Ein wunderbarer Spätfrühlingstag in der Kreidezeit. Fast überall auf dem Planeten sind die Temperaturen auf über 20°C geklettert. In manchen Teilen der Welt ist es heute sonnig, in vielen anderen Regionen regnet es – so wie eigentlich immer. Sanft schlagen die Wellen an die Gestade der zerklüfteten Kreidefelsen der Küste von Nordamerika, einer Gegend, die viele Jahrmillionen später einmal Hell Creek Formation genannt werden wird. Und genau hier werden Menschen einmal die Spuren eines der grauenvollsten Ereignisse der Erdgeschichte finden. Spuren von einem Tag der Vernichtung. Spuren vom Schicksalstag der Dinosaurier, der heute angebrochen ist.
Abgeleitet von den Fossilfunden aus der Tanis-Fundstelle, aber auch aus den Bohrkernuntersuchungen aus dem Chicxulub-Krater können Forscher heute diesen Schicksalstag im Detail nacherzählen. Die dramatischen Ereignisse, spektakulärer als in (fast) jedem Blockbuster, die zum Untergang der Dinosaurier führten, sind heute besser verstanden als jedes andere erdgeschichtliche Ereignis. Wie die Welt vor dem Einschlag eines riesigen Meteoriten genau aussah, wie und wo sich der Einschlag ereignete, und was seine konkreten Folgen waren, möchte ich in diesem Artikel im Detail nacherzählen.
Diese Artikelreihe ist auch als Video verfügbar. Vielen Dank an Michael Kubi (Internet-Evoluzzer) für seine großartige Arbeit!
Die Welt am Ende der Kreidezeit
Das Klima am Ende der Kreide war mild und warm. Tropische und subtropische Klimazonen reichten bis fast in die Polargebiete hinein, Eiskappen gab es dort noch nicht. Die Pflanzenwelt wurde zumeist von Nadelbäumen dominiert. Doch auch Blütenpflanzen und Laubbäume waren zu jener Zeit bereits häufig. Gras war allerdings eine noch recht seltene Pflanze und nur auf der Südhalbkugel verbreitet. Auf den Prärien wuchsen meistens eher Moose, Farne und andere Bodendecker.

Die Welt sah zu jener Zeit eine weitere Blüte der Dinosaurier. Mancherorts war die Artenvielfalt im Maastrichtium, dem letzten Abschnitt der Kreidezeit, zwar schon deutlich im Vergleich zum vorausgehenden Campanium zurückgegangen. Einige Forscher leiteten daraus ab, dass die Dinos schon vor dem Einschlag im Niedergang begriffen waren. Doch neueren Studien zufolge war dies ganz und gar nicht der Fall. Viele Dino-Gruppen brachten ganz am Ende sogar ihre größten und berühmtesten Vertreter hervor. So erlebten Dino-Promis wie Tyrannosaurus, Triceratops, Ankylosaurus und Pachycephalosaurus das Ende der Kreidezeit buchstäblich hautnah mit. Alle Dinos, die auch in meinem Roman Die Weißen Steine auftreten, gehörten tatsächlich zu den allerletzten Nichtvogel-Dinosauriern.

Leben zu Wasser und in der Luft
Die Lüfte wurden weiterhin durch gewaltige Pterosaurier (Flugsaurier) dominiert, die Flügelspannweiten von 12m und mehr erreichen konnten. Am Boden schreitend waren diese Giganten groß wie heutige Giraffen und überragten sogar einen T. rex um mehr als eine Kopflänge. Doch auch viele Vögel waren in der Kreidezeit schon recht häufig. Eulen, Kraniche, Möwen, Albatrosse, Enten, Hühner und viele andere hatten bereits Vorfahren in der Kreidezeit, die ihren modernen Verwandten schon ganz ähnlich waren. Auch Säugetiere gab es schon in vielen Formen und Größen. Die kleinsten waren winzig wie Mäuse, es gab aber auch schon pudelgroße Pelztiere.
In den Meeren schwammen riesige Elasmosaurier. Manche von ihnen waren geschickte, langhalsige Fischjäger, andere auch riesige, gemächliche Planktonfresser. Sie mussten stets auf der Hut vor den gefährlichen Mosasauriern sein, Verwandten der Schlangen und Warane, die die marinen Ökosysteme am Ende der Kreidezeit dominierten. Besonders häufig waren auch die vielen Arten der Ammoniten, Verwandte der Tintenfische mit einem meist spiralförmig gewundenen Gehäuse.

