu sehen, allerdings nur kurz und dann auch noch nur im Schein einer Fackel. Wohlgemerkt: Dimetrodon ist kein Dinosaurier, sondern näher mit den Säugetieren und somit auch mit uns Menschen verwandt als mit T. rex und Co. Ich kann aber leider nicht bestimmen, um welche der insgesamt 14 gültigen Dimetrodon-Arten es sich im Film handelt, und bin hier für den Artikel nun einfach mal von der Typus-Art D. limbatus ausgegangen. Dennoch fällt auch meine Gesamtbewertung bei der Darstellung einigermaßen positiv aus: Das Dimetrodon sieht wirklich ziemlich cool aus.
Kein Höhlenbewohner!
Einem echten Dimetrodon wäre die feuchtkalte Umgebung einer Höhle allerdings bestimmt etwas zu cool gewesen. Dieser Pelycosaurier war nämlich ein wechselwarmer, entfernter Vorfahre der späteren Säugetiere, der im unteren Perm offene Landschaften bewohnte und dort auf die Jagd ging. Als eines der größten Landtiere seiner Zeit hätte ihm die enge Umgebung einer Höhle wohl nicht nur klaustrophobische Anfälle verschafft, es wäre ihm dort auch schlichtweg zu kalt gewesen. Sein ikonisches Rückensegel trug er nämlich nicht ohne Grund: dieses diente sehr wahrscheinlich der Thermoregulation und dazu, Sonnenwärme aufzunehmen bzw. abzugeben. So konnte ein Dimetrodon damit am Morgen früher aktiv werden, bzw. hatte in den extremen Sommern des Perms auch keine Schwierigkeiten, sich vor Überhitzung zu schützen. Man hätte ja viele Urzeittiere in die Höhle packen können, um für ein bisschen Grusel-Atmosphäre zu sorgen, aber doch bitte kein Dimetrodon!
Oviraptor („Kreidezeit“; Extended Cut)
Oviraptor philoceratops; Djadochta Formation (Mongolei), vor 75 Ma (Oberkreide)
Den Oviraptor habe ich im fertigen Film wohl verpasst. Er soll aber drin sein, so wurde er zumindest angekündigt. Vielleicht ist er in einer der hektischen Szenen auf dem Schwarzmarkt zu sehen? Dabei könnte er mir irgendwie entwischt sein, als ich mir nebenher meine Notizen machte. Gut erinnern kann ich mich jedoch noch an seinen Auftritt im grauenhaften Prolog. Und leider ist auch die Erinnerung an ihn keine Gute. Statt ein modernes, diesem Dinosaurier gerecht werdendes Bild zu zeigen, bedient man sich an Vorurteilen und Fehlinterpretationen, die schon seit mehr als 20 Jahren als veraltet gelten.
Halten tun sich solche Falschannahmen allerdings immer lange. Und so muss ich auch heute noch regelmäßig meinen AG-Schülern erklären, dass der Oviraptor genau das Gegenteil von dem war, was sein wissenschaftlicher Name über ihn aussagt. Der bedeutet nämlich auf Deutsch „Eierdieb“. Als man in den 1920ern ein Skelett von ihm mit zertrümmertem Schädel inmitten eines Dinosauriernestes fand, gingen die Forscher davon aus, dass dieser Dinosaurier anderen ihre Eier stahl. Vielleicht hätte ein Protoceratops diesen Dieb auf frischer Tat erwischt und ihn getötet, so war lange Zeit die Meinung der Forscher. Und so nannten sie ihn Oviraptor philoceratops – „Eierdieb, der Ceratopsier liebt“.
Oviraptor – kein Eierdieb!
