Hallo und einen schönen Heiligen Abend! Wie versprochen gibt es für alle meine sehnsüchtig wartenden Leser nun auch endlich eine kleine Bescherung. Heute bekommt ihr das erste Teaserkapitel zu meinem neuen Roman Die Weißen Steine III!
Das Buch hat momentan zwar schon einen Arbeitstitel, ob ich den aber abschließend wirklich so übernehme, ist natürlich so lange vor der wirklichen Veröffentlichung noch nicht klar. Deshalb werde ich ihn hier auch noch nicht verraten. Was ich aber vorab schon verraten kann: Die Handlung von Blut der Sonne wird nahtlos fortgesetzt und der Cliffhanger auch gleich am Anfang aufgelöst.
Deshalb hier ein kleiner SPOILERALARM!
Wer die ersten beiden Bücher noch nicht (fertig) gelesen hat, sollte hier nun besser aufhören zu lesen!
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Die Weißen Steine Band I – Neue Alte WeltErlebe ein spannendes Dino-Abenteuer! Der erste Teil eines Überlebenskampfes. Dort werden Jugendliche der „Generation Handy“ in einer erbarmungslosen Urzeit-Welt an ihre Grenzen gebracht. Erhältlich als Taschenbuch, als hochwertige Hardcover-Ausgabe und auch als E-Book. |
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Die Weißen Steine Band II – Blut der SonneErlebe noch ein weiteres spannendes Dino-Abenteuer mit dem zweiten Teil meiner Urzeit-Reihe! Dort wirst du wieder direkt in die Kreidezeit entführt, in der mächtige Kreaturen die Welt beherrschen. Erhältlich als Taschenbuch, als hochwertige Hardcover-Ausgabe und auch als E-Book. |
Du erinnerst dich noch, was am Ende geschah? John erblickt am Ende die Zinnen einer mittelalterlich anmutenden Stadtmauer und wird nach seiner unsanften Begegnung mit einem Mosasaurus schwer verletzt von seltsam gekleideten Menschen gerettet. Wer diese Leute sind, und wie es auch sie in die Kreidezeit verschlagen konnte, wirst du dann schon bald erfahren. Und vielleicht kannst du dir nach dem Teaserkapitel, das (wahrscheinlich!) den Prolog des neuen Buches bilden wird, auch schon ein paar Reime darauf machen. Das möchte ich dir nun nicht länger vorenthalten! Viel Spaß beim Lesen!
Teaserkapitel
Ich bitte zu bedenken, dass es sich hierbei um einen reinen Rohtext handelt, der sich sicher noch gewaltig ändern wird. Noch kein Lektor und auch kein Testleser hat ihn bislang je zu Gesicht bekommen. Das Ding ist also frisch vom Laptop, unbehandelt ungeschliffen, ungebügelt. Es befinden sich deshalb sicher auch noch das eine oder andere Fehlerchen darin. Wer sie findet, darf sie behalten!
„Reine Zeitverschwendung!“
Keiner der anderen im Auto erwiderte etwas. Die schwarze Limousine rollte fast geräuschlos.
Hybridantrieb. Auch von uns entwickelt. Und heute ist das eine fast schon alltägliche Technik, die überall auf der Welt funktioniert. Einer unserer größten Erfolge. Reiß dich zusammen, Roger. Es kann alles immer noch gut werden!
„Der wird uns zum Teufel jagen. Der einzige Mann, den er noch mehr hasst als Sie, Sir, war sein Vater. Wie wollen Sie ihn dazu bringen, uns zu helfen? Falls es überhaupt etwas gibt, wobei er helfen kann. Der Kerl ist doch…“
Während Steward noch nach dem passsenden Wort suchte, fuhr Roger ihm dazwischen. „Sie haben ja recht, Colonel. Aber wir müssen es wenigstens versuchen. McKinley ist der einzige, der dieses Gerät wirklich versteht.“
„Zeitverschwendung. Reine Zeitverschwendung!“
Stewards Genörgel ging Roger auf die Nerven, es riss aber auch die nächsten zwanzig Kilometer nicht ab. Niemand der anderen sagte etwas, bis die Limousine um die letzte Kurve bog.
