Manchmal beginnt eine Reise nicht mit dem ersten Schritt, sondern vielmehr schon mit einer Frage. Und manchmal kann einen diese Frage weiter führen, als man es sich je vorgestellt hätte. Meine Reise begann in den grünen Ebenen Nordirans und brachte mich bis an die windige Ostseeküste Schleswig-Holsteins. Zwischen den Reisterrassen des Kaspischen Meeres und den Feldern Norddeutschlands liegt mein Weg, der mich zur Wissenschaft, zur Kunst und zu den Kindern geführt hat, mit denen ich heute male und forsche. Vielleicht ist es genau dieser Mix aus Neugier, Kreativität und Bodenständigkeit, der mich antreibt. Und weil jedes Leben viele Geschichten schreibt, möchte ich hier meine erzählen.

Vier Wahrheiten und eine Lüge
Wer ich bin? Mein Name ist Sahar. Das bedeutet auf Persich so viel wie „Sonnenaufgang“. Mit meinen Schülern spiele ich zum Kennenlernen gerne ein Spiel: Vier Wahrheiten und eine Lüge. Es sagt mehr über Menschen aus als jedes Vorstellungsgespräch und weckt doch sehr die Neugier. Also, bist du bereit? Hier kommen die vier Wahrheiten und eine Lüge:
- Ich war bereits im Alter von 18 Jahren Schulleiterin.
- Ich stamme aus einer alten persischen Adelsfamilie.
- Ich bin dazu ausgebildet, Tattoos zu stechen.
- Ich habe in Deutschland eine Museumsausstellung über Wikinger illustriert und bin dabei mit einem echten Drachenboot gefahren.
Na, was glaubst du, was gelogen war? Wir kommen später darauf zurück. Erst einmal möchte ich dir erzählen, wie mein Weg von den Reisfeldern des Kaspischen Meeres in das meerumschlungene Schleswig-Holstein geführt hat.
Meine Wurzeln im Norden Irans
Ich bin in Rasht geboren, einer grünen Stadt zwischen dem Kaspischen Meer und den Bergen des Elburs-Gebirges. Ich erinnere mich immer noch gern an den Duft von nasser Erde nach dem Regen, an die Stimmen meiner Großeltern, an Granatapfelbäume in unserem Garten und die herzliche Gastfreundschaft, für die wir im Iran berühmt sind. Schon als Kind war ich immer schon neugierig und wollte im buchstäblichen Sinne immer allem genau auf den Grund gehen. Ich wollte wissen, warum manche Böden fruchtbar sind und andere nicht, und vor allem, wie es unter einer Pflanze eigentlich aussieht, die ja fest verankert im Boden steckt. Da ich von meinen Eltern und Tanten aber meist Schimpfe bekommen habe, wenn ich ihre Blumen aus den Bötten gerupft hatte, habe ich später Agrarwissenschaften studiert, um Antworten auf meine Fragen aus der Kindheit zu finden.

Allerdings schlagen viele Menschen, besonders in meiner Generation, im Iran oft zwei verschiedene Berufswege ein. Das habe ich auch getan. Schon seit ich 11 bin habe ich meine Mutter in ihrer Schule oft begleitet und dort in meiner ganzen Zeit als Jugendliche immer wieder mitgeholfen. Mit 18 Jahren wurde ich zur jüngsten Schulleiterin meiner Provinz ernannt. Dieses Zertifikat hatte ich sogar noch über ein Jahr vor meiner Mutter, die deshalb glaube ich immer noch ein bisschen neidisch auf mich ist. Aber auch stolz! Meine Eltern und ich haben nämlich ein tolles Verhältnis. Und ich vermisse sie oft sehr, da sie ja jetzt so weit entfernt wohnen und ich sie nicht mehr so einfach besuchen kann.
Der Teil mit der jüngsten Schulleiterin der Guilan-Provinz stimmt also tatsächlich!
Vom Kaspischen Meer zur Kieler Förde
Viele Jahre später führte mich das Leben nach Deutschland, an die Küsten der Ostsee. An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel forsche ich seit 2021 als Doktorandin über die geheimnisvolle Welt der Rhizosphäre: den Raum zwischen Wurzeln, Mikroben und Boden. Ich untersuche, wie Enzyme, pH-Veränderungen und verschiedene Pflanzen zusammenarbeiten, um Nährstoffe verfügbar zu machen. Dabei muss ich aber zum Glück keine Blumen mehr aus ihren Pötten rupfen: ich habe dazu mehrere Feldversuche mit Mais und Ackerbohnen durchgeführt. Und jetzt stehe ich kurz vor meiner Promotion. Am 03. Dezember verteidige ich meine Doktorarbeit, und bin schon ziemlich aufgeregt, weil das genau in meine kommende Enrichment-Zeit fallen wird.