Als aber in den 1990ern weitere, ganz ähnliche Funde von Citipati und anderen engen Verwandten des Oviraptor gefunden wurden, wurde ein anderes Bild deutlich. So viele Eierdiebe auf einem Haufen, und immer in der gleichen Pose – da muss es doch eine andere Erklärung geben! Und tatsächlich: als man schließlich in einem weiteren Nest auch Embryonen in den Eiern entdeckte, war die Geschichte klar. Die Embryonen gehörten zu einem Oviraptoriden (Citipati). Diese Tiere stahlen also keine Eier, sie brüteten sie voller elterlicher Hingabe aus. Und viele von ihnen gingen für ihre ungeschlüpften Jungen sogar in den Tod!
Wenn der Prolog zu Ein neues Zeitalter im Jahre 2022 einen Oviraptor immer noch beim Eierfressen zeigt, dann bedient man hier ein sehr, sehr altes Dogma und tut diesem Dinosaurier wieder einmal Unrecht. Und zwar diesmal wider besseres Wissen! Außerdem hat der Film-Oviraptor keine asymmetrischen Schwungfedern, wie wir sie von anderen Fossilfunden kennen. Andere Federn sitzen bei ihm an der falschen Stelle. Kopfform und Körperbewegungen passen auch nicht so ganz. Wie man in nur so wenigen Filmsekunden, in denen dieses Tier zu sehen war, so viel falsch machen kann, ist schon beachtlich.
Auftritt im Extended Cut
Wie ich erwartet habe, hat man den Oviraptor aus dem fertigen Film tatsächlich herausgeschnitten. Und das aus gutem Grund. Im Extended Cut, der für die DVD- und Blueray-Fassung Ende Juli 2022 angekündigt und der auch auf Youtube schon veröffentlicht wurde, tritt ein Oviraptor schließlich auf. Tatsächlich in einer der Schwarzmarkt-Szenen kommt er vor und wird dort zu einem „Hahnenkampf“ mit einem Lystrosaurus in die Arena geschickt. Der Oviraptor faucht, zischt, ist aggressiv – und dann wird ihm vom Lystrosaurus lässig der Kopf abgebissen. Um junge Kinobesucher nicht zu verschrecken, muss irgendjemand wohl gesagt haben: „Colin… Du, das ist zu brutal. Das geht im Kino nicht.“ Und er hat drauf gehört. Zum Glück.
Wer die Oviraptor-Szene sehen will, muss zu 5:08 spulen.
Die realitätsgetreuen Darstellungen der Dinosaurier stammen (bis auf Lystrosaurus) alle von dem Paläo-Künstler Cisiopurple.
Der Prolog
Ich möchte aber auch zu dem Prolog noch einige Worte sagen, den wir ja dann am Ende doch nicht im fertigen Film zu sehen bekamen. Aber vielleicht erscheint er ja irgendwann mit auf der Blu-ray oder in einer Extended Version. Schon 2021 konnten ihn einige Zuschauer bei der IMAX-Premiere vom neunten Fast & Furious-Teil sehen. Jetzt ist er immer noch auf YouTube verfügbar. Bevor ich dazu aber noch ein paar Worte sage, schau ihn dir am besten nochmal an:
Zugegeben: Die Bilder, die man in dem Trailer zu sehen bekommt, sind schon gewaltig. Und es gibt sicher viele, die besonders den Prolog großartig finden. Doch mir fällt dazu nur ein Wort ein: scheußlich! Warum mein vernichtendes Urteil? Der Prolog soll angeblich die Welt der „echten“ Dinosaurier in der späten Kreidezeit zeigen. Ein absolutes Novum im Franchise, brüstet sich ein stolzer Colin Trevorrow. Tatsächlich gibt der Prolog die Faktentreue allerdings nur vor. Er lügt uns also an! Und das trotz seiner beeindruckenden Bilder nicht einmal ansatzweise überzeugend, wenn man sich auch nur ein bisschen mit der Erdgeschichte und Dinosauriern befasst hat.
