„Vor 65 Millionen Jahren starben alle Dinosaurier bei einem Massenaussterben aus, als ein riesiger Meteor auf der Erde einschlug, dabei den Golf von Mexiko erzeugte und die Eiszeit auslöste.“
Dieser Satz dürfte jeden Dinosaurier- und Wissenschafts-Nerd so einige Stoßseufzer entlocken. Denn was für den Laien beim ersten Drüberlesen eigentlich ganz richtig klingt, ist es eben nicht. Und wahrscheinlich kursieren über kaum ein erdgeschichtliches Ereignis so viele Halbwahrheiten und Falschinformationen wie über den Chicxulub-Impakt (Einschlag) am Übergang von der Kreidezeit zum Paläogen (K-Pg-Grenze). Es ist ja wahrscheinlich auch das berühmteste.
Aber: es fand weder vor 65 Millionen Jahren statt, noch tötete es alle Dinosaurier, es war auch kein Meteor, den Golf von Mexiko gab es schon lange vorher und die Eiszeit erst viel, viel später. Es ist also wieder dringend Zeit für einen Artikel, um diese ganzen Falschannahmen einmal richtig zu stellen. Schauen wir uns also einmal den aktuellen Stand der Wissenschaft an und was die Forscher über dieses Ereignis schon so alles herausgefunden haben. Und das ist eine ganze Menge!
Diese Artikelreihe ist auch als Video verfügbar. Vielen Dank an Michael Kubi (Internet-Evoluzzer) für seine großartige Arbeit!
Massenaussterben
In diesem ersten Artikel befassen wir uns zunächst einmal mit der Definition, was ein Massenaussterben eigentlich ist. Wie läuft so ein Ereignis ab? Wie viele solcher Ereignisse gab es im Laufe der Erdgeschichte? Und was sind dafür die konkreten Ursachen?
Was ist eigentlich ein Massenaussterben? Ganz genau ist dieser Begriff nämlich gar nicht definiert. Er besagt nur, dass in einem geologisch recht kurzen Zeitraum eine deutliche Masse an Tier- oder auch Pflanzenspezies aus dem Fossilbericht verschwinden. Man kann also davon ausgehen, dass sie infolge einer drastischen Zäsur plötzlich und gemeinsam ausgestorben sind, was auf einen oder mehrere schlimme Umweltkatastrophen hindeutet. Im Laufe der Erdgeschichte gab es viele solcher Massenaussterbe-Ereignisse. Einige davon waren so verheerend, dass 70% oder auch mehr Arten, die zu diesem Zeitpunkt auf der Erde lebten, dabei verschwanden. Hier dient das Aussterbe-Ereignis am Ende der Kreidezeit also vielen Forschern als Definitionspunkt. Es gab im Laufe der Geschichte des sichtbaren Lebens auf der Erde nämlich noch vier weitere ähnliche Ereignisse, die mindestens genauso schlimm oder sogar noch sehr viel schlimmer waren.

Die „Big Five“: Die größten Massenaussterben des Phanerozoikums
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Die Hirnantische EiszeitWann? Vor 450 – 440 Ma (spätes Ordovizium, frühes Silur). Opfer: Brachiopoden, Moostierchen, Muscheln, Stachelhäuter und Korallen. Artenverlust: ca. 80%. Ursachen: Vulkanismus, Eiszeit, schwankender Meeresspiegel; vielleicht ein Gammablitz. |
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Das Kellwasser- und Hangenberg-EreignisWann? Vor 372 – 359 Ma (spätes Devon). Opfer: Trilobiten, Stromatoporen, Brachiopoden und Panzerfische. Artenverlust: ca. 75%. Ursachen: Vulkanismus, Klimawandel, anoxisches Ereignis. |
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Das große SterbenWann? Vor 260 – 252 Ma (spätes Perm / frühe Trias). Opfer: In allen Tiergruppen. Viele sterben komplett aus, z.B. Trilobiten. Artenverlust: ca. 90%. Ursachen: Extremer Vulkanismus, Sauerstoffeinbruch, vielleicht auch Asteroideneinschlag. |
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Die Dinosaurier-RevolutionWann? Vor 201 – 199 Ma (späte Trias bis früher Jura). Opfer: Therapsiden, Archosaurier, viele Meereslebewesen. Artenverlust: ca. 75%. Ursachen: Extremer Vulkanismus, auseinanderbrechende Kontinente, Klimawandel, anoxisches Ereignis. |
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Die Katastrophe von ChicxulubWann? Vor 66 Ma (späte Kreidezeit; frühes Paläogen) Opfer: Nichtvogel-Dinosaurier, Meeresreptilien, Flugsaurier, Ammoniten und viele andere. Artenverlust: ca. 70%. Ursachen: Einschlag eines mindestens 10km großen Meteoriten. |
Falsche Vorstellungen
Viele Menschen verstehen den Begriff „plötzlich“ allerdings vollkommen falsch. Jedes dieser Massenaussterbeereignisse hat sich nämlich nicht über Nacht, oder auch nur in wenigen Jahren zugetragen. Fast alle erstreckten sich um wenigstens einige Jahrhunderttausende, wenn nicht sogar mehrere Millionen Jahre. Bei einigen, wie z.B. im Perm oder Devon, dürften sogar mehrere voneinander unabhängige Ereignisse in ein Massenaussterben gemündet haben, oder dass während der Erholungsphase von dem einen gleich das nächste Aussterbe-Ereignis begann. So kann man die Aussterbewellen zwar irgendwie schon zusammenfassen, aber eigentlich waren es oft sogar mehrere einzelne, die dann gesamt betrachtet in einem langen Zeitraum einen ungeheuren Rückgang der Arten bewirkt haben.