Was hat den Kerl bloß in diese Einöde verschlagen?
Roger erinnerte sich daran, dass Charlie McKinley begeisterter Freeclimber war und er seit dem unerfreulichen Zwischenfall zwischen ihm und seinem Vater ein Einsiedlerdasein führte. Er schrieb inzwischen nur noch für Naturmagazine und hatte der Physik eigentlich schon seit Jahren den Rücken gekehrt. Das letzte, was Roger von ihm gelesen, oder vielmehr überfolgen hatte, war ein mit wunderschönen Aufnahmen gespickter Artikel über die Wüstenbussarde in Arizona, der im National Geographic erschienen war.
Als der Wagen hielt und einer der Privates ihm die Tür öffnete, fiel Roger die riesige Staubwolke auf, die sein eigener und auch die beiden anderen Wagen bei ihrer Fahrt über den rauen Schotterweg verursacht hatten. Ein rötlichbrauner Schleier hatte sich über das metallische Schwarz des Autolacks gelegt, sodass dieser vierzig Jahre älter aussah. Die Hitze schlug Roger ins Gesicht, und selbst unter seiner mächtigen Sonnenbrille mit dem auffälligen Goldrand blendete die Sonne, als der General aus dem Fahrzeug stieg. Es roch nach heißem, verbranntem Stein und Kaktusblüten. Ein rostiges Wohnmobil stand hier, mitten in der Wüste. Unterwäsche hing auf der Wäscheleine, die an einen alten, morschen Betonpfeiler geknotet war. Als der Staub sich allmählich legte, die Privates ihre Positionen bezogen hatten und Roger zusammen mit Steward, Allison und Palmer auf das Wohnmobil zuging, fiel ihm auf, dass die Landschaft doch eigentlich wunderschön war. Die karge Wüste war das eine, die malerischen Felsplateaus in der Ferne, die zum Monument Valley gehörten, das andere. Ein Greifvogel schrie, als Roger an die Tür klopfte. Er war sich nicht sicher, ob es ein Wüstenbussard war.
„Wahrscheinlich ist der Typ noch nicht einmal da. Wird wohl irgendwo in den Felsen hängen und seine Vögelchen knipsen. Wer weiß, ob er diese Woche überhaupt noch einmal…“
Die Tür wurde so hastig aufgerissen, dass es Steward die Sprache verschlug. Ein junger, athletischer Mann Mitte dreißig, mit stoppeligem Fünftagebart und stahlblauen Augen stemmte die Faust in die Hüften. Er sagte kein Wort.
„Schön, dich wiederzusehen, Charlie“, versuchte Roger das Eis zu brechen. „Ist lange her.“
„Nicht lange genug, General“, sagte der Angesprochene biestig und wollte Roger die Tür sofort wieder vor der Nase zuknallen. Doch Roger fuhr mit einem weiteren Anlauf dazwischen:
„War schwer, dich hier draußen zu finden. Ich habe deinen Artikel gelesen. Wirklich interessant. Raubvögel, die im Rudel jagen… Man lernt nie aus. Und woran arbeitest du jetzt? Bist du immer noch…“
„Wieso überspringen wir nicht diesen heuchlerischen Smalltalk und Sie sagen mir, endlich, was sie von mir wollen?“ Charlie hatte die Augen zwar von seiner Mutter, aber sie konnten genauso fies stechen wie die seines Vaters.
„Nun gut, Charlie… Ich weiß nicht, wie ich es dir schonend sagen sollte, also sage ich es frei heraus. Dein Vater ist tot.“
Roger suchte nach einer Regung im Blick des jungen Mannes, konnte aber keine finden. „Das ist er für mich schon lange. Seit er mir meine Arbeit gestohlen und meine Verlobte gevögelt hat.“
„Nun, auch wenn es in diesem Fall wie eine Floskel klingt, mein aufrichtiges Beileid.“ Roger fiel leider nichts Besseres ein. Und das nahm der junge Tierfotograf ihm offenbar übel.
