Ich bin in letzter Zeit immer enttäuschter von der miserablen journalistischen Arbeit in allen möglichen Online- und auch Printmedien, wenn es um urzeitliche Themen geht. Immer wieder muss ich – und das sogar als Laie! – mit dem Kopf schütteln, wenn ich schlecht recherchierte, aus dem Kontext gerissene oder einfach nur reißerische Sommerloch-Schlagzeilen mit noch abstruserem Inhalt lesen muss. Allerdings bin ich es leid, mich darüber zu ärgern. Deshalb mache ich da jetzt einfach Satire draus, dann kann man wenigstens darüber lachen. Herzlich willkommen also zu meiner neuen Serie: Die schlechtesten Urzeit-Nachrichten aller Zeiten!
Darin werde ich alle deutschen Pressemitteilungen zu prähistorischen Themen verlinken, die durch irreführende Sensationsschlagzeilen und reißerische Inhalte das öffentliche Bild über die Urzeit verfälschen und damit zur weiteren Verblödung der Jurassic-World-Generation beitragen. Und natürlich stelle ich den Mist dann auch mal richtig.
Ja, mir ist bewusst, dass ich dafür nur noch mehr Klicks für diese Seiten und ihren Blödsinn generiere. Aber wenn die Redaktionen es so dringend nötig haben, dann bitte… Da muss man schon ein bisschen Mitleid mit ihnen haben. Und vielleicht bessert ein bisschen mehr Aufmerksamkeit plus Werbeeinnahmen ja in Zukunft auch deren Qualität.
Du darfst mir gerne dabei helfen! Schick mir gerne auch dein perönliches Nachrichten-Material, bei dem du Schluckauf bekommst. Es gibt da draußen so vielen journalistischen Urzeit-Müll, der eine Aufnahme in meine Hall of Shame verdient!
Merkur, vom
„Tiergattung kann groß wie ein Kampfjet werden: Forscherin schwärmt von Jahrhundertfund“
Den Anfang macht heute eine Meldung aus dem Merkur. Dem Redakteur sollte man mal einen ordentlichen Anpfiff verpassen und ihm seine Kaffeedosis drosseln. Dann passieren ihm vielleicht auch weniger Grammatikfehler. Aber vielleicht hat es dieses Blatt auch einfach nur nötig, solche dummen Clickbait-Schlagzeilen zu verwenden. Dann verdient es natürlich mein Mitleid.
Wie wäre es mal mit einem Titel, der wahrheitsgemäß und trotzdem neugierig machend ist? „Größter bekannter Flugsaurier aus dem Jura entdeckt!“ reicht völlig aus, und jeder Dino- und Urzeit-Fan wird dann auch bestimmt auf eure Seite klicken, versprochen!
Und lasst doch mal diesen Scheiß mit dem „Jahrhundertfund“ und den Kampfjets weg. Erstens ist ja dank Schlagzeilen wie dieser heute wirklich schon beinahe jede paläontologische Entdeckung ein Jahrhundertfund. Zweitens lebten die kampfjetgroßen Riesen-Flugsaurier erst viel später in der oberen Kreidezeit und waren damit tatsächlich an uns Menschen im 21. Jahrhundert näher dran als an dem neuen Flugsaurier aus dem Jura! Und sie gehörten obendrein zu einer ganz anderen Familie.
Natürlich habe ich mich mit dem gleichen Thema auch in meinen Paläo-News befasst. Was es mit Dearc sgiathanach, dem besagten Flugsaurier aus dem Artikel, wirklich auf sich hat, erfährst du hier. Einfach ein bisschen scrollen.
Bild, vom 12.05.2022
„Schwäbin findet ersten schwangeren Dino“
Kaum zu glauben, aber auch Deutschlands größte Tageszeitung kann offenbar nicht richtig recherchieren. An dem Bild-Artikel ist zwar nicht alles komplett reißerisch und an den Haaren herbeigezogen, aber er suggeriert so viel Falsches und Ungerechtes, dass es wirklich wehtut.
Ichthyosaurier sind KEINE Dinos!
Sie gehörten einer ganz anderen Entwicklungslinie an und waren mit den Dinosauriern noch deutlich weniger eng verwandt als wir Menschen(affen) mit Schnabeltieren. Das gefundene Exemplar gehört auch nicht zur Gattung Ichthyosaurus, sondern ist ein bislang noch unbestimmter Ichthyosaurier. Kann man mal verwechseln, ist aber blöd: zu was für einer Gattung ein gerade erst gefundenes Exemplar gehört, lässt sich erst nach einer phylogenetischen Analyse sagen.
