Eines der am meisten Aufsehen erregenden Ereignisse in der Geschichte der Paläontologie ist wohl der Streit zweier Wissenschaftler am Ende des 19. Jahrhunderts. Unter dem Begriff Bone Wars (Knochenkriege) ist diese Auseinandersetzung berühmt geworden. Die Kontrahenten waren zwei Männer, die zu Beginn sogar einmal freundschaftlich miteinander verbunden waren. Edward Drinker Cope, Professor der Universität von Pennsylvania; und Othniel Charles Marsh, der Neffe des Gründers des Peabody-Museums in Yale und späterer Präsident der National Academy Of Science. Am Ende ihrer Fossilien-Fehde hatten beide Männer sich sowohl finanziell als auch ihre Karriere an den Rand des Ruins gebracht. Populär wurde der Begriff „Bone Wars“, als die beiden Forscher in Form einer Zeitungsfehde auch öffentlich aufeinander einschlugen. Eine Schlagzeile im The New York Herald vom 12. Januar 1890 lautete:
„Scientists Wage Bitter Warfare!“
(Wissenschaftler führen erbitterten Krieg!)

Das öffentliche Interesse an dieser verbalen Schlammschlacht hielt zwar nur drei Wochen lang an. Doch ging ihr eine mehr als zwei Jahrzehnte andauernde Feindschaft voraus. 1890 erreichte sie ihren Höhepunkt, als die Forscher auch in der Presse aufeinander mit Schimpftiraden, Verleumdungen und auch der einen oder anderen sogar berechtigten Anschuldigung aufeinander losgingen.
Am Ende standen beide Wissenschaftler vor einem finanziellen Ruin und einem angeschlagenen Ruf in der Wissenschaft. Trotzdem hat wohl kaum ein Kapitel in der Wissenschaftsgeschichte so sehr zur Dinosaurierforschung beigetragen. Zusammen beschrieben Cope und Marsh während ihres „Krieges“ ganze 142 neue Dinosaurierarten, von denen viele auch heute noch gültig sind. Darunter auch viele der berühmtesten Dinosaurier, die heute noch in jedem Zimmer eines dinosaurierbegeisterten Kindes zu finden sind. Grund genug also, dem Thema eine eigene Serie zu widmen!
Diese Serie habe ich zusammen mit Hiltrud Cantauw von der Seite Dinosaurier-Interesse.de verfasst. Vielen Dank dafür, liebe Hiltrud, dass du mir deine interessanten Rechercheergebnisse zur Verfügung gestellt hast! Außerdem ist der Beitrag auch als Video von Michael Kubi verfügbar!
Fossilienjagd im Wilden Westen
Da es damals wie auch heute bei der Jagd nach Fossilien nicht nur um wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern vielmehr um persönlichen Ruhm und Aufmerksamkeit ging, versuchten Cope und Marsh sich in den folgenden Jahren immer wieder gegenseitig zu übertreffen. Sie setzten zum Teil enorme Geldsummen ein, um Expeditionen in den noch weitestgehend unerschlossenen Wilden Westen zu organisieren. Diese Forschungsreisen waren oft sogar lebensgefährlich, da die Fossilienjagdgründe genau auf dem Gebiet lagen, das zur Zeit der Indianerkriege noch heftig umkämpft war.

Im Jahre 1876 grub Cope nur wenige Kilometer von dem Schlachtfeld des Little Bighorn in Montana, auf dem die US-Armee und ihr General George A. Custer in einer vernichtenden Niederlage gegen die Indianer geschlagen wurden. Am Morgen nach der Schlacht wurde Copes Lager von Kriegern der Crow-Indianer eingekreist. Doch anstatt die Dinosaurierjäger ebenfalls abzuschlachten, schlossen sie mit ihnen bald Freundschaft. Cope hatte gerade die Reinigung seiner Zahnprothese beendet und war dabei, sie sich wieder einzusetzen, was auf die Indianer großen Eindruck machte. Cope sollte zu ihrer Belustigung diese Prozedur nun immer wieder vorführen und erhielt von den Indianern im Gegenzug Versorgung, Schutz und sogar einen Ehrennamen: Funny Teeth.

