Name: Palaeotringa littoralis („Ur-Schnepfe von der Küste“)
Beschrieben: 1870 von Othniel C. Marsh
Ordnung: Gruimorphae (Kranichartige), unklare Familie
Länge: ♂ und ♀ bis zu 0,27m; Flügelspannweite: bis zu 0,5m
Gewicht: ♂ und ♀ bis zu 0,1kg
Ernährung: piscivor
Beschreibung:
In den hohen Baumwipfeln, die die Fluss- und Seeufer der Hell Creek Formation säumen, tummelt sich eine reichhaltige Fülle verschiedenster Vogelarten. Doch einige dieser gefiederten Gesellen sind auch sehr eng am Wasser zu Hause. Die gleichen ökologischen Nischen, die im 21. Jahrhundert von Möwen, Kranichen, Kormoranen und Sturmvögeln besetzt werden, gab es schon in der späten Kreidezeit.

Ein Verwandter der heutigen Kraniche ist dieser kleine Vogel hier, der vom Aussehen und der Größe her jedoch eher an eine Schnepfe oder einen Wasserläufer erinnert. Genau wie diese durchwatet Palaeotringa das seichte Uferwasser, um dort nach Insekten-, Fisch- und Amphibienlarven zu suchen, die er mit seinem langen Schnabel aufpickt. Während der dunklen Monate der Regenzeit tun das mehrere Individuen oft gemeinsam in Gruppen, ansonsten, besonders nach der Brutzeit im Frühjahr, ist das Tier in seinem Revier oft als Einzelgänger unterwegs.
Lebensweise:
Während der Balz gehen Männchen und Weibchen, die äußerlich kaum voneinander zu unterscheiden sind, monogame Beziehungen ein und bleiben sich ein Leben lang treu. Als festes Ritual in dieser Vogelbeziehung führt der Hahn seinen „Hochzeitstanz“ das ganze Jahr über auf, und besonders im Frühjahr am intensivsten, wenn er sich mit der Henne paart.

Das Nest errichtet ein Palaeotringa-Paar am Ufer der während der Regenzeit oft sehr schnell fließenden Flüsse und Ströme aus Wasserpflanzen. Oft verdingt sich das Paar aber auch als „Nestdieb“ und nutzt entweder die aufgegebenen Nester anderer Wasservögel, oder vertreibt diese sogar aggressiv von ihrem Brutplatz.
Trivia zu Palaeotringa:
Palaeotringa wurde im späten 19. Jahrhundert von O. C. Marsh während der sogenannten Bone Wars in den USA entdeckt. Die ersten Fossilien stammten aus der Hornerstown Formation in New Jersey, die etwa 66 Millionen Jahre alt ist und genau an der Grenze zwischen Kreidezeit und Paläogen liegt. Es lässt sich daher nicht mit Sicherheit sagen, ob diese Vögel vor oder nach dem Massenaussterben an der K-Pg-Grenze lebten.
Zwei weitere Knochenfunde, die ursprünglich ebenfalls dieser Gattung zugeordnet wurden, stammen von einer anderen Vogelart: Es handelt sich um zwei distale Tibiotarsen mit den Inventarnummern ANSP 13361 und AMNH 25221. Ein Knochen stammt ebenfalls aus der Hornerstown Formation, der andere aus der Lance Formation in Wyoming. Anfangs wurden sie Palaeotringa vetus zugeordnet, später jedoch als Telmatornis priscus umklassifiziert.
Eine neuere Untersuchung kam zu dem Schluss, dass sie weder mit Palaeotringa noch mit den Regenpfeiferverwandten im Allgemeinen eng verwandt sind. Vielmehr zeigen die Knochen Ähnlichkeiten mit Kranichvögeln (Gruidae), der ausgestorbenen Familie Idiornithidae sowie mit dem presbyornithiden Vogel Telmabates. Doch auch hier lässt sich aufgrund der geringen Menge an Fossilmaterial keine sichere Verwandtschaftszuordnung treffen.
Sytsematik
Heute werden zwei Arten dieser Gattung zugeordnet: Palaeotringa littoralis und P. vagans. Eine Zeit lang hielt man sie für primitive, kleine Vertreter der Kranichvögel (Gruiformes) und ordnete sie später der Sammelgruppe „Graculavidae“ zu, die sogenannte Übergangsformen zwischen Wat- und Küstenvögeln umfasst. Es wurde außerdem vermutet, dass sie zu den frühen Regenpfeiferverwandten (Charadriiformes) gehören könnten. Leider sind die Fossilien zu bruchstückhaft, um mithilfe kladistischer Analysen eine genauere Einordnung vorzunehmen. Klar ist nur, dass es sich um Neornithes handelt, also um Vertreter jener modernen Vögel, zu denen auch alle heute lebenden Arten gehören.
Es ist auch denkbar, dass Palaeotringa nicht zu den Regenpfeiferverwandten gehört, sondern eine eigenständige, aber urtümliche Linie innerhalb der Neoaves darstellt. Möglicherweise ist er dann nahe mit dem ketzten gemeinsamen Vorfahren von Kranichen, Rallen, Störchen und Reihern verwandt. Obwohl ihr Ursprung unklar ist, ist es wahrscheinlich, dass primitive, vermutlich kleine Vertreter solcher Vogelgruppen gegen Ende der Kreidezeit bereits existierten.
Palaeotringa in Die Weißen Steine:
Trotz der unklaren systematischen Beziehungen und den spärlichen Fossilien ist es unstreitbar, dass in Wyoming vor 66 Ma eine beachtliche Vielfalt verschiedenster Vögel existierte. Palaeotringa wurde bereits in den ersten beiden Auflagen von Die weißen Steine eingeführt, auch wenn im Text nie die Rede von ihm war. Im Anhang tauchte der Vogel jedoch schon damals auf, allerdings unter dem Namen Palaeotringa vetus. Diese Art gilt heute jedoch als Nomen dubium, also als umstrittene Art. Deshalb wurde ihr Name in der Neuauflage auf Palaeotringa littoralis geändert, ein Vogel, der wenigstens von der Ostküste Nordamerikas belegt ist. Dass er auch in Wyoming vorkam, ist somit zwar nicht durch Fossilien gesichert, aber aufgrund der für Vögel doch nur „geringen“ Distanz plausibel.
Band II:
Einige Seevögel haben im Buch einen Kurzauftritt. Es liegt nahe, dass auch Palaeotringa darunter ist. Da sie aber nicht näher beschrieben werden, taucht diese Art im Anhang noch nicht auf.
Band III:
Bei den Seevögeln im Kapitel „Weiche Matratzen“ einen handelt es sich um Palaeotringa, Cimolopteryx und Ichthyornis, die Herinich und Leon am Strand beim Sammeln von Seetang begleiten.
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Cimolopteryx in der (englischsprachigen) Wikipedia:
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