Natürlich haben ausgebildete Paläontologen zwar schon am Fundort eine ungefähre Ahnung, um was es sich handeln könnte, über die würden sie in der Zeitung aber solange das noch nicht gklasklar ist kein Wort verlieren. Dieses Wort wurde der Forscherin hier also in den Mund gelegt. Schwangere Ichthyosaurier zu finden gelang Forschern übrigens schon im 19. Jahrhundert. Das ist absolut nichts Neues, lediglich in der Gegend um den Tyndall-Gletscher ist dieser Fund bislang der erste. Was mich aber noch weitaus mehr stört:
Der Artikel wird dem Forschungsteam und seinen Frauen absolut nicht gerecht!
Auch dass der Fund allein von der Stuttgarter Wissenschaftlerin gemacht wurde, ist nämlich Unsinn. Sie gehörte zu einem internationalen Forschungsteam, dass auch nicht von ihr, sondern von Judith Pardo-Pérez von der University of Magallanes geleitet wurde. Diese Forscherin, übrigens die erste Frau, die eine so große Expedition in diesem Teil der Welt leitete, wird ungerechterweise unter einem Foro mit „Fiona“ bloß als „Expeditionsteilnehmerin“ bezeichnet!
Das Fossil von Fiona wurde an der Fundstelle auch nicht von Erin Maxwell, sondern von ihren Kollegen Jonatan Kaluza von der Fundación de Historia Natural Félix de Azara and CONICET (Argentina) und Héctor Ortiz von der Universidad de Chile freigelegt.
Die heute am Naturkundemuseum Stuttgart arbeitende Erin Maxwell hingegen lebt zwar schon seit 12 Jahren vor allem in Stuttgart, ist allerdings keine Schwäbin, sondern gebürtige Kanadierin. Komisch, da hätte man bei dem Namen ja schon irgendwie drauf kommen können…
Da zu dem Thema bislang noch keine Studie erschienen ist, habe ich hier lediglich einen Kurzartikel geschrieben. Aber der war wenigstens objektiv und fair!
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 28.07.2021
„230 Millionen Jahre alter Dino-Kiefer in Steinbruch entdeckt“
Ja, die FAZ bringt auch gerne mal puren Blödsinn. In diesem Beitrag über den Fund eines Mastodonsaurus verstecken sich so viele Detailfehler, dass man den Redakteuer am liebsten nochmal auf die Ausbildungsbank schicken möchte. Kann ihm bitte einmal jemand nur mal kurz die Basics erklären, wie man heutzutage recherchiert? In Zeiten von Google und Wikipedia kann es doch nicht so schwer sein, wenigstens die grundlegendsten Daten und Fakten einmal kurz nachzuschlagen, bevor man sich wild so einen Quatsch zusammenschustert. Das kriegen schon meine Fünftklässler besser hin – erheblich besser!
Mastodonsaurus war natürlich kein Dinosaurier und auch kein Krokodil. Er ähnerlte auch nicht nur einem Urzeit-Lurch, sondern er war einer! Genau das und nichts anderes! Und er war zwar wirklich einer der größten semiaquatischen Landraubtiere der mittleren Trias, trotzdem ist die Entdeckung in Unterfranken jetzt nicht gleich wieder ein Sensationsfund. Cool ja, wirklich großartig schon, aber in Deutschland wurden schon mehrere Exemplare dieses Tiers gefunden. Wenn man in Bayern in Schichten aus der richtigen Epoche gräbt, ist so ein Fund also durchaus einer, mit dem man rechnen muss. Sogar beim Permalink hat der Redakteur gepatzt und die Story in der Sparte „Archäologie“ eingeordnet. Ein paläontologisches Thema hat dort aber natürlich nichts zu suchen.
MSN vom 29.07.2022
„Das Ungeheuer von Loch Ness könnte ein Dinosaurier gewesen sein“

Und wieder mal eine wirklich ausgesprochen schlechte Nachricht. Keine Angst, ist nur wieder mal ein saublöd recherchierter Video-Beitrag über die kürzliche Erkenntnis, dass es auch Süßwasser-Plesiosaurier gab. Ich muss die einzelnen Textzeilen hier nun wirklich einzeln durchgehen, weil da so viel Quatsch steht:
„Das Ungeheuer von Loch Ness könnte ein Dinosaurier gewesen sein.“
Waaas? „Könnte gewesen sein“? Perfektform? Dann gibt’s Nessie also gar nicht mehr?
„Das Ungeheuer von Loch Ness könnte ein Süßwasserdinosaurier gewesen sein.“
MSN richtet sich offenbar vor allem an Alzheimer-Patienten. Den gleichen Satz direkt nochmal wiederholen, nur mit einem Wort mehr. Damit man ja nichts vergisst.