Wenn du mehr über die Welt am Ende der Kreidezeit erfahren möchtest, solltest du dir unbedingt auch meine Artikelreihe zu diesem Thema ansehen!
Der Schicksalstag der Dinosaurier
Mithilfe der vielen wissenschaftlichen Studien, die sich seit den frühen 90ern mit der Einschlagshypothese befasst haben, kann heute schon ein ziemlich genaues Bild von der Chicxulub-Katastrophe gezeichnet werden. Inzwischen ist dieses Bild auch längst keine Hypothese (Annahme) mehr, sondern hat bereits den Status einer echten, mit vielen Belegen unterfütterten Theorie (Erklärungsmodell). Und diese Theorie sieht wie folgt aus:
Vor dem Einschlag
Einer aktuellen Studie zufolge ereignete sich der Meteoriteneinschlag im nördlichen Frühsommer vor etwa 66 Millionen Jahren. In manchen Berichten liest man gerne, dass der Himmelskörper, der damals auf die Erde prallte, schon einige Tage, vielleicht sogar Monate vorher als ein merkwürdiges Licht am Nachthimmel auffällig zu sehen war. Doch ist dies wohl ziemlicher Unsinn. Abhängig von der Richtung, aus welcher das Geschoss kam, wäre es wohl erst sehr kurze Zeit vorher oder sogar überhaupt nicht zu sehen gewesen, bevor es sich der Erde bis auf wenige Minuten näherte. Auch, dass der Impaktor eine Art „Bugwelle“ aus kleineren Meteoriten voausschickte, die einige Zeit vorher als Sternschnuppenregen den Nachthimmel der Kreidezeit erleuchteten, ist wahrscheinlich ziemlicher Unsinn. Wenn es – wie die Datenlage nahelegt – ein Meteorit war, der vor 66 Ma die Erde traf, dann wäre dieser völlig überraschend und ohne Vorankündigung gekommen.
Der Grund dafür: Asteroiden sind ungeheuer schnell unterwegs. Und sie haben auch keinen helle, hunderte von Kilometer langen Schweif, mit dem man sie ausmachen kann. Auch wenn der Meteorit mehrere Kilometer groß gewesen sein muss, mit bloßem Auge sehen kann man solche Objekte erst, wenn sie der Erde schon ganz, ganz nah sind. Und zwar erst Minuten, bevor sie entweder an uns vorbeifliegen, oder uns im schlimmsten aller Fälle treffen. Zuerst schwach und unscheinbar wie ein kleiner Stern oder ein vorbeiziehender Satelit, wird dieses Gebilde dann sehr schnell größer und intensiver – sollte es sich von der Nachtseite nähern, strahlt es dann einige Sekunden noch hell wie der hellste Stern am Himmel auf unsere Erde. Von der Sonnenseite kommend, hätte man ihn dagegen wohl überhaupt nicht gesehen.
Ich selbst habe dieses Szenario in meinem vorausgehenden Artikel ebenfalls anders beschrieben, weil ich mich auf offenbar falsche Sekundärliteratur verlassen habe. Ich musste mich aber auch eines Besseren belehren lassen und meinen Artikel entsprechend korrigieren. Gut also, dass er jetzt noch einmal neu erscheinen kann. Und vielen Dank für die Kritik!
Auch sonst kursieren über den Hergang des letzten Tages in der Ära der Dinosaurier so einige Halbwahrheiten und Falschinformationen, die ich hier einmal richtig stellen möchte. Und wem etwas Falsches auffällt: nur keine Scheu! Schreibt mir gern, was ihr besser wisst als ich! Ich freue mich über jede Kritik sehr!
Der Einschlag
Mit einer Geschwindigkeit von etwa 20km pro Sekunde, also um ein Vielfaches schneller als eine Gewehrkugel, rast ein riesiges Objekt aus den Tiefen des Alls nun auf den Golf von Mexiko zu. Der Impaktor hatte eine Größe von 10 bis 15km und war damit in etwa so groß wie der Mount Everest. Und hätte man ihn mit einem Kran in den Mariannengraben gehoben, so hätte seine Spitze wahrscheinlich noch aus dem Meer hinausgeguckt.
