Die Lance Formation gehört zu den wichtigsten Fossil-Lagerstätten des westlichen Nordamerikas. Sie bildete sich während der späten Oberkreide im Maastrichtium, vor etwa 67 bis 66 Ma. Dies liegt zeitlich also unmittelbar vor dem spätkreidezeitlichen Massenaussterben. Benannt wurde die Formation nach dem CDP Lance Creek im Niobrara County in Wyoming. Sie erstreckt sich über einen Großteil von diesem Staatsgebiet bis nach South Dakota, mit teils über 750m mächtigen Sedimenten und ist der nahegelegenen Hell Creek Formation sehr ähnlich. Auch die Lance Formation weist einen deutlichen maritimen Charakter auf und lag nachweislich ebenfalls an einem Küstengebiet. Sie wurde erstmals 1903 durch John Bell Hatcher benannt, der den Begriff Lance Creek beds prägte.1Hatcher, J. B. (1903). Relative age of the Lance Creek (Ceratops) beds of Converse County, Wyoming, the Judith River beds of Montana, and the Belly River beds of Canada. The American Geologist, 31, 369–375. Später wurde dieser durch den USGS zu Lance Formation vereinfacht. Der Name stammt von dem Bach Lance Creek in Converse County in Wyoming. Dort ist die Formation besonders deutlich aufgeschlossen.

Das Foto zeigt Felsen der Lance Formation, beim namensgebenden Lance Creek im Niobrara County, Wyoming. Bildquelle: GoogleMaps.
Die Lance-Formation ist wegen ihres außergewöhnlichen Fossilienreichtums berühmt. Bekannt wurde sie 1872, als Fielding B. Meek und Henry M. Bannister im Westen Wyomings die Gegend erstmals geologisch kartieren und dabei auch ein Dinosaurierskelett entdeckten. Dies rief John B.Hatcher auf den Plan, einen berühmten „Knochenjäger“, der im Auftrag Othniel C. Marshs zwischen 1889 und 1894 zahlreiche Wirbeltierfossilien dort barg, darunter mehrere Schädel des gehörnten Dinosauriers Triceratops. Marsh bezeichnete die fossilreichen Schichten zunächst als Ceratops beds, nach der damals gültigen Gattung Ceratops, die heute Triceratops zugerechnet wird. Auch die Bezeichnung Laramie beds war zeitweise gebräuchlich. Hatcher prägte schließlich den Namen „Lance Creek Beds“,2Hatcher, J. B. (1903). Relative age of the Lance Creek (Ceratops) beds of Converse County, Wyoming, the Judith River beds of Montana, and the Belly River beds of Canada. The American Geologist, 31, 369–375. der später zu Lance Formation verkürzt wurde und heute offiziell gilt.
Bis 1994 wurden allein im Kerngebiet der Formation im östlichen Wyoming Hunderte Triceratops-Fossilien entdeckt, darunter mehr als hundert Schädel und auch außergewöhnlich gut erhaltene „Dinosaurier-Mumien“ von Edmontosaurus. Durch die Erosion der offenliegenden Gesteine treten bis heute regelmäßig neue Fossilien zutage.
Geologie
Die unter der Lance Formation liegende Meeteetse Formation war noch marinen Ursprungs. Sie bildete sich, als das Gebiet noch großflächig vom Western Interior Seaway bedeckt war. Überlagert wird die Lance Formation von der jüngeren Fort Union Formation aus dem Paläozän. Die Küste zog sich zum Ende der Kreidezeit hin immer weiter zurück. W. G. Pierce hat die Formation als dickbankigen, sandfarbenen Sandstein und graugrünen bis grünlichen Tonstein mit Peliten und Mergel beschrieben, die sich innerhalb küstennaher Überschwemmungsebenen bildeten. Ihre Mächtigkeit variiert von etwa 90 m in North Dakota bis zu fast 600 m in Teilen Wyomings. Das Klima war subtropisch, ohne ausgeprägte kalte Jahreszeit und vermutlich mit reichlichen Niederschlägen.3Breithaupt, B. H. (1997). Lance Formation. In Currie, P. J. & Padian, K. (Eds.), Encyclopedia of dinosaurs. Academic Press, 394–395.
Die Lance-Formation liegt oberhalb der marinen Baculites clinolobatus-Zone, die nach einem besonders häufig dort vorkommenden Ammoniten benannt ist und deren oberes Ende auf etwa 69 Millionen Jahre datiert wird. Sie reicht bis zur Kreide-Paläogen-Grenze vor 66 Millionen Jahren.4Lehman, T. M., McDowell, F. W. & Connelly, J. N. (2006). First isotopic (U–Pb) age for the Late Cretaceous Alamosaurus vertebrate fauna of West Texas, and its significance as a link between two faunal provinces. Journal of Vertebrate Paleontology, 26(4), 922–928. Die charakteristische Lancian-Fauna, die nach dieser Formation benannt ist, mit spektakulären Gattungen wie Tyrannosaurus oder Triceratops, findet sich jedoch nur in den oberen Schichten, die höchstens 66,9 Ma alt sind.