„Wenn das alles war, General… Ein Anruf hätte dafür aber genügt. Da hätten Sie nicht mit ihrer ganzen Kavallerie anrücken müssen. Einen schönen Tag noch. Meiner scheint es jetzt wenigstens zu werden.“ Charlie griff nach der Klinke, um die Wohnmobiltür wieder zu schließen, doch Roger stellte sich dazwischen.
„Charlie… Ich weiß, du bist auf all das nicht gut zu sprechen. Auf deinen Vater, eure Arbeit… Und auch unser letztes Gespräch verlief nicht gerade erfreulich. Aber ich bin hier, weil ich dich um deine Hilfe bitten möchte.“
„Hilfe… Für Sie? Fahren Sie zur Hölle!“, rief Charlie aufgebracht und versuchte, die Tür aus Rogers Griff freizubekommen. Doch der große schwarze General hatte trotz der zwanzig Jahre mehr auf seinem Rücken immer noch mehr Kraft, die er nun aber vor allem in seine Stimme legte.
„Charlie, hast du in letzter Zeit die Nachrichten gesehen?“
Die Miene des jungen Mannes zeigte eine Mischung aus Nervosität und Entsetzen. „Deutschland, nicht wahr?“
„Ja. Ein bedauernswerter…“
„Jesus Christus… Und Sie erzählen der Welt etwas von einer Gasexplosion? Hat Ihnen das wirklich irgendwer abgekauft? Ich wusste es gleich, als ich es gesehen habe. Charles hat die Gefahr mit einem Wurmloch immer unterschätzt. Und sogar mich bis zum Schluss belogen. Erst als er nicht weiterwusste, wie er das Loch stabilisieren konnte, hat er mich eingeweiht. Und jetzt stehen Sie hier vor mir, weil Sie auch nicht weiter wissen. Sehe ich das richtig?“
Roger seufzte. Dann nickte er. „Wir wissen leider nicht, wie…“
„Nun, das ist allein Ihr Problem“, unterbrach Charlie ihn hastig. „Ich bin aus der Sache raus. Und das verdanke ich doch Ihnen!“
„Dank mir ist dir aber auch Guantanamo erspart geblieben. Also lass uns bitte vernünftig reden. Es geht hier um eine Frage der nationalen Sicherheit.“
„Die ist mir aber schnuppe, und das wissen Sie.“ Charlie stieß den General, der immer noch seine Tür festhielt, unsanft zur Seite.
Der Corporal zu seiner Rechten legte die Hand an sein Pistolenhalfter, doch Roger beruhigte ihn mit einer Geste. „Und die vielen Menschen? Sind die dir auch egal?“
„Die sind alle tot. Daran kann ich auch nichts mehr ändern.“
„Offenbar sind sie das nicht“, sagte Roger, nahm die Sonnenbrille ab und fixierte Charlie mit seinen Augen.
„Was soll das heißen?“, fragte Charlie und zog die blassbraunen Augenbrauen hoch.