Ursachen von Massenaussterben
Die Ursachen dieser Massenaussterben sind vielfältig, und bei vielen Ereignissen auch noch längst nicht abschließend geklärt. Es stand auch nicht immer eine große, plötzliche Katastrophe am Anfang, die dann eine Kettenreaktion auslöste. Meistens waren es mehrere, sich gegenseitig verstärkende Faktoren, die das Klima, die Atmosphäre oder die Vegetation bzw. die Zusammensetzung des Planktons in den Ozeanen so rasch veränderten, dass sich auf die Schnelle viele Arten nicht an diese gewaltigen Umbrüche anpassen konnten und somit ausstarben. Die meisten Massenaussterben dürften also auf rein irdische Faktoren zurückzuführen sein, hier vor allem Vulkanismus und Plattentektonik.
Plattentektonik
Die ständige Verschiebung der Kontinente führt immer wieder zu drastischen Veränderungen auf der ganzen Erde. Stoßen zwei Kontinentalplatten aneinander, schließen sich Meeresstraßen. Es kommt dadurch zu einer plötzlichen Störung der warmen und kalten Strömungen in den Ozeanen, also der „Zentralheizung“ unseres Planeten. Auch die Auffaltung von Gebirgen kann Luftströmungen behindern, die Erosion wieder neue Stromrichtungen möglich machen. Auf diese Weise entwickeln sich Kalt- und Warmzeiten.

Auch wenn sich durch tektonische Bewegungen eine große Landmasse über einen der beiden Achsenpole der Erde schiebt, entwickelt sich meist ein neues Eiszeitalter. Die zirkumpolare Meeresströmung, also rings um einen Pol herum, sorgt dann für eine extreme Abkühlung. In Eiszeitaltern wechseln sich Kalt- und Warmzeiten in rascher Folge ab, was Umweltveränderungen vorantreibt. Besonders das schnelle Ansteigen und wieder Abfallen des Meeresspiegels erhöht zusehends den Selektionsdruck auf die Tier- und Pflanzenwelt. Hierbei werden Riffe zerstört, Flachland wird überflutet und fällt dann wieder trocken, Wald- und Buschland wechseln sich ständig in den entsprechenden Regionen ab und ganze Klimazonen verändern ihre Lage. Und das führt dann nicht selten zu Massenaussterben.
Vulkanismus
Vulkanische Aktivität, ebenfalls hervorgerufen durch die Plattentektonik, kann ebenfalls die Entwicklung eines Massenaussterbens begünstigen. Damit ist nicht nur der Ausbruch eines Supervulkans gemeint. Doch solche punktuellen Ereignisse haben in der Vergangenheit häufig für extreme Umweltveränderungen gesorgt, die meist mindestens ebenso schwer ins Gewicht fielen wie der Einschlag eines großen Himmelskörpers. Vulkanismus ist aber auch ohne Extrem-Eruptionen ein ständiger Begleiter von Massenaussterben gewesen. Schließlich ist er der natürliche Hauptfaktor für den CO2-Gehalt in der Atmosphäre, und viele weitere Klimagase. Diese Gase aus dem Erdinneren verhindern, dass die Sonnenwärme von der Erdoberfläche wieder zurück in den Weltraum abstrahlen kann, genau wie das Glasdach eines Treibhauses. Deshalb spricht man hier auch vom Treibhauseffekt.