Hell Creek- oder Lance Formation?
Wenn man im Grenzgebiet zwischen Montana, South Dakota und Wyoming unterwegs ist, kann es passieren, dass man einen Schritt über eine unsichtbare Linie macht und plötzlich in einer anderen Formation steht, nämlich in der Hell Creek Formation. Geologisch verändert sich dabei natürlich nichts. Die Sedimente, Gesteine und Fossilien bleiben exakt dieselben. Was sich ändert, ist allein der Name, den Geologen für diese Schichten verwenden. Der Unterschied beruht nicht auf Gesteinsarten oder Altersunterschieden, sondern auf historischen Kartierungstraditionen.
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts begannen Geologen, die oberkreidezeitlichen Sedimente in verschiedenen Regionen systematisch zu erfassen. In Montana wurde die Formation im Jahre 1907 von Barnum Brown nach dem Hell Creek beim Fort Peck Lake benannt, wo er auch seine berühmteste Entdeckung machte, nämlich das erste Skelett des Tyrannosaurus rex. Brown dokumentierte dabei erstmals Details der lokalen Geologie und erkannte die Hell Creek beds als eine eigenständige Einheit, unter anderem aufgrund des Fehlens signifikanter Lignitlagen, die im basalen Teil der darüberliegenden Fort Union-Formation (damals als „lignite beds“ bezeichnet) reichlich vorhanden sind.5Brown, B. (1907). The Hell Creek beds of the Upper Cretaceous of Montana – Their relation to contiguous deposits, with faunal and floral lists, and a discussion of their correlation. Bulletin of the American Museum of Natural History, 23, 823–845. Er beschrieb auch erstmals den markanten „Hell Creek Basal Sand“ sowie dessen variable Mächtigkeit.6Brown, B. (1914). Cretaceous–Eocene correlation in New Mexico, Wyoming, Montana, Alberta. Geological Society of America Bulletin, 25, 355–380.
Da Brown die Hell Creek-Schichten aber weder formell als eigenständige Formation definierte noch einen Typusaufschluss festlegte, wurde in der Forschung weitere 45 Jahre lang für die Vorkommen in Montana vor allem der ältere Name Lance Formation verwendet.7Gilmore, C. W. (1946). A new carnivorous dinosaur from the Lance Formation of Montana. Smithsonian Miscellaneous Collections, 106, 1–19. Erst 1952 wurde die Hell Creek von Cobban und Reeside im Rahmen ihrer umfassenden Korrelation der späten Kreideschichten des Western Interior Basins als eigene Formation bezeichnet,8Cobban, W. A., & Reeside, J. B. (1952). Correlation of the Cretaceous formations of the Western Interior of the United States. Geological Society of America Bulletin, 63, 1011–1044. nachdem aber auch andere Forscher die „Hell Creek Formation“ in South Dakota bereits als solche erwähnt hatten.9Colbert, E. H., & Bump, J. D. (1947). A skull of Torosaurus from South Dakota and a revision of the genus. Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia, 99, 93–106. Cobban und Reeside legten jedoch ebenfalls keinen Typusaufschluss fest, und trotz des wachsenden Interesses blieb dieses Problem bis 2014 bestehen, als Hartman et al. endlich einen Lectostratotyp beschrieben.10Hartman, J. H., Butler, R. D., Weiler, M. W., & Schumaker, K. K. (2014). Context, naming, and formal designation of the Cretaceous Hell Creek Formation lectostratotype, Garfield County, Montana. Geological Society of America Special Papers, 503, 89–121. doi: 10.1130/2014.2503(02) In den letzten Jahren hat sich vor allem Fowler mit der Stratigraphie der Hell Creek Formation befasst und sie neu bewertet.11Fowler, D. (2020). The Hell Creek Formation, Montana – A stratigraphic review and revision based on a sequence stratigraphic approach. Geosciences, 10(11), 435. doi: 10.3390/geosciences10110435
Karte der Aufschlüsse12Fowler, D. (2020). The Hell Creek Formation, Montana – A stratigraphic review and revision based on a sequence stratigraphic approach. Geosciences, 10(11), 435. doi: 10.3390/geosciences1011043513Broad, W. J., & Chang, K. (2019). Fossil site reveals day that meteor hit Earth and, maybe, wiped out dinosaurs. The New York Times. Retrieved April 1, 2019.

Aus historischen Gründen verläuft heute die „Grenze“ zwischen Hell Creek und Lance Formation also einfach entlang der Staatsgrenzen von Wyoming zu seinen Nachbarstaaten. Dies spiegelt natürlich keine geologische Realität wider, sondern ist eine reine Nomenklaturgrenze. Geologisch betrachtet handelt es sich aber um ein durchgehendes Ablagerungssystem, das einheitlich während der späten Kreidezeit entstanden ist. Viele Forscher sprechen daher lieber vom „Hell Creek–Lance System“, um Missverständnisse zu vermeiden.