Wann genau, also zu welcher Uhrzeit er einschlug, ist noch nicht zu sagen. Eine Studie besagt jedoch, dass er in einem Winkel von 45 bis 60° einschlug, also mit Blick auf die nun eintretenden Folgen für die Umwelt so ungünstig, wie es nur ging. Und er suchte sich auch den denkbar schlechtesten Punkt zum Einschlagen aus: nämlich direkt auf einer Fläche, die vor allem Gips-Sedimente enthielt, so besagt es eine weitere Studie. Innerhalb von nur eineinhalb bis zwei Sekunden raste der Asteroid durch die Atmosphäre und schlug ein mehr als 30km tiefes Loch in den Boden. Das war so tief, dass die Erdkruste dort vielleicht sogar durchschlagen wurde und der Asteroid bis ins flüssige Magma des Erdmantels vordrang.
Aufgrund der immensen Geschwindigkeit und Masse es Einschlags wurde eine nur schwer bezifferbare Sprengkraft frei. Zwischen 1,3 und 58 Yotta-Joule (Yotta = 24 Nullen!) wurden auf einen Schlag freigesetzt. Für so eine Energiemenge gibt es auf Erden kein mit dem menschlichen Verstand begreifbares Äquivalent. Selbst wenn wir jeden Nuklearsprengkörper, jede Bombe, jede Rakete, ja jedes einzelne Gramm Schießpulver und sogar jeden Silvesterknallfrosch, der jemals von Menschenhand hergestellt wurde, auf einmal zünden und an einer einzigen Stelle hochgehen lassen würden, würde diese Energiemenge im Vergleich zum Chicxulub-Bombardement nur einen winzig kleinen Bruchteil darstellen. Es wäre wie ein platzender Partyluftballon im Vergleich zu einer Atombombe. Tatsächlich wären insgesamt etwa 100 Millionen AN602-Bomben (Zar-Wasserstoffbomben) nötig, um diese immense Energiemenge zu erzeugen. Und die gibt es (zum Glück!) auf der ganzen Welt nicht.
Der Krater
Heute ist der Krater, der sich bei diesem gewaltigen Einschlag bildete, immer noch sehr gut erhalten und kaum erodiert. Er besteht aus einem Hauptring von etwa 180km Durchmesser und etwa 10km Tiefe (diese ist heute allerdings durch Sedimente aufgefüllt). Die Erdkruste wurde durch die gewaltige Energie zusammengestaucht und verhielt sich nun wie eine Flüssigkeit. Als hätte ein Gigant eine mächtige Arschbombe gemacht, türmte sich nach dem Impakt durch das zurückströmende Material ein gewaltiger Berg im Zentrum auf, der vermutlich über 10km Höhe erreichte. Schon Minuten nach dem Einschlag kollabierte dieser Berg allerdings wieder. Die Reste bilden im Zentrum aber noch heute mehrere Innenringe, wie den sogenannten Peak-Ring, den man auch bei vielen Mondkratern findet.
Feuersturm
Es liegt auf der Hand, dass die direkten Folgen dieser gewaltigen Explosion beispiellos waren. Den Lichtblitz sah man auf der gesamten westlichen Erdhälfte. Den Knall hörte man sogar überall, selbst in den entlegensten Winkeln der Erde. Kein Lebewesen auf der Erde hätte dieses Ereignis verschlafen können. Der Asteroid und auch viele Kubikkilometer Gestein verdampften dabei auf der Schnelle, also im Bruchteil einer Sekunde, zusammen mit einer unbeschreiblich großen Menge an Meerwasser. Jedes Lebewesen im Umkreis von etwa 3.000km, egal ob im Wasser oder an Land, ging nach dem Einschlag je nach Entfernung nur wenige Sekunden bis Minuten nach dem gewaltigen Blitz, den der Einschlag erzeugte, direkt in Flammen auf. Und das waren noch die, die Glück hatten. Auf jedes andere Lebewesen kam nun buchstäblich die Hölle auf Erden zu.

Druckwelle, Erdbeben und Vulkanausbrüche
Die Energie des Einschlags entlud sich kreisförmig. Eine gigantische Druckwelle trieb das Feuer, die Asche und den Staub in alle Richtungen. Noch in mehr als 5.000km vom Einschlagsort entfernt wütete diese Welle mit der Stärke eines Hurrikans. Traf sie auf Land, wurden Sanddünen hinfort geweht. Mächtige Bäume wie die vor allem in Amerika weit verbreiteten Araukarien, knickten um, als wären sie nur Streichhölzer. Nichts und niemand, nicht einmal ein gewaltiger, über 25m langer Sauropode wie Alamosaurus, hätte sich in so einem Sturm noch auf den Beinen halten können.