Man sieht wieder einmal, dass es Trevorrow und der Produktionsfirma überhaupt nicht um Authentizität ging, sondern lediglich um Effekthascherei. Liebe Dino-Fans, ich muss euch enttäuschen: ihr bekommt da keinen wirklichen Einblick in die Welt vor 65 Millionen Jahren. Ihr kriegt da ein sahniges Stück Hollywood, von dem ich persönlich aber Bauchschmerzen bekomme.
Vegetation und Landschaftsbild passen nicht ins Mesozoikum!
Gedreht wurde der Prolog auf der ostafrikanischen Insel Socotra. Deren Landschaft ist zwar wunderschön und exotisch, aber schlecht gewählt und keineswegs typisch fürs Mesozoikum. Schon zu Beginn sieht man einige eindrucksvolle Drachenbäume. Die sehen zwar mega cool aus. Ich hatte selbst jahrelang einen als Zimmerpflanze. Sie haben im Erdmittelalter aber (noch) nichts zu suchen und entwickelten sich erst im Paläogen, also als die Dinosaurier bereits ausgestorben waren. Genauso wie das Gras, das wir in einer anderen Einstellung ebenfalls reichlich sehen. Das ist in der Kreidezeit ebenfalls noch nicht in der Form vorhanden gewesen und stand genau wie die Spargelgewächse, zu denen die Drachenbäume zählen, damals noch ganz am Anfang ihrer Entwicklungsgeschichte.
Anachronismen bei den Tieren
Es wäre ja noch fast verzeihlich, wenn es bei der Pflanzenwelt zu Fehlerchen kommt. Aber bei den Dinos, um die es ja primär geht, sind es solche Anachronismen nicht. Trevorrow schmeißt wild alle möglichen kreidezeitlichen Dinos zusammen. Denn obwohl tatsächlich alle gezeigten schon in der Kreidezeit lebten, konnte fast keiner der gezeigten Dinos dem anderen begegnen, da sie zu völlig unterschiedlichen Zeiten in völlig unterschiedlichen Gegenden lebten:
- Dreadnaughtus schrani: Argentinien, vor 76 Ma.
- Quetzalcoatlus northropi: New Mexico, vor 70 Ma.
- Ankylosaurus magniventris: Montana, vor 67 Ma.
- Nasutoceratops titusi: Utah, vor 75 Ma.
- Oviraptor philoceratops: Mongolei, vor 75 Ma.
- Moros intrepidus: Utah, vor 95 Ma.
- Gigantotosaurus carolinii: Argentinien, vor 97 Ma.
- Iguanodon bernissartensis: England, vor 125 Ma.
- Tyrannosaurus rex: Montana, vor 67 Ma.
Tatsächlich waren also nur Tyrannosaurus und Ankylosaurus Zeit- und Lebensraumgenossen. Alle anderen lebten eben noch nicht zu der Zeit, kurz bevor der berühmte Chicxulub-Meteorit der Ära der Dinosaurier ein Ende setzte. Sie starben Millionen Jahre vorher aus, ganz natürlich durch Umweltveränderungen oder andere Ursachen. Zur Zeit von T. rex und Ankylosaurus war jeder andere der gezeigten Tiere bereits lange, in manchen Fällen sogar viele, viele Millionen Jahre lang ausgestorben!
Der unrealistische Kampf
Den Kampf, den wir im Trailer zu sehen kriegen, hätte es also niemals wirklich geben können. Kreidezeit ist halt nicht gleich Kreidezeit! Die beiden Kontrahenten Tyrannosaurus und Giganotosaurus lebten ganze 30 Millionen Jahre voneinander getrennt, und dann noch auf verschiedenen Kontinenten. Und selbst wenn sie sich begegnen hätten können, wäre es mit Sicherheit anders ausgegangen. Erstens gehen sich große Beutegreifer meistens aus dem Weg, und hier gab es ja noch nicht einmal eine frisch erlegte Beute, um die sich ein Kampf vielleicht gelohnt hätte. Zweitens war Giganotosaurus vielleicht ein bisschen länger, aber deutlich schlanker und weniger stark als ein T. rex, der so einen Konkurrenten allein schon durch seine imposante Erscheinung in die Flucht geschlagen hätte. Aber das habe ich ja vorhin schon ausführlich dargelegt.