Heutige Lage der Lance Formation:
Lage: Wyoming (USA); historisch wurden auch Aufschlüsse aus North- und South Dakota zur Lance Formation gezählt, die heute mehrheitlich als Teile der Hell Creek Formation gelten. Tatsächlich bilden beide Formationen aber eine zusammenhängende stratigraphische Einheit.
Benannt: 1903 von J. B. Hatcher
Koordinaten heute: 43.0°N 104.7°W
Paläo-Koordinaten: 48.7°N 78.6°W
Alter: 67 – 66 Ma
Liegt unter: Fort Union Formation
Liegt über: Meeteetse Formation
Paläo-Lage der Lance Formation:
Fossilbericht:
Aus der Lance Formation wurden mehrere zehntausend Wirbeltierfossilien aus der späten Kreidezeit geborgen. Die Funde reichen von mikroskopisch kleinen Elementen bis zu ausgedehnten Knochenlagern mit nahezu vollständigen, teils artikulierten Dinosaurierskeletten. Die meisten weiteren Tierfossilien stammen von Süßwassertieren, einige sogar ausschließlich aus diesem Lebensraum, wie etwa von Fröschen und Salamandern. Die Vogelwelt wird überwiegend durch Ordnungen repräsentiert, die bis heute existieren. Die geborgenen Fossilien stimmen im Wesentlichen mit denen aus der Hell Creek Formation überein. Aus der Lance Formation sind allerdings mehr Vogelfossilien überliefert. Die überlieferten Landtiere aus den eng „verwandten“ Formationen werden oft unter dem Begriff Lancian Fauna zusammengefasst.
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Aufgrund des schieren Umfangs der im Fossilbericht der Lance Formation überlieferten Arten sind diese in einem eigenen Artikel gelistet. Alle spektakulären Lebewesen, also alle Pflanzen und Tiere, von den kleinen Wirbellosen über die Fische, Amphibien, Säugetiere und Reptilien bis hin zu den famosen Dinosauriern, die dort lebten, findest du hier! |
Weitere Lagerstätten an den Gestaden des Binnenmeeres:
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Hell Creek Formation
Lance Formation |
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Quellenangaben:
- 1Hatcher, J. B. (1903). Relative age of the Lance Creek (Ceratops) beds of Converse County, Wyoming, the Judith River beds of Montana, and the Belly River beds of Canada. The American Geologist, 31, 369–375.
- 2Hatcher, J. B. (1903). Relative age of the Lance Creek (Ceratops) beds of Converse County, Wyoming, the Judith River beds of Montana, and the Belly River beds of Canada. The American Geologist, 31, 369–375.
- 3Breithaupt, B. H. (1997). Lance Formation. In Currie, P. J. & Padian, K. (Eds.), Encyclopedia of dinosaurs. Academic Press, 394–395.
- 4Lehman, T. M., McDowell, F. W. & Connelly, J. N. (2006). First isotopic (U–Pb) age for the Late Cretaceous Alamosaurus vertebrate fauna of West Texas, and its significance as a link between two faunal provinces. Journal of Vertebrate Paleontology, 26(4), 922–928.
- 5Brown, B. (1907). The Hell Creek beds of the Upper Cretaceous of Montana – Their relation to contiguous deposits, with faunal and floral lists, and a discussion of their correlation. Bulletin of the American Museum of Natural History, 23, 823–845.
- 6Brown, B. (1914). Cretaceous–Eocene correlation in New Mexico, Wyoming, Montana, Alberta. Geological Society of America Bulletin, 25, 355–380.
- 7Gilmore, C. W. (1946). A new carnivorous dinosaur from the Lance Formation of Montana. Smithsonian Miscellaneous Collections, 106, 1–19.
- 8Cobban, W. A., & Reeside, J. B. (1952). Correlation of the Cretaceous formations of the Western Interior of the United States. Geological Society of America Bulletin, 63, 1011–1044.
- 9Colbert, E. H., & Bump, J. D. (1947). A skull of Torosaurus from South Dakota and a revision of the genus. Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia, 99, 93–106.
- 10Hartman, J. H., Butler, R. D., Weiler, M. W., & Schumaker, K. K. (2014). Context, naming, and formal designation of the Cretaceous Hell Creek Formation lectostratotype, Garfield County, Montana. Geological Society of America Special Papers, 503, 89–121. doi: 10.1130/2014.2503(02)
- 11Fowler, D. (2020). The Hell Creek Formation, Montana – A stratigraphic review and revision based on a sequence stratigraphic approach. Geosciences, 10(11), 435. doi: 10.3390/geosciences10110435
- 12Fowler, D. (2020). The Hell Creek Formation, Montana – A stratigraphic review and revision based on a sequence stratigraphic approach. Geosciences, 10(11), 435. doi: 10.3390/geosciences10110435
- 13Broad, W. J., & Chang, K. (2019). Fossil site reveals day that meteor hit Earth and, maybe, wiped out dinosaurs. The New York Times. Retrieved April 1, 2019.