Marshs Indianerpolitik
Marsh hingegen hielt sich die Indianer vom Leib, indem er den Häuptlingen, u.a. dem Sioux-Chief Red Cloud versprach, sich in Washington politisch für die Interessen der Indianer einzusetzen. Das hat Marsh zwar auch tatsächlich getan, jedoch blieben seine Fürsprachen weitestgehend von der U.S.-Amerikanischen Führungsschicht unbeachtet. Ob Marsh dies schon im Vorfeld wusste, sei einmal dahingestellt. Dass es sich mit seinem „Respekt“ für die Indianer sehr ambivalent verhielt, macht auch die Tatsache deutlich, dass er selbst mit seinem Team von einer Expedition im Jahr 1870 nicht nur Fossilien nach Yale brachte, sondern auch die Knochen von Ureinwohner. Der Versuchung, einen Friedhof der Sioux-Indianer umzugraben, konnte er offenbar nicht widerstehen. Trotzdem sah sich Marsh Zeit seines Lebens als Freund der Indianer, womit er auch gerne prahlte.

Unter fortwährendem Zeitdruck veröffentlichten Marsh und Cope in einer Tour ihre Forschungsergebnisse, wobei Marsh jedoch aufgrund seines Einflusses und seiner Mittel weit erfolgreicher war als sein Kollege. Trotzdem schreckte er nicht davor zurück, Copes Arbeit zu sabotieren, wo er nur konnte. Cope wehrte sich natürlich und ließ seinerseits den Konflikt immer weiter eskalieren. In den Quellen liest man oft, dass Cope sehr unbeherrscht und sogar gewalttätig gewesen sein soll. Manche seiner Expeditionsmitglieder berichten, Cope habe sie wie ein Sklaventreiber behandelt und ihnen zum Teil unmenschliche Mühen abverlangt.
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Michael Crichton – Dragon TeethWyoming 1875: So wie die Erde unter den donnernden Büffelherden des noch wilden Westens bebt, wird die Welt von der Entdeckung einer noch größeren, viel älteren Naturgewalt erschüttert. Fossile Funde belegen: Einst müssen riesige Urzeitwesen die Erde bevölkert haben: die Dinosaurier. Damit rückt ein wenig beachteter, aber revolutionärer Wissenschaftszweig, die Paläontologie, ins Licht der Öffentlichkeit. Der lebensgefährliche Wettlauf zweier Wissenschaftler: Nach einer wahren Geschichte ersann Michael Crichton, der Autor von Jurassic Park, einen seiner ersten Thriller. Entstanden schon 1974 und erst unlängst veröffentlicht, eine Geschichte um Gier, Obsession und den Anfang einer neuen Zeit. |
Umbenennungen
Im März 1877 fand der englische Lehrer Arthur Lakes, der in Golden im Bundesstaat Colorado arbeitete, zusammen mit dem Navy-Offizier Captain Henry Beckwith in der Nähe der kleinen Stadt Morrison einen riesigen Wirbelknochen. Sofort benachrichtigte Lakes diverse lokale Zeitungen und schickte eine Zeichnung des Knochens zu Marsh, damit er diesen identifiziere. Allerdings reagierte Marsh nicht sofort. So benachrichtige Lakes auch Cope von seinem Fund. Beiden Männern schickte er weitere Knochenproben zu, die er inzwischen gefunden hatte. Als Marsh erfuhr, dass auch Cope über diesen Fund Bescheid wusste, übersandte Marsh sofort einen Vorschuss von 100 Dollar mit dem Hinweis, Lakes solle ihm sämtliches Material zukommen lassen und auch die an Cope übersandten Fossilien zurückfordern. Auch diese Episode wird oft als der eigentliche Beginn der Knochenkriege angesehen.