Auch unterirdisch setzte sich diese Schockwelle fort. In Sekundenschnelle drang sie dabei viele hundert Kilometer vor, unsichtbar, doch voller zerstörerischer Energie. Besonders verheerend: wenn die Schockwelle auf ein Flussmündung, einen Mangrovensumpf oder ein vor der Küste liegendes Riff traf. Dort konnte sich durch die geballte Energie aus dem Erdinneren eine plötzliche Springflut bilden. Kein Tsunami, sondern eine sogenannte Seiche – doch für die von ihr heimgesuchten Lebewesen machte das keinen Unterschied. Die Tanis-Fundstelle wurde wahrscheinlich durch genauso eine Seiche-Welle verwüstet – nur wenige Minuten nach dem Einschlag.

Auch weitab vom Meer bebte die Erde. In manchen Gegenden riss sogar der Boden auf und hob sich viele Meter hoch empor. Schluchten und Gebirgshänge stürzten ein. Flussbetten rissen ab und stauten sich zu neuen, monströsen Stauseen. Und wirklich jedem Tier auf Erden wurde buchstäblich der Boden unter den Füßen weggerissen. In manchen Gegenden erreichten die Erdbeben wohl Stärken, die über alle bislang jemals gemessenen Werte auf der Richterskala weit hinausgingen.
Wie stark sich der Einschlag auch auf den Vulkanismus auswirkte, ist nach wie vor umstritten. Auch, ob es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Impakt und Dekkan-Supervulkanismus gab, wird weiterhin diskutiert. Es dürfte aber auf der Hand liegen, dass in vulkanisch instabilen Gegenden auf dem Planeten ein derart massiver Energie-Input nicht gerade stabilisierend gewirkt hat. Wann und wie viele Vulkane damals ausbrachen, weiß niemand. Doch solltest du dich an jenem schicksalhaften Tag in der Nähe eines aktiven Vulkans aufgehalten haben, wäre es wahrscheinlich der letzte Tag deines Lebens gewesen.
Tsunami-Wellen
Erdbeben und Vulkanausbrüche, aber natürlich auch der Einschlag selbst jagten außerdem Tsunami-Wellen über die Meere. Vielleicht hatten sie nicht überall die gleiche verheerende Energie, doch dürfte an tatsächlich jeder Küste auf der Welt nun eine akute Lebensgefahr bestanden haben. Je nach Entfernung zum Einschlagskrater vergingen nun Minuten oder auch Stunden, bis diese Wellen das Land trafen. Hättest du dich an diesem Tag am Strand aufgehalten, so hätte dich folgendes erwartet: zuerst hättest du natürlich den Lichtblitz gesehen. Dann den Knall gehört. Wenn du dich nach dem Erdbeben dann wieder aufgerappelt hättest, wäre eine geisterhafte Stille an dein Ohr gedrungen. Wahrscheinlich hätte wirklich jedes Tier, jeder Vogel, jeder Dino nun erst einmal die Klappe gehalten und nach Gefahr Ausschau gehalten. Vielleicht wäre die Luft aber auch erfüllt gewesen von dem Gekreisch der nun panisch davoneilenden Lebewesen, die schon genau spürten, dass etwas Grauenhaftes auf sie zukam.
Wärst du nun am Strand stehen geblieben, wäre kurz darauf alles wieder so gewesen wie vorher. Die Vögel würden wieder zwitschern, die Gischt der Wellen wieder über den Sand spülen, und du könntest die urzeitliche Idylle nun noch für ein paar weitere Stunden genießen. Dann jedoch würde sich alles verändern. Der Himmel würde eine andere Farbe annehmen und in einem schmutzigen Orangerot einen furchtbaren Kontrast zum sich tiefgrau verfärbenden Ozean annehmen. Es würde ein bisschen aussehen wie ein Sonnenuntergang an einem Gewitterhimmel. Dann hörst du ein schrilles Pfeifen. Und eine Explosion. Dann noch mehr davon. Die Luft ist bald erfüllt von glühenden Geschossen, die aus diesem apokalyptischen Himmel abgefeuert werden. Manche kommen aber auch direkt von oben. Immer wieder musst du zur Seite springen, damit dich so ein glühendes Etwas nicht erwischt. Panik und Feuer brechen aus. Überall siehst du fliehende Tiere.