„Soweit wir wissen gab es nur zwei Tote. Deinen Vater und einen Schüler, dessen Leiche wir auf der Landstraße gefunden haben. Nach unserem Experten könnten alle anderen aber noch immer am Leben sein. Und wir arbeiten mit Hochdruck daran, sie wieder zurückzubringen.“
„Zurückzubringen?“ Charlie zog die Augenbrauen hoch. Roger legte sich in seinem Kopf schon eine Antwort auf die Frage zurück, die Charlie nun wahrscheinlich als nächstes stellen würde. Doch er fragte etwas ganz anderes: „Von wie vielen Vermissten sprechen wir?“
Das ist typisch für ihn… Er rennt immer gleich von A nach D, ohne über B und C zu gehen. Genau wie Charles…
„In der Stadt waren zum Zeitpunkt des ersten Unglücks fast zweihundertfünzig Menschen auf dem Marktplatz“, antwortete Roger. „Dort liefen gerade die Aufbauarbeiten für so ein typisch deutsches Straßenfest. Dazu kommen noch die Schüler der angrenzenden Grundschule und ihre Lehrer, insgesamt etwa vierhundert Personen. Außerdem wird eine Siebenviersieben vermisst. Das ganze Flugzeug war fast vollständig besetzt. Die letzten Ferienrückkehrer. Dreihundersechsundvierzig Passagiere und vierzehn Crewmitglieder.“
„Wieso sagen sie des ersten Unglücks? Gab es etwa mehrere Zwischenfälle?“
„Nur noch einen. Der zweite hatte aber wesentlich geringere Auswirkungen, weil das Wurmloch bloß ein Maisfeld getroffen hat. Unglücklicherweise auch einen kleinen Teil der dortigen Landstraße. Und auf dieser fuhren wohl genau zum fraglichen Zeitpunkt ein Auto mit einer Frau und ihrem jungen Sohn, aber auch ein Reisebus mit einer Schulklasse, die auf eine Klassenfahrt wollten. Wir haben nur noch das Heck gefunden. Einer der Schüler wurde durch das Wurmloch wohl direkt getötet und auseinandergerissen, die Polizei fand nur noch eine kopflose Leiche. Die anderen Insassen des Busses und des Autos werden vermisst. Die Mutter und ihr Sohn, sechsundzwanzig Schüler, zwei Lehrer und der Busfahrer. Von unseren eigenen Leuten fehlen drei.“
Insgesamt mehr als eintausend Menschen. Großer Gott…
Charlie hielt inne. Wieder überlegte Roger sich eine Antwort auf eine nächste wahrscheinliche Frage, nämlich die, wie denn nun genau sein Vater gestorben sei. Doch Diese Frage kam ebenfalls nicht. Charlie schüttelte nur den Kopf.
„General, ich will mit dieser Geschichte nichts mehr zu tun haben. Die Chronosphäre hat mein Leben schon viel früher ruiniert als das all dieser Menschen. Möge Gott ihren armen Seelen gnädig sein. Jetzt ziehen Sie Leine.“
Die Tür flog zu und ins Schloss, noch hastiger als sie vorhin aufgerissen wurde.
„Charlie…“ Roger klopfte erneut an die Tür.
„McKinley! Ihnen ist klar, dass wir Sie auch einfach da rausholen und Ihren eingeschnappten Arsch ganz einfach in Handschellen nach Montana schleifen können?“
Roger warf Steward einen vernichtenden Blick zu.
„Charlie… Das war noch nicht alles. Auch John, Melissa und der Kleine werden vermisst.“
Es rumpelte im Wohnmobil. Dann schwang die Tür wieder auf und traf Roger fast an der Stirn. „Das ist nicht Ihr gottverdammter Ernst!“
***
Mit eiligen Schritten flog Roger durch den Eingang. Steward brüllte etwas Harsches zu den Privates hinter dem Tresen. Eine viel zu lange halbe Minute später öffnete sich die Blechtür mit einem leisen Ping und die Stabschefs stiegen in den Aufzug. Bei der Fahrt abwärts stellten sich Roger die wenigen verbliebenen Nackenhaare auf seiner dunklen Haut auf. Ein Schaudern überkam ihn, als die verglaste Kapsel immer wieder für einen kurzen Wimpernschlag den Blick auf die verwaisten Labore freigab. Das ganze Areal war schon vor Monaten evakuiert worden. Roger erinnerte sich noch an den schrecklichen Tag, als er in seiner Verzweiflung und tiefster Dunkelheit noch höchstselbst alle Verbindungskabel von der Höllenmaschine gekappt und sichergestellt hatte, dass die Chronosphäre nicht weitere Löcher in die Realität riss. Alle weiteren Erinnerungen hatte er zu verdrängen gesucht. Wie endlich wieder das Licht angegangen war, aber zum Glück dann ohne