Möglichst rasch beschrieb Marsh nun diesen Dinosaurier und gab ihm den Namen Titanosaurus montanus. Im gleichen Aufsatz, in dem er den neuen Dinosaurier beschrieb, gab er auch zu Copes Ärgernis einen Hinweis, dass eine von Copes bedeutendsten Benennungen als ungültig zu betrachten sei. Cope hatte 1866 einen großen fleischfressenden Dinosaurier, den er in den Mergelgruben in New Jersey gefunden hatte, als Laelaps aquilungis beschrieben. Laelaps, altgriechisch für „Springer“, ist in der griechischen Mythologie der unsterbliche Jagdhund des Gottes Zeus, den er seiner Verehrten Europa zum Geschenk machte, und der später auch dem berühmten Jäger Aktaion gehörte.

Doch dieser Name war bereits, wie Marsh herausfand, an eine Milbenart vergeben worden. Marsh nutzte sogleich die Gelegenheit und benannte den Dinosaurier um, zu Dryptosaurus. Diesen Namen trägt er bis heute. Cope kochte sicherlich vor Wut, konnte allerdings nichts dagegen unternehmen.

Die fehlgeschlagene Revanche
Auch eine Revanche blieb Cope verwehrt. Denn kurze Zeit später stellte sich nämlich heraus, dass auch der Name Titanosaurus schon für eine andere Saurierart genutzt wurde. Doch bevor Cope ihm zuvorkommen konnte, nannte Marsh seinen Dinosaurier im November 1877 selbst in Atlantosaurus um. Dennoch ging Cope in einem Aufsatz aus dem Dezember 1877, in dem er die zwei neuen Dinosaurier Camarasaurus supremus und Amphicoelias altus beschrieb, kurz auf den von Marsh beschriebenen Titanosaurus ein. Cope erklärte, dieser Dinosaurier würde sich von anderen schon beschriebenen Arten überhaupt nicht unterscheiden. Ein eigener Name sei somit nicht gerechtfertigt! Auch heute noch bestehen Zweifel an der Gültigkeit von Atlantosaurus als eigene Gattung.

Wer hat den Größten?
Die Rivalität nahm zwischen den beiden Kontrahenten Marsh und Cope immer weiter zu. Obwohl sie anfangs eher geringes Interesse an den Urzeitechsen zeigten, änderte sich dies schlagartig, als beide nun die die Prestigewirksamkeit dieses Themas erkannten. Nun wetteiferten beide darum, die meisten, spektakulärsten und vor allem den größten Dinosaurier zu finden. Besonders die Sauropoden, also langhalsige, vierbeinige Pflanzenfresser gelangten in den Fokus von Marshs und Copes Aufmerksamkeit. Und die beiden Rivalen wurden es nicht müde, mit neuen Superlativen zu protzen, die, bei objektiver Betrachtung, aber wohl oft bei weitem übertrieben wurden.
Marsh gab im Jahr 1878 die Körperlänge seines Atlantosaurus immanis zum Beispiel auf umgerechnet 35 Metern an:
„Die vorliegende Art war weitaus größer als jedes bisher beschriebene rezente oder fossile Landtier. […] Ein Vergleich dieses Knochens mit dem Oberschenkelknochen eines Krokodils würde für die fossile Art, unter der Annahme, dass die beiden Reptilien die gleichen Proportionen haben, eine Länge von etwa einhundertfünfzehn Fuß ergeben!“
Amphicoelias fragilissimus: Copes „Super-Dino“!
Im August des gleichen Jahres schickte Cope die Beschreibung des hinteren Rückenwirbels einer neuen Sauropoden-Art, die er Amphicoelias fragillimus nannte, per Telegramm:
„Die Abmessungen ihrer Wirbel übertreffen bei weitem die aller bekannten Landtiere.“
Cope gab die Länge des Wirbels in einer Rekonstruktionszeichnung mit unglaublichen 2,4m an, packte die Knochen in eine Kiste und schickte sie per Zug von Colorado nach New York. Ausgehend von diesen Ausmaßen und basierend auf der Rekonstruktion anderer aus dieser Gegend bekannten Sauropoden hätte Copes Amphicoelias fragillimus die unvorstellbaren Ausmaße von etwa 60m Körperlänge und das Gewicht von über 150 Tonnen erreicht. Das ist beinahe schon so groß wie ein Blauwal! Ausgehend von Marshs und Copes Rivalität und ihrem Wettstreit zu dieser Zeit, und auch der Tatsache, dass die Box mit den Knochen niemals in New York ankam, kann man hier aber von einer maßlosen Übertreibung ausgehen. Auch die Fundstelle konnte später niemals genau lokalisiert werden. Vielleicht hat Cope sie nach seiner Grabung dort sogar in die Luft sprengen lassen, damit Marsh dort nichts mehr finden konnte – oder um seinen Betrug zu verschleiern.