Wenn du in diesem Feuersturm noch einen kurzen Blick hinaus aufs Meer entbehren kannst, fällt dir dort vielleicht eine dünne, tiefschwarze Linie auf, die das Meer vom Himmel in einem scharfen Kontrast trennt. Diese Linie würde nun langsam, ganz langsam immer dicker werden. Auf einmal würde sich das Meer nun schlagartig zurückziehen. Der Uferbereich würde in Sekundenschnelle komplett leergesogen werden. Du könntest hunderte von Metern hinausblicken. Überall würden überraschte, zappelnde Fische zucken, auf dem nun trockenen, immer dunkler werdenden Meeresboden. Eine unheimliche Finsternis tritt ein. Der Himmel ist nun beinahe völlig schwarz und spuckt weiterhin feurige Geschosse.
Und dann würde dieser seltsame, dunkle Balken auf einmal immer größer werden. Eine mehrere hundert Meter hohe, schwarzblaue Wand würde auf dich zurasen, schneller als ein ICE oder irgendein anderer Schnellzug. Du hörst ein gespenstisches Rauschen. Je nach Stand der schwindenden Sonne würde dann noch kurz der Schatten der gewaltigen Welle auf dich fallen, bis sie dann über dich hereinbricht. Den Aufprall würdest du nur eine Sekunde lang spüren, bevor du bewusstlos wirst.

Meterhohe Wellentürme
Die Höhe der Tsunami-Wellen dürfte von Region zu Region unterschiedlich gewesen sein, je nach Beschaffenheit der Küsten und Riffkanten. Wellen von „nur“ 30 bis 40m bis hin zu über 900m, also höher als das Burj Khalifa, trafen jetzt aufs Land und rissen alles, lebendig oder bereits tot, mit sich. Einige dieser Wellen drangen wahrscheinlich hunderte von Kilometern ins Landesinnere vor. Die meisten Tiere, also auch die meisten Dinosaurier, die an diesem Tag starben, dürften ertrunken oder von den Wassermassen schlichtweg erschlagen worden sein.
In dieser Simulation kannst du dir die direkten Auswirkungen des Einschlags in Echtzeit ansehen:
Der brennende Himmel
Mehrere tausend Kubikkilometer Gestein wurden während des Aufpralls in den Himmel geschleudert. Einige der Gesteinsfragmente stiegen mit so einer immensen Geschwindigkeit empor, dass sie sogar die Anziehungskraft der Erde überwunden. Es ist sehr gut möglich, dass wir irdisches Gesteinsmaterial, vielleicht sogar Spuren von Lebewesen oder auch Fossilien von Dinosauriern eines Tages auch auf dem Mond oder gar auf dem Mars finden werden. Die Streuwirkung des Chicxulub-Einschlages dürfte also sogar auf entlegenen Himmelskörpern ihre Spuren hinterlassen haben.
Deutlich schlimmere Auswirkungen hatte das herausgeschleuderte Material aber hier bei uns auf der Erde. Es verteilte sich nämlich nun in den nächsten Stunden rings um den Erdball und wurde dann von der Anziehungskraft unseres Planeten wieder angezogen. Die meisten der Gesteinsbrocken waren klein und verglühten einfach in der Atmosphäre. Weil es aber so ungeheuer viele waren, nämlich viele Millionen pro Sekunde und das auf der ganzen Welt, hatte es trotzdem drastische Auswirkungen. Beim Blick in den Himmel hätte es ausgesehen, als ob dieser in rotglühenden Flammen stand. Die braun-rotleuchtenden Wolken wären so schnell hinweggezogen, dass es aussah, als würde es im Himmel „blubbern“, wie in einem Kochtopf.

Waldbrände und kochende Ozeane
Die extrem hohen Temperaturen, die der Himmel an diesem Tag erreichte, strahlten natürlich auch auf den Erdboden ab. Es herrscht derzeit noch Unklarheit, wie heiß es unten tatsächlich wurde. Möglicherweise heizte sich der Boden mancherorts für nur etwa eine Minute auf mehr als 1.000°C auf, oder auch für vielleicht mehrere Stunden auf weit über 200°C. Egal welches Szenario nun tatsächlich eintrat, in jedem Fall war es heißt genug, fast alles Leben am Erdboden buchstäblich zu rösten.