Begeisterung fürs Reisen
In Kiel habe ich auch meinen Mann Markus kennengelernt. Und seither haben wir unzählige Abenteuer erlebt. Uns verbindet dieselbe Neugier auf das Leben, dieselbe Freude an Geschichten und dieselbe Liebe zur Erde. Markus interessiert sich dabei aber eher für den ganz alten Kram, nämlich für die Gesteinsschichten, in denen man Fossilien finden kann. Auch wenn mein Interesse immer eher dem bestellbaren Boden weit darüber galt, so hat er mich schon ein bisschen mit seiner Leidenschaft angesteckt. Ich fand es zum Beispiel sehr aufregend, als wir in Ohmden nach Fossilien gesucht und zu meiner Überraschung so viele goldfunkelnde Ammoniten entdeckt haben. Die schönsten und größten, die Markus jetzt immer ganz stolz unseren Besuchern präsentiert, habe aber eigentlich ich gefunden.

Wenn wir neben unserer umfangreichen Arbeit die Zeit finden, gehen Markus und ich gerne auf Reisen. Wir waren zusammen in den letzten paar Jahren in Neapel, sind mit der Fähre nach Capri übergesetzt, haben in Prag den Sonnenuntergang über der Moldau gesehen, in Budapest auf der Donau geblickt, und in Schweden und Oslo Nordlichtfarben im Himmel gesucht. Wir sind mit meiner Mutter durch Frankreich, Belgien, Luxemburg und die Niederlande gereist. Und zuletzt waren wir auch in Bregenz in Österreich und haben auch das Schloss Vaduz in Liechtenstein besucht.
Unsere Leidenschaft für Bücher
![]() |
Gemeinsam haben Markus und ich auch schon an mehreren Buchprojekten gearbeitet. Schon bei Markus zweitem Traumreise-Buch war ich sozusagen die erste Testleserin. Seither wollte ich aber immer auch ein eigenes Buch für Kindern machen. Die Idee dazu hatte ich schon im Iran, bevor ich nach Deutschland kam. Und jetzt ist sie endlich Wirklichkeit geworden! Unser erstes gemeinsames Buch, Das Königreich unter der Erde, erzählt von einer winzigen Welt unter unseren Füßen, in denen die magisch verkleinerten Kinder Mia, Max und Emma ihre Abenteuer bestehen müssen. |
Markus hat die Geschichte ins Deutsche übersetzt. Und ich habe die Illustrationen gezeichnet. Ich wollte, dass Kinder diese Welt, die ich schon seit Jahren im Kopf hatte, ebenfalls sehen können. Und dass sie verstehen, dass selbst der kleinste Wurm und der kleinste kleine Käfer eine Geschichte zu erzählen hat. Meine Illustrationen sind bewusst natürlich gehalten, wie mit Farbstiften gemalt, weil ich wollte, dass sich alles lebendig anfühlt. Und wenn Kinder nach dem Lesen in ihren Garten rennen und nach Angela, dem Engerling, suchen, dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe. Mein größtes Anliegen war es, den Kindern Sensibilität und Wertschätzung für alles Lebendige mitzugeben, auch für die Kleinsten, die in unserer unmittelbaren Nähe leben.
Das hat natürlich sehr viel Arbeit gemacht, aber es hat sich gelohnt: ich bin so glücklich, was am Ende dabei herauskam. Und kann jeden, der diese Zeilen liest, nur bitten: unterstützt uns weiter bei unserer Bucharbeit! Markus und ich haben noch viele weitere knuffige Ideen!