Moderne Interpretationen
Der Paläontologe Kenneth Carpenter kam 2018 jedoch zu einem anderen Schluss. Er ist der Überzeugung, dass Copes Wirbel tatsächlich existierte. Zwar schreckten Marsh und Cope durchaus nicht vor Fälschungen und Betrügereien zurück, aber es gäbe auch noch eine andere Erklärung. Zu Copes Zeiten war es nämlich durchaus noch üblich, die Maßeinheit „Meter“ mit dem Großbuchstaben „M“ abzukürzen, wie es Cope in seinen Veröffentlichungen auch meistens getan hat. Das kleine „m“ stand bei Cope dagegen zumeist für „Millimeter“.

Später verwarf Carpenter die Idee eines Typographiefehlers aber wieder. Denn er konnte belegen, dass Copes Zeichnung eher einen Rebbachisauriden-Wirbel zeigte als den eines Diplodociden. Deshalb stellte Carpenter das Fossil auch in eine eigene Gattung, die heute Maraapunisaurus genannt wird. Für einen Rebbachisauriden war Maraapunisaurus fragillimus dennoch relativ groß und das Tier hätte immerhin eine Länge von etwa 31m gehabt.

Auch Marshs Atlantosaurus wird heute von den meisten Forschern einer anderen Gattung zugeschrieben, nämlich dem ebenfalls von Marsh beschriebenen Apatosaurus. Apatosaurus immanis wurde allerdings wohl nur 22m lang. Es gibt aus der Morrison Formation allerdings Fossilien, die auf Sauropoden hindeuten, die etwa 35m Körperlänge oder sogar mehr erreichen konnten. Barosaurus lentus, Supersaurus viviane und vor allem Diplodocus („Seismosaurus„) hallorum kamen offenbar tatsächlich an Marshs und Copes Superlative heran und übertrafen sie vielleicht sogar!

Machtverschiebungen
Das Jahr 1878 bedeutete allerdings auch auf politischer Basis einen wichtigen Wendepunkt während der Knochenkriege. Othniel Charles Marsh wurde nun nämlich zum Präsidenten der American Association for the Advancement of Science (AAAS) gewällt. Als Joseph Henry, der erst im Dezember 1877 wiedergewählte Präsident der National Academy Of Science, im Mai 1878 starb, übernahm Marsh als Vizepräsident vorübergehend auch dessen Amtsgeschäfte. Lediglich Cope hatte während der Wahl gegen Marsh als Vizepräsident gestimmt. Auch Henrys Nachfolger, Barton Rogers, starb vor Ende seiner Amtszeit, und dessen Nachfolger, Wolcott Gibbs, trat seine Präsidentschaft niemals an. So wurde Marsh schließlich die Präsidentschaft der National Academy of Science offiziell übertragen.

1870 hatte sich Cope der Vermessungsgesellschaft von Ferdinand Hayden („Hayden Survey“) angeschlossen, die die Landschaften im Westen der USA topographisch erfasste. So konnte er unter dem Schutzschirm der Gesellschaft nach Fossilien graben − unentgeltlich versteht sich. Cope finanzierte damals jede seiner Ausgrabungen aus eigener Tasche.
Die Gründung des United States Geological Survey
Zu dem Zeitpunkt, als Marsh die Amtsgeschäfte an der National Academy of Science übernahm, gab es noch vier unabhängig voneinander arbeitende Vermessungsgesellschaften. Eine wurde von Ferdinand Hayden geführt, eine von George Wheeler, eine von John Wesley Powell und eine von Clarence King. Das Ergebnis war, dass es Gebiete gab, die zweimal unabhängig voneinander vermessen wurden. Und sogar Berge, die verschiedene Namen erhalten hatten.