Sogar die regenreichen Wälder der Kreidezeit fingen jetzt Feuer. Schon ein kleiner Funke reichte aus, um eine Feuersbrunst auszulösen. Und Funken gab es reichlich: Millionen von Kleinmeteoriten regneten als tödliche Geschosse auf der ganzen Erde nieder und töteten dabei tausende Lebewesen. Da der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre damals deutlich über dem Wert von heute lag, breiteten sich die Waldbrände auch mit einer deutlich höheren Geschwindigkeit aus und brannten sogar erheblich heißer.

Die Hölle auf Erden
Studien zufolge fanden sich die Dinosaurier nun statt in ihrem gewohnten, blühenden Paradies nun in einer feurigen, globalen Hölle wieder. Sogar die großen Meeresreptilien waren vor diesem Ereignis nicht sicher. Zum Atmen mussten sie ja wieder an die Oberfläche kommen. Und in vielen Bereichen auf der Erde war es so heiß, dass die Flüsse, Seen, Meere und Ozeane sprudelnd kochten. Jedes Tier, dass sich nicht in eine Höhle, einen Erdbau oder in einen Bereich retten konnte, der wie durch ein Wunder vor den Flammen geschützt blieb, musste nun einen schrecklichen Tod sterben. Oder es wurde zumindest sehr schwer verletzt.
Die ersten 24 Stunden nach dem Einschlag gehörten vermutlich zu den schrecklichsten, die unser Planet seit der Entwicklung höheren Lebens durchmachen musste. Doch die wahren Probleme, die wahren Auslöser für das nun eintretende Massenaussterben hatten noch gar nicht begonnen. Viele Billionen Lebewesen waren zwar inzwischen ums Leben gekommen, doch waren trotzdem noch kaum Arten tatsächlich ausgestorben. Irgendwo auf der Welt gab es von wahrscheinlich jeder Spezies immerhin noch einige hundert oder tausend Überlebende.
Tiefschwarze Dunkelheit
Doch auch für die glücklichen, die jetzt noch am Leben waren, hielt die Zukunft nichts Gutes bereit. Asche und Staub, und natürlich auch die kleineren Partikel vom Einschlag und dem emporgewirbelten Gestein, legten sich wie ein Dunstschleier in die Atmosphäre und setzten sich in ihr fest. Dabei verdunkelte sich der Himmel. Die wärmenden Strahlen der Sonne wurden nun einfach ausgesperrt. Selbst am „helllichten“ Tage war, wenn überhaupt, nur ein schemenhaftes Dunkelgrau zu sehen, wahrscheinlich war es aber ähnlich dunkel wie in einer wolkenverhangenen Neumondnacht.

Der Impaktwinter
Einer Studie zufolge stürzten die globalen Durchschnittstemperaturen nun kurzfristig in den Keller. „Kurzzeitig“ bedeutet hier mehrere Monate bis vielleicht sogar Jahre. Und „Keller“ heißt, sie fielen um mindestens 26°C. Das heißt, dass fast überall auf der Welt jetzt eisige Minusgrade herrschten. Viele Gegenden auf der Welt wurden sogar gänzlich unbewohnbar, weil es nirgendwo Lebewesen gab, die an ein Leben in arktischer Kälte und Dunkelheit angepasst waren. Die niedrigen Temperaturen, aber vor allem das fehlende Sonnenlicht machten der Pflanzenwelt, vor allem aber dem Phytoplankton in den Meeren den Garaus. Von der lebenswichtigen Fotosynthese abgeschnitten, brach die Nahrungspyramide nun in den meisten Ökosystemen zusammen.
Sauer Regen
Der verdampfte Gips, der so in die Atmosphäre gelange, könnte einer Studie zufolge für die drastischsten Auswirkungen der Katastrophe verantwortlich gewesen sein. Der im Gestein gebundene Schwefel verband sich in der Atmosphäre zu hochätzenden schwefligen Säuren, die als saurer Regen noch Jahre nach dem Einschlag auf der Erde niedergingen. Dies dürfte neben den eisigen Temperaturen und der Dunkelheit des Impaktwinters der Pflanzenwelt an Land den Rest gegeben haben.