Eine vertane Chance
Aber wieso lügt uns Trevorrow mit diesem dämlichen Prolog die Hucke voll? Nun, er wollte wohl seine neuen Dinosaurier gleich am Anfang mal zeigen. Aber das ist absolut nicht nötig gewesen! Sie kriegen ja später noch ihre Screentime. Es macht mich wirklich traurig, wie man hier eine wirklich vielversprechende Chance verhunzt hat. Man hätte nämlich ein Spektakel abliefern können, dass auch für Dino-Nerds zufriedenstellend gewesen wäre. Das hätte möglicherweise den ganzen Film… nunja, vielleicht nicht gerettet, aber immerhin aufgewertet. Was hätte ich gefeiert, ein wirklich authentisches Bild der Hell Creek Formation auf der großen Leinwand zu sehen!
Und das wäre noch nicht einmal besonders aufwändig gewesen. Trevorrow hätte gar nicht wild irgendwelche Dinos aus der Kreidezeit zusammensuchen müssen. Denn in Hell Creek gab es alles, was der Trailer gezeigt hat, nämlich auch! Zum Teil sogar noch spektakulärer. Und einige der Hell Creek-Dinos waren in den vorherigen Filmen sogar schon zu sehen!
Was man stattdessen hätte machen sollen
Dreadnoughtus hätte ein Alamosaurus sein können – der war sogar fast gleich groß! Zwar lebte dieser nicht direkt in Hell Creek. Seine Fossilien wurden allerdings auch in Wyoming gefunden, also sind sich Alamosaurus und alle Hell Creek-Tiere sicher trotzdem ab und an mal über den Weg gelaufen.
Eine kleinere, bislang unbenannte Azhdarchiden-Art wie Quetzalcoatlus gab es in Hell Creek auch. Die dort gefundenen Flugsaurier-Fossilien wurden einige Zeit lang sogar einmal unter ebendieser Gattung geführt. Okay, ich gebe es zu: ich meckere auf hohem Niveau. Trotzdem: nach neuestem Forschungsstand hat ein Quetzalcoatlus northropi in Hell Creek nichts zu suchen.
Dafür hatte man in Hell Creek aber mit Triceratops sogar einen weit größeren und obendrein noch viel berühmteren Horndinosaurier als Nasutoceratops. Und Triceratops hat im Film ansonsten viel zu wenig (oder sogar gar keine?) spannende Screentime. Er hätte hier definitiv für mehr Beifall gesorgt – nicht nur bei Dino-Fans!
Statt eines Oviraptors hätte Anzu auftreten können. Dieser bizarre Theropode wird auch „The Giant Chicken from Hell“ genannt. Ob Anzu vielleicht sogar wirklich ab und zu die Eier von anderen Dinos gefressen hat, kann ich euch aber leider nicht sagen. Er war allerdings deutlich größer als Oviraptor.
Moros hätte man zu einem juvenilen T. rex machen können. Hier vergab Trevorrow die Chance, die spannende Ontogenese des Tyrannosaurus auf der Leinwand zu zeigen. Dessen Jungtiere sahen nämlich ganz anders aus als ihre erwachsenen Artgenossen – und tatsächlich beinahe so wie der Moros aus dem Film.
Der angsterfüllte Iguanodon hätte sich in meiner Version in einen Edmontosaurus verwandelt. Auch hier gab es also wieder ein größeres, ebenfalls sehr berühmtes Pendant, dass ohne große Probleme noch so viel besser im Film ausgesehen hätte, wenn sich Trevorrow an die Fakten gehalten hätte.