Das führte zu Bestrebungen, die vier Vermessungsgesellschaften in eine einzige Organisation zusammenzuführen. Maßgeblich an den Bestrebungen beteiligt waren Powell und Hayden. Powell brachte 1878 den Vorschlag, auch die National Academy Of Science in den Prozess der Zusammenlegung mit einzubeziehen, was dazu führte, dass deren Präsident Marsh ein sechsköpfiges Team unter seiner eigenen Leitung zusammenstellte und viele von Powells Vorschlägen übernahm, welcher selbst nicht Mitglied des Teams war.
Der abschließende Entwurf wurde mit einer großen Mehrheit von der Akademie angenommen und an den Kongress weitergeleitet. Die einzige Gegenstimme kam von Cope. Im April 1879 wurde dann der United States Geological Survey gegründet, für den sich auch Hayden als Direktor beworben hatte. Obwohl Cope sich für Hayden in Washington stark machte, verhinderte eine Schmutzkampagne gegen Hayden seine Wahl. Zudem setzten sich Powell und Marsh für Clarence King als Direktor ein, der diese Stelle letztendlich auch bekam. King selbst zeigte jedoch wenig Ambitionen, sich in diese Aufgabe einzubringen. Er pflegte einen exklusiven Lebensstil und sah für sich mehr Erfolg im Bergbauwesen. Dementsprechend zog er sich schon im darauffolgenden Jahr zurück und übertrug die Leitung an John Wesley Powell, der inzwischen eng mit Marsh zusammenarbeitete.
„Copes Bibel“
Für Cope war die Zusammenarbeit mit dem Vermessungsamt im Jahr 1879 beendet, als Hayden seinen Posten verlor und in der zusammengelegten Organisation keine großartige Aufgabe mehr übertragen bekam. Zuvor war ihm jedoch noch zugesagt worden, dass das Vermessungsamt seine Ergebnisse aus den Expeditionen mit Hayden in einem Buch unter dem Titel The Vertebrata of the Tertiary Formations of the West veröffentlichen würde.

Dies geschah im Jahr 1884. Powell, der für die Veröffentlichung zuständig war, wurde von dem Umfang allerdings vollkommen überrascht. Das Buch hatte mehr als 1000 Seiten, wog rund sieben Kilogramm und beschrieb rund 350 fossile Säugetier- und Reptilienarten aus dem Bridger Basin in Wyoming, den John Day Fossil Beds in Oregon, dem Puerco in New Mexico und den White River Badlands in South Dakota. Die Kosten für den Druck überstiegen deutlich alles, was für ein „normales“ Buch ausgegeben werden musste. Daher war Powell auch nicht bereit, die beiden Folgebände noch zu veröffentlichen, obwohl Cope an diversen Stellen vorsprach. Es blieb das einzige umfassende Werk Copes, das umgangssprachlich auch als „Copes Bibel„ bezeichnet wird.
Marsh nutzt seinen Einfluss
Powell bot Marsh dann zwei Jahre später auch die Stelle des offiziellen Wirbeltier-Paläontologen des U. S. Geological Survey an, welche dieser nach der Zusage, dass die von ihm entdeckten Fossilien in seinem Besitz bleiben würden, auch annahm. Dies brachte Marsh ein zusätzliches Jahresgehalt von 4000 US-Dollar ein und einen vom Staat bezahlten vierundfünfzigköpfigen paläontologischen Stab, der sich aus Voll- und Teilzeitsammlern sowie Laboranten zusammensetzte.