Stoßen durch tektonische Prozesse zwei Kontinentalplatten aneinander, so bilden sich an den Rändern oft Gebirge mit aktiven Vulkanen. Je nachdem, ob wir uns in einer Phase mit viel oder wenig Vulkanaktivität befinden, schwankt der Treibhauseffekt und damit das Klima auf der Erde. In der Folge verschieben sich auch ständig die Klima- und Vegetationszonen, was natürlich erhebliche Auswirkung auf alle in den betroffenen Regionen lebenden Organismen hat – und sehr oft sogar global. Vulkane geben häufig auch giftige Stoffe wie Schwermetalle oder Quecksilber in den Wasserkreislauf ab, was dann besonders für Wasserbewohner zum Problem werden kann. Ganze Küstenabschnitte und sogar weite Teile der Hochsee können durch vulkanischen Einfluss übersäuern, ihren Sauerstoff verlieren und sich dadurch in lebensfeindliche Regionen verwandeln, wo nicht einmal Bakterien überleben können. Durch solche anoxischen Ereignisse können ganze Nahrungsketten zusammenbrechen – und entsprechend auch ein Massenaussterben auftreten.
Punktuelle Aussterbeereignisse
Punktuelle Ereignisse, wie das plötzliche Ausbrechen eines Supervulkans, oder auch kosmische Katastrophen wie ein Gammablitz oder auch der Einschlag eines riesigen Meteoriten, sind dagegen extrem selten. Doch sie wirken umso verheerender. Denn sie setzen eine ganze Kettenreaktion weiterer verheerender Umweltkatastrophen in Gang, deren Folgen noch Jahrmillionen nach dem auslösenden Ereignis spürbar sind. Punktuelle Ereignisse führen dann sehr plötzlich zu einem drastischen Artenrückgang, der sich aber auch über einen sehr langen Zeitraum hinzieht.

Das Massenaussterben am Ende der Kreidezeit
Auch wenn der Meteoriteneinschlag am Ende der Kreidezeit natürlich auch ein punktuelles Ereignis war, und auch wenn sich die meisten der Katastrophen, die wir aus drastischen Darstellungen in vielen Dokumentationen und Spielfilmen kennen, schon an nur einem einzigen Tag bzw. in den darauffolgenden Tagen, Wochen und Monaten ereigneten, so hat das anschließende Massensterben mehrere Jahrtausende gedauert. Noch Jahrhunderte nach dieser Katastrophe, als längst die Sonne wieder schien, die Ozeane wieder halbwegs sauber und sogar die Wälder einigermaßen nachgewachsen waren, haben Dinosaurier noch immer auf der Erde gelebt!
Hunderte von Dinosaurier-Generationen haben während der Zeit, die wir dann eigentlich schon Paläogen nennen müssen, noch fortexistiert. Sie haben in einer völlig havarierten Welt immer noch nach Nahrung gesucht, einen Partner gefunden, Nester gebaut und ihre Jungen großgezogen, ohne dass sie sich an das, was ihre Vorfahren nicht allzu lange davor an Schrecken erlebt haben, zu erinnern. Massenaussterben heißt nämlich nicht, dass eine Masse an Tieren in ein paar Wochen mal einfach so tot ist. Aussterben bedeutet, dass wirklich jedes Individuum einer gesamten Spezies ausgelöscht sein muss. Und das ist gar nicht so einfach hinzukriegen. Es gibt nämlich selbst bei den schlimmsten Naturkatastrophen immer wenigstens ein paar Überlebende.

Ein plötzliches, doch viele Jahrtausende dauerndes Ende!
Vielleicht verschwanden an dem schicksalhaften Tag am Ende der Kreidezeit tatsächlich schon einige Dutzend Arten urplötzlich, die in unmittelbarer Nähe zum Einschlagsort (und nur dort!) vorkamen. Aber die meisten der zum Aussterben verdammten Spezies hatten nach dem Schicksalstag noch eine lange, sehr lange Durststrecke vor sich, bis sie schließlich für immer verschwinden sollten. Der Nahrungsmangel, die drastischen Umweltveränderungen (über Jahrhunderte!) und auch die genetische Verarmung haben dann die meisten Dinosaurier, aber auch viele weitere Tiergruppen allmählich dezimiert. Die meisten von ihnen sind wahrscheinlich erst viele Jahrtausende, oder sogar Jahrhunderttausende nach dem Einschlag endgültig ausgestorben. In geologischen Maßstäben ist das aber trotzdem ungeheuer plötzlich!
Wie die Forscher herausgefunden haben, was sich vor 66 Ma eigentlich ereignete, und wie der Schicksalstag der Dinosaurier im Detail ablief, erfährst du in den nächsten Artikeln!
Die übrigen Artikel aus meiner Artikelreihe Die Katastrophe von Chicxulub:
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01 – Phänomen Massenaussterben
03 – Der Schicksalstag der Dinosaurier |
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