Farben, Kinder und Kreativität
![]() |
Neben der Forschung schlägt mein Herz, wie du sicher schon weißt, auch ganz besonders für die Kunst. Ich male aber nicht nur privat und auf Kommission, sondern leite inzwischen auch Kunstkurse für Kinder. Meine Kurse gebe ich fürs Enrichment-Programm Schleswig-Holstein, einem Projekt zur Begabtenförderung. Dort entdecken Kinder, dass Kunst kein bloßes Talent ist und es auch nicht unbedingt immer vorraussetzt. Sie ist vielmehr eine Sprache, die jeder lernen kann. Aber auch eine, die nicht immer jeder sofort versteht. |
Bei Enrichment malen wir mit Pinseln, Spachteln, Schwämmen, manchmal auch mit den bloßen Händen. Ich glaube, Kinder brauchen in ihrem Farbe genauso wie Pflanzen die Sonne. Es ist jedes Mal ein kleines Wunder, wenn sie merken, dass man auch Dinge, die man eigentlich nicht sehen kann, sogar seine Gefühle und Charaktereigenschaften malen kann.
Ich bin übrigens eine professionell ausgebildete Künstlerin. Und ich habe auch ein Zertifikat im Tätowieren, tatsächlich sogar mit Bestnote! Tätowieren ist für mich Malen mit Persönlich- wie Ewigkeitscharakter. Doch anstatt auf Haut, male ich heute lieber meist auf Leinwand oder Papier. Eigentlich habe ich nämlich ziemliche Angst vor Nadeln.
Trotzdem war das mit dem Tätowieren eine weitere Wahrheit.
Kunst, Wissenschaft und Leben
Ich sehe keinen großen Gegensatz zwischen Labor und Atelier. Beides erfordert Geduld, Beobachtung, und die Bereitschaft, Fehler als Teil des Prozesses zu begreifen. Eine Reaktion im Labor ist manchmal wie ein Aquarell: zu viel Wasser, und das Bild zerfließt; zu wenig, und es bleibt starr. Ich liebe beides: die Präzision der Wissenschaft und die Freiheit der Kunst. Vielleicht bin ich deshalb nie ganz in nur einer Welt zuhause, sondern zwischen ihnen. Und genau da fühle ich mich am lebendigsten. Vielleicht liegt es aber auch einfach in meiner Natur, oder an meiner Herkunft. Wir Iraner können irgendwie nie nur eine Sache machen. Mehrere Begeisterungen und Leidenschaften zu haben, ist für mich jedenfalls völlig normal. Und deshalb passen Markus und ich wohl so gut zusammen, weil er die Welt genauso sieht.

