Name: Palintropus retusus („Rückwärtsgebogener, stumpfer Schnabel“)
Beschrieben: 1892 von Othniel C. Marsh
Klade: Avialae (Vögel), Gruppe: Ambiortiformes
Körperlänge: ♂ bis zu 0,25m, ♀ bis zu 0,22m
Gewicht: ♂ bis zu 0,09kg, ♀ bis zu 0,08kg
Ernährung: insectivor
Beschreibung:
Palintropus ist ein kleiner, aber auffälliger Vogel aus der späten Kreidezeit. Mit einer Flügelspannweite von 50 bis 60 cm und einem Gewicht von etwa 250 Gramm erreicht er die Größe eines heutigen Stares. Wie dieser ist er ein geschickter Flieger. Charakteristisch für Palintropus ist sein kurzer, leicht gebogener Schnabel, der ideal dafür geeignet ist, Insekten aus Spalten, Ritzen oder lockerer Vegetation zu ziehen. Seine flexiblen Zehen ermöglichen es ihm, sich geschickt an Ästen und Baumrinde festzuklammern, während er nach Nahrung sucht. Am liebsten hält sich Palintropus in der Nähe von Gewässern auf, insbesondere an Flussufern oder in sumpfigem Gelände, wo das Nahrungsangebot besonders reichhaltig ist. Dort jagt er vor allem nach Käfern, Grillen und Spinnen.

Das Männchen trägt ein schillerndes rot-goldenes Gefieder, das es besonders in der Balzzeit wirkungsvoll in Szene setzt, während das Weibchen eine unauffällige, bräunlich gesprenkelte Tarnfärbung besitzt. Palintropus lebt in kleinen, lose organisierten Gruppen von fünf bis zehn Individuen. Trotz dieser Gruppenstruktur sind die Tiere keine streng sozialen Vögel und verbringen oft auch Zeit einzeln oder paarweise. Während der Brutsaison finden sich Männchen und Weibchen zu monogamen Paaren zusammen, die meist jedoch nur für die Dauer einer Brutsaison bestehen. Das Männchen erobern zunächst ein für den Nestbau ideales Revier, meist in der Krone eines Baumes. Anschließend locken sie ein Weibchen mit lauten Balzrufen an. Zeigt sich schließlich eine mögliche Partnerin interessiert, führt das Männchen einen komplexen Tanz auf, bei dem es sein prachtvolles Gefieder wirkungsvoll in Szene setzt und seine Kraft und Geschicklichkeit demonstriert.
Lebensweise:
Hat das Weibchen das Männchen akzeptiert, bauen beide gemeinsam ein Nest aus Zweigen, und trockenen Blättern, das sie anschließend auch mit Lehm verstärken, um die Eier vor Wind und Wetter zu schützen. Fünf bis zehn cremefarbene, mit dunklen Flecken versehene Eier können sich in einem Nest befinden, die das Männchen zwei Wochen lang bebrütet. Währenddessen wird es vom besser getarnten Weibchen mit Nahrung versorgt. Die frisch geschlüpften Jungen sind zunächst hilflos und nur spärlich befiedert. Das Männchen ist ein fürsorglicher Vater und bleibt in den ersten Tagen bei den Küken, um sie warm zu halten, während das Weibchen weiterhin Nahrung beschafft. Sobald die Küken nach etwa einer Woche ihre Augen öffnen und erste Federkiele sichtbar werden, beginnt das Männchen, ebenfalls Nahrung zu suchen.

Die Küken wachsen schnell und verlassen nach zehn bis zwölf Tagen das Nest. Zu diesem Zeitpunkt sind sie jedoch noch nicht flugfähig und suchen Schutz im dichten Unterholz. Dort klettern sie geschickt zwischen Ästen und Wurzeln umher und verfeinern durch ausgiebiges Flügelschlagen ihre späteren Flugfähigkeiten. Die Eltern bleiben über einen Monat lang immer ganz in der Nähe, um die Jungvögel vor Räubern zu schützen. Besonders Schlangen, Echsen und kleine Raubsaurier, aber auch so manches Säugetier sind eine Gefahr für den Nachwuchs. Besonders das Männchen zeigt als „Nanny“ großes Geschick: nähert sich ein Fressfeind, stürzt es sich in unmittelbarer Nähe auf den Boden und tut so, als sei es verletzt. Es hinkt und flattert und schreit erbärmlich, um die Gefahr von seinen Jungen wegzulocken. Befindet sich der Angreifer in sicherer Entfernung, gibt das Männchen seine Scharade auf und fliegt davon. Sobald die Jungtiere sicher fliegen können, verlassen sie das Brutgebiet und schließen sich anderen Gruppen an, um neue Nahrungsgebiete zu erkunden. Dadurch wird auch Inzucht vermieden.
Trivia über Palintropus:
Palintropus ist durch ein sogenanntes Coracoid, also einem vogeltypischen Teil des Schultergürtels, bekannt, das in der Lance Formation in Wyoming gefunden und auf das späteste Maastrichtium vor etwa 66 Millionen Jahren datiert wurde. Zusätzlich sind Coracoide und ein proximales Scapula von zwei weiteren Exemplaren aus dem oberen Campanium der Dinosaur Park Formation in Alberta bekannt, die auf 76,5 bis 75 Millionen Jahre datiert werden.
Ursprünglich wurden die zu Palintropus gehörigen Fossilien von seinem Entdecker, dem berühmten Paläontologen Othniel C. Marsh in die Gattung Cimolopteryx eingeordnet. Diese Gattung entwickelte sich aber im Laufe der Geschichte zu einem sogenannten Mülleimer-Taxon, dem viele weitere Vogel-Fossilien voreilig und oft ohne Diagnose einfach zugeordnet worden. Pierce Brodkorb wies ihm 1963 zunächst eine Verwandtschaft mit Apatornis zu und stellte 1970 die eigenständige Gattung Palintropus auf. Die genauen Verwandtschaftsbeziehungen von Palintropus sind aufgrund des begrenzten Fossilmaterials bis heute noch unklar. Es gibt mehrere Hypothesen:
- Einige Forscher vermuten, dass es sich bei Palintropus um ein frühes Mitglied der Charadriiformes (Regenpfeiferartige wie Watvögel, Möwen oder Alken) handelt, ähnlich anderen Vögeln der subtropischen Küstenlandschaften des Western Interior Seaway.
- Eine alternative Theorie sieht Palintropus als ein Mitglied der Galliformes (Hühnervögel), möglicherweise verwandt mit den ausgestorbenen Quercymegapodiidae.
- 2009 schlugen Longrich und Kollegen vor, dass Palintropus ein primitiver Vogel sei, der am engsten mit Apsaravis verwandt ist. Sie fanden Hinweise, dass Palintropus in die neu vorgeschlagene Gruppe der Palintropiformes eingeordnet werden sollte. Allerdings wurde für die Klade von Apsaravis und seine engsten Verwandten bereits der Name Ambiortiformes etabliert. Nach den Regeln der zoologischen Nomenklatur ist dieser Name vorrangig. Hier wird dieser Zuordnung gefolgt.
Palintropus in Die Weißen Steine:
Band II:
Palintropus hat im Kapitel „Zuflucht“ einen Kurzauftritt, als er John nach einer unbequemen Nacht durch sein lautes Geschrei weckt. Auch im Kapitel „Der Bergpass“ kommt er vor.
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Palintropus in der (englischsprachigen!) Wikipedia:
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