weiteren Zwisschenfall. Wie einer der Laborassistenten dann seinen Mantel über den zerschmetterten McKinley ausbreitete, der sich in der Blutlache aber sofort vollsog und zu einem scharlachroten Leichentuch wurde. Das Chaos, als alle wild durcheinanderschnatterten und jeder dort nur nach einem Schuldigen, aber keiner nach einer brauchbaren Lösung suchte. Als Schließlich jemand einen der PCs startete und schließlich wieder die ganzen Leute in Great Falls zu sehen waren. An den Wutanfall des Verteidigungsministers, viele kurze, dahergebrüllte Befehle, die aber bloß purer Aktionismus und Zeugnis bitterster Verzweiflung waren. Später liefen auf dem gleichen Bildschirm dann die Nachrichten. Bilder der zerrissenen Stadt, dann bald auch von dem klaffenden, mehrere hundert Meter breiten Loch im Maisfeld waren zu sehen. Wie die Reporter nach Erklärungen suchten und der Fernseher dann endlich abgeschaltet wurde. Und zuletzt, wie man sie alle durch einen winzigen Notfallschacht evakuierte, denn das Hauptnetz, an dem auch der Fahrstuhl hing, war ja komplett abgeschaltet worden. Roger wäre in dem engen Loch beinahe steckengeblieben, als er wie ein Wurm am Haken von einer Seilwinde nach oben gezogen wurde. Um nichts in der Welt hätte er in dieses Höllenloch je wieder zurück gewollt. Doch brachte ihn der Aufzug geradewegs dorthin.
Dieser Aufzug wurde jetzt spürbar langsamer und hielt. Nach kurzem Marsch durch die Versorgungsgänge stieß Steward die Labortür auf.
„Generals und Colonels, willkommen.“
Mit der runden Brille auf der Nase und dem weißen Laborkittel war Charlie seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Er hatte sich sogar von diesem ruppigen Bart getrennt, duftete allerdings nach einem anderen, teureren Rasierwasser. Roger musste trotzdem zweimal hinsehen, um den Gedanken an ein déjà vu zu verscheuchen.
„Sie haben gesagt, sie hätten Ergebnisse, McKinley. Das wurde aber auch Zeit. Was können Sie uns sagen? Wo sind unsere Leute?“
„Oh, ich habe Sie auch sehr vermisst, Colonel Steward. Und was für eine Freude, sie alle zu sehen.“ Im Gegensatz zu seinem Vater gab sich Charlie niemals Mühe, seine Verachtung hinter aufgesetzter Höflichkeit zu verstecken. Er schlug sie und seinen Sarkasmus jedem der Neuankömllinge wie einen Streitkolben direkt ins Gesicht. „Wenn sie sich bitte setzen würden? Wir haben viel zu besprechen.“
Die Stabschefs nahmen der Reihe nach Platz, Steward mit vor der Brust verschränkten Armen.
„Um auf ihre Frage zu antworten, Colonel… Die erübrigt sich eigentlich. Es ist nicht die Frage, wo die Vermissten sind. Sondern vielmehr wann.“
Also ist es wirklich wahr…
„Wie ihr Experte vom MIT bin auch ich davon überzeugt, dass die Chronosphäre tadellos funktionierende Wurmlöcher erzeugen kann“, fuhr Charlie fort. „Wenn diese sich allerdings unkontrolliert ausbreiten, verkürzen sie nicht mehr die Transportzeit zwischen einem Punkt A und einem Punkt B auf Null. Dann dehnt sich die Raumzeit mit. Und steigt jemand dann in dieses Wurmloch, spuckt ihn die Chronosphäre zwar immer noch an Punkt B aus, aber eben erst viel, sogar sehr viel später. So dachten wir zuerst jedenfalls.“
„Soll das heißen, wir haben die Leute in die Zukunft geschickt?“
„Wie gesagt, das dachten wir zuerst. Doch diese Einschätzung war falsch. Da die Drehachse negativ gepolt war und sich das Loch auch kegelförmig in die Breite ausgedehnt hat, sind die Leute in die Vergangenheit befördert worden. Und zwar ziemlich, ziemlich weit.“
„Sagen Sie schon. Wie weit?“
„Daran arbeiten wir noch. Die zurückgelegte Raumzeit anhand der Ausdehnung des Wurmlochs im Detail auf Tag, Stunde und Minute genau zu berechnen dauert angesichts so vieler Variablen sicher noch ein paar Tage. Aber was wir bereits wissen: es sind ungefähr sechsundsechzig Millionen und Neunzehntausenddreihundertvierundachtzig Jahre. Plusminus fünfzehn Jahre.“
Roger stockte der Atem. Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich damit bestätigt. Er senkte den Kopf.