Der Schlusskampf – Markus‘ Version
Für jeden der im Prolog auftretenden Dinos gab es also wirklich ein passenderes Pendant in Hell Creek. Und nicht nur das: Noch so viele andere Dinosaurier, berühmte und weniger berühmte, hätten hier auftreten können. Pachycephalosaurus, Struthiomimus, Pectinodon oder Dakotaraptor – sie alle hätten das Bild hervorragend abgerundet! Und sicher hätte man auch für einen Kampf einen würdigen Kontrahenten finden können.
Mit einem gereizten Dakotaraptor-Rudel hätte man den besiegten Raptoren im Jurassic Park eine klasse Revanche-Szene liefern können. Oder wieso nicht ein (sogar viel realistischerer!) Kampf gegen einen Pflanzenfresser? Die Herbivoren hatten im Jurassic-Franchise bislang nur wenige starke Szenen. Wenn ein Triceratops oder sogar ein Edmontosaurus mal einen T. rex hätte töten dürfen – was wäre das für eine epische Szene gewesen! Entenschnabeldinosaurier werden immer gern bloß als die Beute eines T. rex dargestellt. Tatsächlich waren es aber große und trotz fehlender Hörner oder Stacheln sehr wehrhafte Pflanzenfresser. Wir wissen nachweislich durch Fosssilfunde (verheilte Bisswunden), dass Edmontosaurus einem T. rex gelegentlich entkam. Und so wie auch ein Löwe auch mal durch ein Zebra, ja sogar durch einen Strauß zu Tode kommen kann, so ist sicher auch in Hell Creek hin und wieder ein Tyrannosaurus von einem Entenschnabelsaurier getötet worden.
Logikloch am Ende, aber immerhin eine nette Hommage
Stattdessen bekommt man aber ein für Trevorrow und Jurassic World so typisches Logikloch serviert: in Das gefallene Königreich war es für Claire und Owen noch ungeheuer schwer, eine Kanüle durch die extrem dicke Haut des T. rex zu stechen und ihm etwas Blut abzuzapfen. Ein Moskito schafft das hier aber ohne Probleme… Seufz.
Das einzig schöne an dem Prolog waren die zahlreichen Verbeugungen vor Steven Spielberg. Sogar eine Referenz an dessen Kumpel George Lucas, den Vater des Star Wars-Universums, ist im Prolog zu entdecken. Wisst ihr, welche ich meine? Sonst sucht gerne mal…
Fazit
Colin Trevorrow hat in Interviews vor der Premiere des Films öfters verlauten lassen, dass dieser Film sich wieder mehr an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren soll. Dass er dies ein leeres Versprechen sein würde, ahnte ich schon nach dem grausamen Prolog und den Trailern. Und nach der Sichtung des Filmes kann ich bestätigen: Ein neues Zeitalter ist aus wissenschaftlicher Sicht genauso großer Blödsinn wie die anderen beiden Jurassic World-Teile. Nur, weil manche der Dinos jetzt ein paar drangeklatschte Federn haben, ist jedes, wirklich jedes der auftretenden Urzeit-Tiere eben nicht nach einem aktuellen Forschungsstand dargestellt und voller Fehler.
Falsch dargestellt sind vor allem wieder Körpergröße und Erscheinungsbild. Aber völlig hanebüchen ist auch das Verhalten der Tiere, das sie im Film an den Tag legen. Ein neues Zeitalter kommt somit definitiv nicht realistischer daher als seine beiden Vorgänger. Mir gefällt der neue Film insgesamt zwar besser als Das gefallene Königreich. Aber trotzdem ist er für mich der zweitschlechteste der gesamten Filmreihe. Er ist kein Science Fiction-Film. Er ist kein Dinosaurier-Film. Und er ist eigentlich auch eher ein schlecht gemachter Bond-Film und kein richtiger Jurassic-Film.