Dies gab Marsh nun die Möglichkeit, seinen Einfluss auszubauen. Und ihn zu nutzen, um seinem Erzfeind zu schaden, wo immer er konnte. Der Streit zwischen Marsh und Cope nahm dabei immer grotesker Züge an. Davon profitierten vor allem die Amateurfossiliensucher und bezahlten Knochenjäger, die für die beiden Forscher arbeiteten. Denn beide boten absolut unübliche Geldsummen für neue Entdeckungen an, und deren Preis wurde aufgrund der Konkurrenz durch den jeweils anderen immer weiter in die Höhe getrieben. Oftmals lief der Konkurrenzkampf zugunsten von Marsh, da er inzwischen über die weitaus größeren finanziellen Mitteln verfügte. Da Marsh aber dafür bekannt war, dass er Zahlungen nicht sehr zügig vornahm, liefen diverse Männer ins Lager von Cope über, der anscheinend pünktlich den ausgehandelten Lohn übergab.
Unsaubere Wissenschaft ohne Fairplay
Das Misstrauen, oder vielmehr die tiefe Missgunst der beiden Kontrahenten gegenüber einander führte sogar bis zu einem Ausspionieren des jeweils gegnerischen Lagers. Dabei wurde auch vor Diebstahl nicht zurückgeschreckt. Behörden und Gesetzeshüter wurden bestochen, um dem Rivalen Steine in den Weg zu legen. Verleumdungen führten gar dazu, dass Mitglieder der Expeditionen aufgrund von Verbrechen, die sie gar nicht begangen hatten, festgenommen wurden.
Auch vor absichtlichen Fälschungen schreckten beide nicht zurück. Und regelmäßig kam es zwischen den Expeditionsteams auch häufig zu brutaler Gewalt. Schließlich ging die Rivalität soweit, dass die Funde, die nicht gesichert und mitgenommen werden konnten, kurzerhand zerstört wurden, damit die Gegenseite nur ja keine Gelegenheit bekam, hier weitere, womöglich bahnbrechende Funde zu tätigen. Leider gingen durch diese Aktionen viele Fossilien für die Wissenschaft für immer verloren.
Streit um die permischen Wirbeltiere
Für Cope ergab sich im April 1878 dennoch die Möglichkeit, Marsh zu diffamieren. In seinem Aufsatz seines Erzfeindes las er nämlich dessen Behauptung, dass bis dato in Amerika noch keine Wirbeltiere aus dem Zeitalter des Perm identifiziert worden wären. Darüber hinaus gab Marsh in seinem Aufsatz an, dass angeblich Hermann von Meyer bei einem triassischen Tier sogenannte intercentral bones („Zwischenwirbelbeine“) entdeckt haben wollte.

Empört, oder vielleicht sogar ganz schadenfroh über diesen Fauxpas, schrieb Cope zwei Monate später eine Gegendarstellung, in der er aufzeigte, dass er selbst bereits in mehreren Aufsätzen vorher von permischen Wirbeltieren berichtete. Inzwischen seien schon 21 Arten bekannt! Zudem konnte Cope darlegen, dass Marsh in seinem Aufsatz Informationen verwendete, die er bei einer von Copes Vorlesungen vor der National Academy Of Sciences am 18. April aufgeschnappt haben musste, was gerade durch die Verwendung des Begriffs „intercentral bones“ in seinem Aufsatz deutlich wurde. Denn im Gegensatz zur Aussage Marshs hatte von Meyer diesen Begriff niemals benutzt. Cope selbst hatte ihn in jenem Vortrag das erste Mal erwähnt!

Dieser Aufsatz von Marsh aus dem April 1878 erhält eine noch größere Bedeutung angesichts einer Anmerkung, die Marsh im Zuge des Streits um die Uintatherium-Benennung zu Copes Schriften im Jahr 1873 gemacht hatte. Darin empörte sich Marsh über die angeblich unprofessionelle Arbeit Copes, da nicht nachzuweisen sei, mit welchem Datum er seine Schriften veröffentlicht hätte und somit der Streit um das Recht der Namensgebung nicht eindeutig geklärt werden könne. Anscheinend maß Marsh also gerne mit zweierlei Maß. Die Schmach, die Marsh durch Copes Gegendarstellung erfahren musste, wird er wohl nicht so schnell vergessen haben.
Die Fossilien-Fehde schaukelte sich in der Folgezeit immer weiter hoch, bis sie einen der beiden Kontrahenten schließlich an den Rand des Ruins brachte. Den Höhepunkt der Knochenkriege beschreibe ich dann im kommenden Kapitel. Sei gespannt!
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