„Fossilien kleiner Pleisiosaurier – langhalsige Reptilien, die zur Zeit der Dinosaurier lebten – wurden in einem 100 Millionen Jahre alten Flusssystem in der heutigen Sahara-Wüste ausgegraben.“
Das ist die eigentliche Nachrichtenmeldung. Und die ist vollkommen korrekt! Bei Plesiosauriern handelt es sich eben nicht um Dinosaurier. Somit habe ich die Vermutung, dass der nicht besonders sorgfältige Redakteuer diesen „Mittelteil“ wahrscheinlich von einer seriöseren Quelle abgeschrieben hat.
„Der Experte Dr. Nick Longrich, der die neue Studie an der University of Bath leitete, hat herausgefunden, dass die Plesiosaurier im schottischen Loch Ness zusammen mit Kreaturen wie Fröschen, Fischen und Schildkröten leben konnten.“
Nein. Nicht Nick Longrich hat die Studie geleitet, Lead-Autorin war Georgina Bunker. Und am Loch Ness hat das Team überhaupt nicht geforscht, sondern an Fossilien und Sedimenten aus Marokko.
„Biologisch gesehen könnte es funktionieren. Er sagte:“
Nicht mal richtig die Textzeilen setzen kann der Redakteur. Zu viel Kaffee? Zu wenig?
„Plesiosaurier wurden im Süßwasser gefunden, also könnte man sie theoretisch auch in einem See finden. Er fügte hinzz:“
Hinzz (!) und Kunzz können also heute schon in Online-Redaktionen arbeiten. Und man erkennt deutlich, dass die Generation „Schreiben lernen nach Gehör“ nun endlich im Berufsleben angekommen ist.
„Dr. Longrich meint jedoch, dass Beweise dafür, dass der letzte Plesiosaurier vor 66 Millionen Jahren getötet wurde, die Verbindung zu Loch Ness widerlegen könnten.“
Skandal! Wer war der Mörder? Und wenn der Experte dir so einen Abschluss-Satz gibt, wieso schreibste dann überhaupt einen Artikel mit einer Verbindung zu Loch Ness?
„Aber die Fossilien deuten darauf hin, dass ein Asteroid die letzten Plesiosaurier vor 66 Millionen Jahren getötet hat. Vielleicht funktioniert es also nicht. Er sagte:“
Nochmal für die Alzheimer-Kranken. Hätte man stilistisch aber dem vorherigen Textzug vorziehen können. Sonst glauben auch die Gesunden, sie hätten Alzheimer. Oder irgendwas verpasst. In jedem Fall tut aber auch die schlechte Qualität eines Textes, der offensichtlich von Google übersetzt wurde, schon weh genug. Nicht zu vergessen die grauenhafte Auswahl von völlig veralteten Bildern. Ich hoffe, die waren wenigstens gemeinfrei.
Die Hintergründe zum Beitrag
In den Medien wird die Studie von Bunker et al. inzwischen schon oft – fast immer! – in Bezug zu „Nessie“, dem Seeungeheuer von Loch Ness gesetzt. Dass die Existenz von Nessie durch diese Studie aber wahrscheinlicher werden würde, ist totaler Unsinn.
Erstens ist es schon seit über 100 Jahren bekannt, dass Plesiosaurier auch in nichtmarinen Ökosystemen vorkamen. Loch Ness wurde außerdem mithilfe von Sonar, mit DNS-Analysen und vielen anderen zuverlässigen Methoden bereits mehrfach untersucht und keinerlei Anzeichen für die Existenz eines großen, bislang unbekannten Tieres gefunden. Plesiosaurier waren Lungenatmer, sodass man die „Ungeheuer“ im Loch Ness eigentlich ständig an der Oberfläche sehen müsste. Auch Kadaver sind bislang noch nicht am Seeufer aufgetaucht, oder Kotreste, die eine Existenz einer Population von Plesiosauriern dort belegen würden. Und nicht zuletzt gibt es seit ihrem letztmaligen fossilen Beleg vor 66 Ma keine einzige Fossilüberlieferung mehr – und der Loch Ness ist bei weitem nicht so alt. Nicht zuletzt war er während der vielen Eiszeiten völlig überfroren und deshalb ein denkbar schlechtes Refugium für Meeresreptilien.
All diese Argumente sprechen gegen die Existenz von Nessie – und sie können durch einen fossilen Nachweis von 100 Ma alten Süßwasser-Plesiosauriern nicht entkräftet werden. In der Studie ist von Loch Ness außerdem nicht ein einziges Mal die Rede. Die Forscher werden lediglich von den Medien immer wieder drauf angesprochen – um typisch reißerische Sommerloch-Beiträge zu schreiben. Dieser hier war einer der übelsten. Aber leider bei weitem nicht der einzige.
So, das war’s erstmal.
Weitere schlechte Nachrichten folgen sicherlich in Kürze.
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