Vorhersehbares Ende und viel zu zahme Bösewichte
Besonders das Ende wirkt absolut übereilt und unlogisch. Der Bösewicht ist kaum präsent während des Films. Er stellt zu keiner Zeit eine wirkliche Bedrohung für die Protagonisten dar. Und Dodgson ist eher unfreiwillig komisch, besonders wenn er einen Wutanfall hat. Vor ihm fürchten kann man sich vor ihm nicht. Er unternimmt ja nicht einmal etwas, als ihm bewusst wird, dass Ramsay Cole ihn verraten hat. Ich hätte da eine ähnlich brutale Szene erwartet wie bei Mills und Lockwood. Dodgson hätte eine Pistole zücken und den Verräter erschießen können. Oder von mir aus auch gerne wieder den Laserpointer. Stattdessen passiert – nichts. Eigentlich spielt es noch nicht einmal eine Rolle, dass Dodgson am Ende des Filmes sterben muss. „Dodgson! Wir haben Dodgson hier! Keine Sau interessiert sich dafür!“ ist ein Zitat aus Jurassic Park, aber es passt hier zu diesem Film noch so viel besser.
Dass Alan und Ellie am Ende wieder ein Paar werden, war von ihrem ersten Filmdialog an schon wieder klar. Dass Blue ihr Kind wiederkriegt, und auch für Maisie und ihre Adoptiveltern alles wieder gut wird, irgendwie auch. Wir erleben nicht einen einzigen tragischen Moment. Immerhin muss nicht wieder ein Sauropode sterben, damit uns als Kinozuschauer mal eine Emotion rührt. Nicht, dass ich mir das wirklich gewünscht hätte – aber es hätte dem Film wirklich gut getan, wenn wenigstens ein sympathischer Charakter darin gestorben wäre. Ich kann mich eigentlich außer vielleicht bei Dodgson an kaum einen Tod erinnern, weil wir zu keinem der anderen getöteten CIA-Leute oder den Schwarzmarkt-Typen irgendeine Bindung hatten – sogar noch weniger als zu Mills, Wheatley oder Eversol aus dem letzten Teil.
Schlusswort
Ich bin wirklich froh, dass es jetzt endlich vorbei ist. Und nach dieser für mich mehr als nur enttäuschenden Jurassic World – Trilogie, auf die ich wirklich komplett hätte verzichten können, kann ich nur hoffen, dass nie wieder ein Jurassic-Film gedreht wird. Michael Crichton hat sich sicher bei jedem der nach seinem Tod (2008) erschienenen Filme im Grab umgedreht.
Die Bilder von den realistischen Dinosauriern habe ich übrigens beim Paläo-Künstler Cisiopurple gefunden.
Folgende Artikel sind in der Reihe zu den Jurassic Park-Filmen noch erschienen:
![]() |
1) Jurassic Park: Kann man Dinosaurier klonen?
3) Vergessene Welt – Jurassic Park (1997) 6) Jurassic World – Das gefallene Königreich (2018) 7) Jurassic World – Ein neues Zeitalter (2022) |
Hat dir dieser Artikel gefallen?