„Also gibt es keine Hoffnungen mehr für unsere Vermissten, nicht wahr, Professor?“, fragte Palmer mit tonloser Stimme.
„Ich bin kein Professor, Colonel“, sagte Charlie tonlos. „Und doch, ich sehe in der Tat noch Möglichkeiten. Ein Paläontologe, den wir zu diesem Thema so diskret es nur ging befragt haben, gab uns die Einschätzung, dass Menschen zu jener Zeit wohl durchaus imstande gewesen wären, zu überleben. Die Atmosphäre war zwar sauerstoffhaltiger als heute, aber man könnte sie durchaus atmen.“
„In welcher Zeit sind sie, Charlie?“, fragte Roger mit besorgter Miene.
„Im Maastrichtium“, sagte Charlie. Doch Roger konnte damit nichts anfangen. Sein Blick verriet das offenbar, denn Charlie setzte sogleich fort: „Späte Kreidezeit. Kurz vor dem Ende der Dinosaurier.“
„Und was sind jetzt unsere nächsten Schritte?“, blaffte Steward.
„Nun, die Wiederherstellung eines Wurmlochs ist nicht das Problem. Wir müssen allerdings für eine identisch große Ausbreitung sorgen, die exakt dem Maße und Winkel entspricht wie das, das zuvor versehentlich entstand. Ein paar Millimeter zu wenig, und wir verpassen unsere Leute um Jahrzehnte. Und ein paar Millimeter zu viel bringen uns in eine ganz andere, viel zu frühe Zeitlinie, wo wir sie überhaupt nicht mehr antreffen werden.“
„Aber ist die Wiederherstellung dann überhaupt möglich, wenn es so exakt sein muss?“, fragte Allison.
„Kurz gesagt ja. Prinzipiell schon. In drei Tagen haben wir die genauen Werte. Und dann müssen wir die Chronosphäre nur noch eben exakt auf diese hin ausrichten und den Stabilisationsring bauen. Allerdings muss dieser etwa fünfunddreißig Meilen lang sein und am Ende sechshundertfünfzig Yards im Durchmesser haben.“
Palmer seufzte. „Dann werde ich das dem Minister ausrichten. Ich glaube kaum, dass wir für dieses Projekt die Mittel bewilligt bekommen. Tausend Seelen hin oder her, das wird uns viele Millionen Dollar kosten.“
„Es würde Milliarden Dollar kosten, so einen gewaltigen Stabilisationsring zu bauen“, verbesserte sie Steward. „Vergessen Sie es. Auch wenn ihr Freund und ihre kleine Freundin bei den Dinos vielleicht noch wohlauf sind, sie werden es sich in der Kreidezeit wohl gemütlich machen müssen.“
„Es geht um mehr als tausend Menschenleben, Sie Arschloch. Nicht nur um Coleman und Ferguson!“, polterte Charlie und sah aus, als würde er das Klemmbrett, das er in der Hand hielt, am liebsten dem verhassten Colonel über den Schädel ziehen. „Schön zu sehen, dass Ihnen diese Leben keine Investition wert sind. Aber erstens haben wir das große Glück, dass Sie das nicht zu entscheiden haben.“ Obwohl der Colonel aufgesprungen war und die Fäuste ballte, konnte Roger ihn mit einem Blick und Charlie ihn mit seinen weiteren Worten entwaffnen:
„Und zweitens habe ich mir in der Vorahnung, dass Sie alter Geizhals bestimmt auch andere von Ihrer menschenverachtenden Sichtweise überzeugen würden, bereits eine billigere Alternative überlegt. Wir können mit relativ geringem Aufwand und einigen Anpassungen die Röhren vom Teilchenbeschleuniger benutzen. Die sind zwar durch das erste Wurmloch komplett zerrissen worden, aber die Magnetspulen funktionieren noch. Bloß auf den letzten zwanzig Yards müssen wir noch einen etwas breiteren Anhang dransetzen, aber das dürfte ihr Budget trotzdem vielleicht gerade noch so hergeben.“
„Wir werden uns mit dem Minister beraten“, sagte Roger nach zehn Sekunden unbequemen Schweigens, in denen er vielsagende Blicke mit den anderen Stabschefs ausgetauscht hatte. „Danke, Charlie. Bitte triff schon alle nötigen Vorbereitungen. Geh davon aus, dass wir die nötigen Mittel auftreiben werden!“
Roger erhob sich. Das waren wirklich ausgezeichnete Nachrichten. Als er und die anderen Colonels und Generals wieder auf dem Weg zum Flughafen waren, ahnte er jedoch nicht, dass Charlie ihm nicht alles verraten hatte.