Und was war nun gelogen?
Tatsächlich war der Satz mit der Wikinger-Ausstellung die Lüge. Ich habe zwar schon viele spannende Projekte illustriert, aber auf einem Drachenboot bin ich noch nie gefahren! Alles andere stimmt. Ich war tatsächlich mit 18 Jahren Schulleiterin und habe eine Ausbildung im Tätowieren abgeschlossen. Und ich bin tatsächlich adeliger Herkunft. Mein Geburtsname lautet Esmaeilnia Talemi. Der zweite Namensteil weist auf meine Herkunft hin und ist ein bisschen so wie das „von“ und „zu“ bei euch Deutschen. Sorry, wenn ich dich etwas aufs Glatteis geführt haben sollte. Es macht aber gar nichts, wenn du die Lüge nicht erkannt hast: denn jeder Mensch hat so viele Facetten. Es ist wie beim Malen: oft braucht es länger, bis man die Details wirklich erkennt, und oft stößt man dabei auf Aspekte, die unwirklich oder sogar unfassbar erscheinen.
Soviel nun zu mir! Vielen Dank, dass du bis hierher gelesen hast.
Steckbrief:
- Name: Sahar Kretschmer
- Geburtsort: Rasht (Provinz Guilan, Iran)
- Aktueller Wohnort: Kiel (Schleswig-Holstein)
- Beruf: Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Bodenkunde und Pflanzenernährung der CAU Kiel
- Familienstand: verheiratet
- Leidenschaften & Hobbys: Malen, Reisen, Arbeit mit Kindern, Wandern und die Schönheit unserer Welt entdecken
- Besondere Fähigkeiten / Superkräfte: Ich kann nicht einfach alles akzeptieren, was vom Himmel fällt. Ich muss verändern, was verändert werden kann. Ich glaube, wir sind keine Bäume mit starren Wurzeln, und ich muss die Welt entdecken. Manchmal müssen wir unsere Komfortzone verlassen, unseren „Boden“ wechseln, auch wenn der Himmel überall gleich blau ist. Veränderungen bringen für mich immer neue Chancen.
- Lebensmotto: Ich stehe in der Morgendämmerung der fruchtbarsten Zeit meines Lebens.
- Lieblingsdinosaurier: Natürlich der Triceratops!
- Lieblingsessen: Persische Küche (Fesenjoon, Kebab…) italienische Küche (Pizza, Pasta…) und ich liebe auch Gerichte aus der deutschen Küche (Rouladen, Gulasch, Schnitzel…)
- Lieblingsfilm: Interstellar
- Lieblingsautoren: Hafez, Mehdi Akhavan-Sales, Shahnameh Ferdowsi, Jules Verne
- Musik: Musik: Ich liebe Instrumentalmusik (z.B. Meditationsmusik), aber auch Musik aus Griechenland (z.B. An Eisai Ena Asteri von Nikos Vertis), Italien (z.B. Felicita von Al Bano & Romina Power), auch traditionelle iranische Musik (manchmal…), und natürlich auch Musik aus der westlichen Popkultur, wie z.B. Chris Isaak, Enya und Enigma

Du möchtest uns gern persönlich kennenlernen?
![]() |
Kein Problem! Bald wird bestimmt wieder das nächste Dino-Treffen stattfinden! Schau dich also unbedingt auch in der Kategorie Veranstaltungen um. Ich würde mich sehr freuen, einen dinosaurierstarken Nachmittag mit Dir zu verbringen!
Mehr Informationen gibt es außerdem auf Facebook und Instagram! |
Du möchtest mehr über uns wissen?
![]() |
Wer ist Markus Peter Kretschmer?
Wer ist Sahar Kretschmer? |
Hat dir dieser Artikel gefallen?
Für noch mehr Lesestoff schau gerne in die Kategorie Meine Bücher. Alle meine Werke findest du auch in der Sidebar rechts. Dort gibt es auch einen Direktlink zu Amazon, wo du sie gleich bestellen kannst.
Wie kannst du Die Weißen Steine sonst noch unterstützen?
Klar, in erster Linie natürlich, wenn du dir eines meiner Bücher kaufst. Aber du kannst mir auch auf anderen Wegen eine große Freude machen:
- Teile diesen Beitrag auf deinen Social-Media-Kanälen!
- Schreibe mir eine nette Rezension auf Amazon!
- Kaufe hier auf der Website über Affiliate Links ein!
Ich kriege übrigens auch eine kleine Unterstützung, wenn du etwas völlig anderes kaufst. Es muss nicht unbedingt der hier beworbene Artikel sein! Jeder kleine Centbetrag hilft, diese Seite am Laufen zu erhalten.
![]() |
Zusammen mit meiner lieben Frau Sahar habe ich auch noch eine Menge mehr zu bieten! Sahar ist nämlich eine großartige Künstlerin und fertigt Gemälde, Lesezeichen, Stofftaschen und viele andere coole Artikel an. Auch mit tollen Urzeit-Motiven! Klick dich einfach mal durch die Beiträge in der Kategorie Produkte & Services. Bestimmt findest du da etwas nach deinem Geschmack. Oder auch ein schönes Geschenk für deine Lieben. |
Einen Grund, anderen eine Freude zu bereiten, findet man schließlich immer!