Noch mehr spannenden Lesestoff findest du auch in meinen Büchern:
Anzeige |
Die Weißen Steine Band I – Neue Alte WeltErlebe ein spannendes Dino-Abenteuer! Der erste Teil eines Überlebenskampfes. Dort werden Jugendliche der „Generation Handy“ in einer erbarmungslosen Urzeit-Welt an ihre Grenzen gebracht. Erhältlich als Taschenbuch, als hochwertige Hardcover-Ausgabe und auch als E-Book. |
Anzeige |
Die Weißen Steine Band II – Blut der SonneErlebe noch ein weiteres spannendes Dino-Abenteuer mit dem zweiten Teil meiner Urzeit-Reihe! Dort wirst du wieder direkt in die Kreidezeit entführt, in der mächtige Kreaturen die Welt beherrschen. Erhältlich als Taschenbuch, als hochwertige Hardcover-Ausgabe und auch als E-Book. |
Anzeige |
Mein Traumhaftes Dinosaurierbuch
|
Anzeige |
Traumreise für Kinder in die Welt der DinosaurierFantasiereisen für Kinder in die Welt der Dinosaurier zur Förderung von Entspannung und Achtsamkeit. Lass dich dort von unseren liebenswürdigen Dinosauriern in ihren Bann ziehen. Hilf der kleinen Therizinosaurus-Dame Theresa dabei, die gemeinen Tarbosaurier in die Flucht zu schlagen. Dreh dabei eine Runde durch die Urzeit-Wälder des kleinen „Drachen“ Jackie. Oder lass dich dort von der wunderschönen Unterwasserwelt von Tanystropheus Tanja verzaubern. Die zahlreichen zauberhaften Illustrationen im Buch helfen Kindern dabei, das Kopfkino der Traumreise mit Leben zu füllen. Erhältlich als Taschenbuch und auch als E-Book. |
Wie kann ich Die Weißen Steine sonst noch unterstützen?
Klar, in erster Linie natürlich, indem du dir das Buch kauft! Aber wenn du gerade nicht die Zeit oder das Geld hast, mein Buch zu lesen, kannst du mir trotzdem helfen! Folge meiner Seite weiter so lieb, wie du es schon tust, und teilt meine Beiträge mit deinen Freunden auf Facebook, Instagram oder gern auch anderen sozialen Medien. Ein „Teilen“ kostet nicht viel Zeit. Und bestimmt gibt es in deiner Freundesliste auch den einen oder anderen, der sich für Dinos oder Abenteuerbücher interessiert. Also erzähle es einfach weiter!
- Teile diesen Beitrag!
- Schreibe mir eine nette Rezension auf Amazon!
- Kaufe hier auf der Website über Affiliate Links ein! (Ich kriege auch eine kleine Unterstützung, wenn du etwas völlig anderes kaufst, es muss nicht unbedingt der hier beworbene Artikel sein!)
Vielen Dank für jede Unterstützung!
Dein Markus Peter Kretschmer
Ein unglaublich guter Artikel!
Ich finde es jammerschade, dass so ein Film einem weltweiten Publikum präsentiert wird und dieses Publikum zum Großteil davon ausgeht, dass die ihm präsentierten Sachverhalte wissenschaftlichen Wahrheiten entsprechen.
Selbst im Nachhinein könnte man die Lügen, die in dem Film erzählt werden, entschärfen, indem man vielleicht so etwas wie ein Special veröffentlicht, indem die fehlerhaften Darstellungen den wissenschaftlichen Fakten gegenübergestellt werden.
So bleibt diese Aufgabe nur den „echten“ Dino-Fans vorbehalten und man kann nur hoffen, dass sich Artikel wie dieser so weit wie möglich verbreiten.
Ansonsten muss man wohl leider einsehen, dass der Gang ins Kino nicht dafür geeignet ist, sich Wissen anzueignen. Dafür gibt es aber immerhin noch tolle Dokumentationen á la „PrehistoricPlanet“.
Danke für diesen Fakten-Check, genau wie für die vorherigen!
Vielen Dank für das nette Feedback! 🙂
Man muss den Jurassic-Filmen allerdings immer noch zugute halten, dass sie trotz ihrer falschen Darstellung der Urzeittiere immerhin die Begeisterung für Dinosaurier und die Urzeit wecken, bei kleinen wie großen Kinobesuchern. Wer begeistert ist, wird noch begeisterter sein, wenn er dann herausfindet, dass die echten Dinoaurier sogar noch viel spannender waren, und wird sich tatsächlich mehr in die Materie einlesen. Wer darüber enttäuscht ist, der kann dann immer noch Marvel- oder Godzilla-Filme gucken – oder sich die Jurassic-DVDs holen. Es ist eben alles ein Geschäft, und Dinos werden dafür schon seit über 100 Jahren eingespannt.