Roger wusste nicht, dass Charles McKinley jr. beabsichtigte, nur ein Wurmloch zurück zum zweiten Lichtblitz zu rekonstruieren, um bloß seine beiden alten Freunde John und Melissa zu retten. Roger konnte sich nicht vorstellen, dass nach den Regeln der Physik mit einem reversiblen Wurmloch bloß ein Zeitpunkt anvisiert werden konnte, der höchstens genauso weit zurückging wie das letzte, nicht aber wie das erste in unserer Zeit erzeugte Wurmloch. Und das dies dann auch nur mindestens mit der aufaddierten Zeitspanne möglich war, die sie jetzt noch zum Bau dieses Zeitmaschine benötigten. Es war Roger nicht klar, dass das im Klartext hieß, dass Charlie unter Zeitdruck stand. Jeder Tag, jede Woche und jeder Monat, die im 21. Jahrhundert vergingen, mussten auch Charlies Freunde in der Kreidezeit durchhalten, denn direkt an den Punkt zu beamen, an dem sie in der Urzeit angekommen waren und sie dort sicher einzusammeln, war nach Charlies Berechnungen nicht möglich.
Roger wusste außerdem nicht, dass sich nach Charlies Messungen das erste Wurmloch deutlich weiter ausgebreitet hatte als das zweite. Und er hatte keine Ahnung, dass die vielen hundert Menschen, also die aus der Stadt und aus dem Flugzeug, alle mit Sicherheit nicht mehr zu retten waren. Nur Charlie allein wusste nämlich, dass zwischen der Ankunft dieser vielen armen Seelen und der Ankunft von Coleman, Ferguson und dieser Schulklasse inzwischen bereits mindestens achthundertsiebenundvierzig Jahre vergangen waren.
Hat dir dieses Teaserkapitel gefallen?
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Lieber Markus, beeil dich bitte mit der Fertigstellung des dritten Teils. Ich muss endlich wissen, wie es weitergeht!
Ralf
Hallo Ralf,
Ich gebe mein Bestes. Jetzt in den freien Tagen wird nochmal fleißig weitergeschrieben. Allerdings stehen dieses Jahr noch Prüfungen und auch ein Umzug an, der mich sicher zeitlich sehr beanspruchen wird. Also muss ich weiterhin um Geduld bitten. Das neue Buch soll schließlich gut werden, mit vielen neuen Aspekten, Schauplätzen und Charakteren, die alle sauber ausgearbeitet und recherchiert sein sollen. Das Aufbauen einer längst vergangenen Welt ist mehr, als das einfach nur alles niederzuschreiben. Es macht natürlich sehr viel Spaß, besonders wenn man auch andere Menschen damit begeistern kann. Aber es ist auch sehr aufwändig.
wenn sie mit dem 3. buch der weissen steine fertig sind möchte ich es wieder beziehen.
lg barbara jens
Natürlich gern! Sobald es fertig ist, werde ich es hier und auch bei Facebook und Instagram bekanntgeben.