Auch hatte er drastische Auswirkungen auf sämtliche Meeresbewohner, die ihre Außenschale aus Kalk aufbauen. Muscheln, Ammoniten und vor allem die vielen winzig kleinen Planktonkrebse erlitten ein grausames Schicksal und lösten sich buchstäblich auf. Wäre der Asteroid an einer anderen Stelle eingeschlagen, hätten die Wälder kurz nach diesem Impaktwinter neu austreiben und viele Pflanzen sowie das Leben in den Ozeanen sich schnell wieder erholen können. Der saure Regen bremste die Regeneration der Natur jedoch wahrscheinlich um Jahrhunderte aus.
Blütezeit der Pilze
Es ist natürlich wenig überraschend, wenn man schaut, wie viele Verlierer so eine globale Katastrophe produziert. Man stelle sich nur einmal den völlig havarierten Planeten vor, etwa sechs Wochen nach dem Einschlag: völlige Finsternis. Bittere Kälte. Überall der Gestank des Todes. Jeder Fluss, jeder Tümpel, und besonders das Meer stinkt erbärmlich nach Fäulnis und Verwesung. Man möchte am liebsten den Atem anhalten. Noch dazu die bittere Kälte. Und nur ganz sporadisch begegnet man mal einem Dinosaurier, und dieser ist dann höchst wahrscheinlich halb verhungert oder schwer verletzt. Wirklich ein deprimierendes Schauspiel.
Was aber dann doch überrascht: es gab tatsächlich Organismen, die von der Katastrophe profitierten. Wenn alles im tiefdunkler, feuchter Kälte fault, hungert oder vor sich hin kohlt, finden das einige nämlich richtig schön und gemütlich: die Pilze. Studien belegen, dass in der schrecklichen Zeit des Impaktwinters und wahrscheinlich auch noch längere Zeit danach eine wahre Blütezeit der Pilze begann. Sie fanden in der havarierten Welt ein ungeheuer reichhaltiges Nährstoffangebot vor. Und da Pilze auch nicht zwingend Licht und Wärme benötigen, um zu wachsen, war ihnen das große Drumherum ziemlich egal.

Das große Sterben
Ebenfalls überraschend ist, dass wir auch in den kargen Monaten des Impaktwinters eigentlich noch gar nicht von einem Massenaussterben sprechen können. Sicher, die meisten Großtiere wie Tyrannosaurus, Triceratops oder Alamosaurus dürften schon wenige Monate nach der Katastrophe ausgestorben sein. Bestimmt konnten sich nur wenige dieser großen Tiere vor den Katastrophen, ausgehend von der Yukatan-Halbinsel, in Sicherheit bringen. Die Hell Creek Formation lag zwar einige tausend Kilometer von der Einschlagsstelle entfernt, doch das war auf keinen Fall weit genug, um der Kettenreaktion aus geradezu biblischen Plagen zu entgehen – wie wir aus Tanis wissen. Und selbst in weit abgelegenen Gegenden der Welt dürften die Großtiere tatsächlich zu den ersten Opfern der Katastrophe geworden sein.
Trotzdem ist „Aussterben“ etwas anderes als „Massensterben“. Aussterben heißt, dass eine Spezies wirklich restlos vom Planeten getilgt wird. 100% ihrer Vertreter, jedes einzelne Individuum, muss sterben, bevor eine Art erlischt. Und das passierte am Schicksalstag der Dinosaurier, und auch nicht Monate danach gar nicht so oft! Wenn man einmal vom direkten Umfeld des Einschlagsortes absieht, gab es sonst überall noch wenigstens vereinzelt einige Überlebende. Und diese machten nach der Katastrophe einfach weiter. Manche waren sicher intelligent genug, sich auch als die Sonne wieder schien noch an die schrecklichen Ereignisse zu erinnern. Andere vergaßen es gleich wieder. Sie setzten die Suche nach Nahrung fort, als sei überhaupt nichts gewesen. Sie suchten sich einen neuen Partner, bauten Nester, zogen ihre Jungen auf, so wie sie es auch vor dem Ende der Kreidezeit getan hatten. Viele Generationen später viele Tier- und Pflanzenarten immer noch nicht ausgestorben!
Was aber passierte danach? Wie kam es dann trotzdem zu dem großen Sterben, das mehr als 70% der Arten auf dem Planeten zum Verhängnis wurde? Und was waren die Gründe dafür, dass sich manche Arten wieder erholten und bis heute weiterentwickelten, und manche anderen nicht? Das erfährst du im nächsten Artikel!
Die übrigen Artikel aus meiner Artikelreihe Die Katastrophe von Chicxulub:
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01 – Phänomen Massenaussterben
03 – Der Schicksalstag der Dinosaurier |
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